Picasso kann jeder
Kindheitserfahrung gelegt.
Zudem hatte Konrad Lorenz ein gutes Rollenmodell für Kreativität. Das können wir daraus schließen, dass sein Vater einem Architekten den Auftrag gab, ein Haus in einer Stilmischung von Jugendstil und Barock zu planen. So kam es, dass der jugendliche Konrad in einem 13-eckigen (!) Zimmer im obersten Stock des Hauses lebte.
Es soll – auch zum Thema Freizeit und Freiheit – erwähnt werden, dass Lorenz in einem Interview darüber sprach, dass es seine Fähigkeit zum Müßiggang war, die ihm das vielleicht manchmal etwas langweilige Zusammenleben mit den Graugänsen erst ermöglichte.
Kreativität in Jugend und Erwachsenenalter
Auf dem Gebiet der Naturwissenschaften und bei Patentanmeldungen entstehen in den ersten vier Lebensjahrzehnten die meisten bedeutenden Leistungen. Aber auch später kann noch Bedeutendes zustande kommen. Die Intelligenzbereiche für Höchstleistungen in den Naturwissenschaften lassen im Alter nach und fallen leistungsmäßig ab. Das könnte die Ursache dafür sein, dass außergewöhnliche Leistungen meist »früh«, also in jungen Jahren, und selten im fortgeschrittenen Leben gelingen. In den künstlerischen Domänen bleiben die relevanten Fähigkeiten bis ins hohe Alter erhalten.
Es muss aber nicht ein »Versiegen« der Fähigkeiten oder der Kreativität sein, was den »Altersabfall« verursacht, er kann auch andere Gründe haben:
Wer nicht bis 40 irgendeinen Erfolg in Bezug auf die wirtschaftliche Nutzung seiner Kreativität hatte, gibt sein Tätigkeitsfeld vielleicht auf. Er muss dann für eine Familie sorgen und zuverlässig Geld verdienen.
Wer schon einen wichtigen Erfolg und Amt und Würden erreicht hat, muss und will nicht mehr alles auf eine Karte setzen.
Manche Menschen erkranken oder haben so schwere Schicksale, dass sie nicht mehr kreativ sein können. Der übermäßig kreative Thomas Alva Edison konnte weit weniger Patente anmelden, als er durch ein misslungenes Projekt der Eisenverhüttung in finanzielle Schwierigkeiten geriet.
Manche Kreativen begannen ihre schöpferische Tätigkeit aber auch erst im Erwachsenenalter: Rousseau (1712 – 1778) etwa war zwar schon früh kreativ tätig (er komponierte
mit 33 eine Oper), Anerkennung fand er jedoch erst als 38-
Jähriger mit einer Preisschrift für die Akademie Dijon zu der Frage, ob der Fortschritt der Wissenschaften und der Künste zu einer Läuterung der Sitten beigetragen habe; Rousseau erhielt 1750 für seinen Discours sur les Sciences et les Arts (Abhandlung über die Wissenschaften und die Künste) den 1. Preis. Conrad Ferdinand Meyer begann seine Laufbahn als Dichter mit 39.
Kreativität im hohen Lebensalter
Wer in der Jugend die Gewohnheit entwickelt hat, nach neuen Lösungen zu suchen, der kann das auch im Alter noch. Viele bedeutende kreative Leistungen sind im hohen Alter entstanden. Guiseppe Verdi (1813 – 1901) z.B. hat mit 80 Jahren die Oper »Falstaff« komponiert, Benjamin Franklin (1706 – 1790) erfand im hohen Alter von 88 Jahren die bifokale Linse. Thomas Alva Edison hat mit 81 das letzte seiner Patente angemeldet. Pablo Picassos erotisches Spätwerk ruft heute noch Staunen hervor.
Einesteils besessen von Vagina und Anus, andererseits bewusst nachlässig und in ungewohnter Farbskala und wenig meisterlich malend, riskierte Picasso im hohen Alter die Ablehnung seiner Bilder durch die Kunstwelt. Er sagte zu Freunden: »Man sollte die Bilder gar nicht zeigen.« Er war also mit 80 Jahren der alte Revolutionär geblieben. Ein Ausstellungskatalog (Spiess 2006) legte großen Wert darauf, neben die Malereien die Radierungen zu stellen, in denen die alte Meisterschaft der Strichbeherrschung weiterhin zu erkennen war.
Die hier Genannten waren Personen, die ihr Leben lang kreativ waren und für ihre Leistungen bereits zuvor große Anerkennung erlangt hatten. So hatten sie natürlich das nötige Selbstbewusstsein, um auch im Alter neue Werke vorzustellen.
Kann man sich aber als älterer Mensch auch ohne eine derartige Biografie der Kreativität öffnen? Das ist ohne weiteres möglich, wie viele Beispiele zeigen. Grandma Moses (1860 – 1961) z.B. begann erst im Alter zu malen und machte dann Karriere als naive Malerin.
Oft dauert es allerdings Jahre, bis die kreative Leistung eines Menschen bekannt und in den Medien oder in Fachkreisen die Grundlage für den Ruhm gelegt wird. So können wir uns vorstellen, dass viele Alterswerke nur in Spezialistenkreisen bekannt werden.
Wenn also
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