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Picasso kann jeder

Picasso kann jeder

Titel: Picasso kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schuster
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Antike von den findigsten Köpfen ausgetüftelt – denken wir allein an das Trojanische Pferd. In jeder Konkurrenz, in jedem Wettstreit, in jedem sportlichen Wettkampf muss man auf Listen des Gegners eingestellt sein und natürlich selbst listig sein können. Die menschliche Kultur ist ganz entscheidend auch eine Sammlung von listigen Erfindungen, im Umgang mit der Natur und anderen Menschen: Das Mammut verfängt sich in der Fallgrube. Im Kampf »Mann gegen Mammut« hätte der Mensch keine Chance gehabt, es zu erlegen. Auf Findigkeit und Intelligenz gründet die menschliche Erfolgsgeschichte.

    Der Computer Marvin (in Douglas Adams’ Roman Per Anhalter durch die Galaxis ) ist 50000-mal intelligenter als andere Wesen und daher meist sehr gelangweilt. Wenn er plötzlich in eine Notlage gerät, kann er seine Fähigkeiten zeigen. Als unerwartet ein rostiger alter Computer seine Kanone auf ihn richtet und auch sogleich schießen will, sagt er einige verständnisvolle Worte über das Leiden unter rostigen Gelenken – und bald trennen sich die beiden Computer als Freunde.

    Die literarische Figur des Reineke Fuchs ist nur bedingt ein Vorbild für die List. Er ist zwar listig, gleichzeitig aber grausam und rachsüchtig (zu sehr spürt man die direkte Erfahrung der bäuerlichen Bevölkerung mit dem Raubtier, aber auch christliche Vorbehalte gegenüber der List). Hier ein Text-Beispiel aus der von Goethe bearbeiteten Fassung (3. Gesang, Prosavorlage: Gottscheds Bearbeitung eines Versepos vom Ende des 15. Jahrhunderts). Reineke schickt den Kater, der ihn zum Gericht bei Hofe abholen will, in sein Unglück. Er wird im Verlaufe der Handlung ein Auge verlieren:

    »[. . .] sie kamen zur Scheune des Pfaffen,
    Zu der lehmernen Wand. Die hatte Reinecke gestern
    Klug durchgraben und hatte durchs Loch dem schlafenden Pfaffen
    Seiner Hähne den besten entwendet. Das wollte Martinchen
    Rächen, des geistlichen Herrn geliebtes Söhnchen; er knüpfte
    Klug vor die Öffnung den Strick mit einer Schlinge; so hofft’ er
    Seinen Hahn zu rächen am wiederkehrenden Diebe.
    Reineke wußt’ und merkte sich das und sagte: »Geliebter
    Neffe, kriechet hinein gerade zur Öffnung; ich halte
    Wache davor, indessen Ihr mauset. Ihr werdet zu Haufen
    Sie im Dunkeln erhaschen. O höret, wie munter sie pfeifen!«
»List-Prinzipien« – einige Beispiele
    Eine gelungene List ist eine Erfindung, etwas Neues. Aber wie bei anderen Erfindungen auch ist es möglich, sich dafür Anregungen in der Literatur zu holen. Speziell in China gibt es systematische Aufzählungen von Kriegslisten, z.B.: Die 36 Listen [Strategeme]. Das geheime Buch der Kriegskunst (1368 – 1644). Daraus stammen einige der im Folgenden beschriebenen »List-Prinzipien«.
»Der Stoß ist der Zug«
    Im japanischen Schwertkampf (Zen-Kunst) gibt es eine Kampfeslist, die sich auf viele Situationen übertragen lässt. Sie heißt: »Der Stoß ist der Zug«. Wenn der Gegner seine Wucht in einen Stoß legt, kann er leicht das Gleichgewicht verlieren. Statt sich zu wehren oder den Stoß abzufangen, zieht der Kämpfer an der stoßenden Hand und bringt den Gegner so zu Fall.
    Im Kampf kann dieses Vorgehen häufig in den japanischen Sumo-Ringkämpfen beobachtet werden. Der eine schwere Mann versucht den anderen aus dem Ring zu drücken. Dieser weicht aber schnell in eine andere Richtung aus und lässt den Angreifer durch seine eigene Angriffswucht zu Boden fallen. Übertragen wir das Prinzip auf eine soziale Situation unserer Zeit:

    Auf einer Party gibt ein Gast mit seinen Aktiengewinnen an. Das ist der Stoß : Damit will er sich auf Kosten der Anwesenden Ansehen verschaffen. Also ziehen wir an dem Stoß. Das heißt in diesem Fall, dass wir dieses Angeben noch steigern, indem wir immer wieder erwähnen, wie reich er ist, was er sich alles leisten kann, für was er alles Geld spenden kann usw. Damit wird die Angeberei des Gastes überdeutlich, und sein Ansehen in der Runde ist gemindert.
    Klara hat ein Problem. Sie ist Auszubildende in einer Kanzlei. Vor ihr war schon Gisela als Auszubildende eingestellt worden, die ihr deshalb manchmal Anweisungen geben kann, die aber oft krank ist. Die Angestellten der Kanzlei wissen von der Krankheit und nehmen Rücksicht darauf. So kommt es, dass Klara viel Arbeit übertragen wird, dies aber niemandem auffällt. Klara regt sich, wie es ihre Art ist, auf und wird gegenüber Gisela auch recht deutlich. Gisela setzt nun ihrerseits eine unfaire List ein. Sie ruft

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