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Picasso kann jeder

Picasso kann jeder

Titel: Picasso kann jeder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Martin Schuster
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zeigt:

    Nikola Tesla baute schon mit fünf Jahren ein kleines Wasserrad ohne Schaufeln, das später zur Grundlage einer seiner Erfindungen wurde. Er baute als Kind auch mit einem »Sechzehn-Käfer-Stärken-Motor« aus leichten Sägespänen eine Art Flugmaschine mit einem Propeller, die vom verzweifelten Flügelschlagen der Juni-Käfer angetrieben wurde. (Ein älterer Freund jedoch verspeiste die Käfer zum Missvergnügen des jungen Erfinders…)
    Solchen Erfindungsreichtum gilt es zu bemerken und zu ermutigen. Im Leben des Chirurgen Ferdinand Sauerbruch gab es eine bemerkenswerte Episode, die zeigt, was man dem 13-jährigen Heranwachsenden zutraute. Der junge Ferdinand Sauerbruch hatte beobachtet, wie Mutter und Tante sich in gebückter Haltung beim Zuknöpfen der Stiefel abmühten. Das kam ihm demütigend vor, und er machte sich Gedanken darüber, wie die Situation zu vereinfachen wäre. Er erfand einen Druckknopf. Der Großvater ließ diesen Druckknopf, den er für geeignet hielt, sogar von einem Handwerker in einer kleinen Serie von 20 Stück anfertigen. Er funktionierte auch gut, allerdings erfuhr man zu diesem Zeitpunkt, dass ein solcher Knopf kurz zuvor erfunden und schon im Handel war (hier könnten wir auch wieder über »Doppelt-Entdeckungen« nachdenken, vgl. Kap. 8). Wer weiß, ob Sauerbruch später – gerade wegen der vielen Rückschläge bei Demonstrationen seiner medizinischen Erfindungen – das nötige Zutrauen zu seiner Operationsmethode am offenen Thorax gehabt hätte, wenn sein Selbstgefühl nicht durch diese (und einige andere gleichartige) frühe Erfahrung bestärkt worden wäre.
    Konrad Zuse, der Erfinder des Computers, baute mit seinem Stabilobaukasten neue Maschinen und Modelle und gewann damit die Wettbewerbe der Hersteller-Firma. Mit diesen und anderen Projekten konnte er frühe Anerkennung für seine »Erfindungen« erlangen, was ihm das Selbstbewusstsein gab, sich schon im Alter von 25 Jahren als selbständiger Erfinder niederzulassen.
    Die Brüder Lilienthal bauten als Jugendliche (1864) ein eigenes Fahrrad. Ohne nach dem Preis zu fragen, ließen sie eine Stahlachse anfertigen, die damals acht Taler, den halben Monatslohn eines Maurers, kostete. Die Mutter bezahlte es, ohne ihre Kinder zu tadeln, obwohl sie nach dem Tod ihres Mannes sehr sparsam mit dem Geld umgehen musste. Sie erlaubte sogar für die Ausfahrt des Fahrrads eine Erweiterung des Hoftores!

    Es war übrigens das erste pedalbetriebene Tretrad und konnte sich nur deshalb nicht durchsetzen, weil der Fahrer über dem kleineren Rad weit unten saß und weil es noch keine Übersetzung durch eine Kette hatte.
    Oft können Innovatoren und Erfinder ein Rollenmodell in ihrer Familie beobachten. Nikola Tesla erwähnte seine erfinderische Mutter. Sauerbruchs Vater hatte vor, einen neuen Webstuhl zu erfinden, starb aber früh. Gemeinsames, kindgemäßes »Erfinden« in der Familie trägt wesentlich zu einer Wendung zur Kreativität bei. Die Mutter der Brüder Lilienthal machte prinzipiell nur selbstgemachte Geschenke. In einer Biografie der Lilienthals werden diese so charakterisiert (Runge & Lukasch 2007, S. 15):

    »Carolines Geschenke waren meist Kunstwerke, deren Fantasie keine Grenzen kannte, ganze Dörfer mit Schloss, Häusern, Scheunen und Ställen, mit Fenstern, Türen, Riegeln und Geräten, mit Schwanenteich und Parkanlagen.«

    Im Einzelfall mag es so sein, dass erst der Sohn oder die Tochter den gescheiterten Erfindertraum der Eltern in die
Tat umsetzt, so bei Rudolf Diesel, dessen Vater vergeblich
an der Erfindung eines neuen mechanischen Webstuhls arbeitete.

    Auch die Kindheit von Konrad Lorenz ist ein gutes Beispiel für die Bedingungen, die große Kreativität begünstigen. Er war ein spätes Kind seiner Eltern und hatte einen viel älteren Bruder. Als Nesthäkchen entging er einer allzu einengenden Erziehung. Zudem fand er in seiner späteren Frau schon als Kind eine Spielgefährtin, die ihn in seinen frühen Forschungsprojekten unterstützte. Nach der Lektüre einer rührenden Gänse-Geschichte wünschte er sich nämlich auch eine Gans. Stattdessen schenkten ihm seine Eltern eine kleine Ente. Und wie der Zufall es wollte, wurde das Entlein auf den kleinen Knaben geprägt. Das heißt, es folgte ihm und nicht seiner eigenen Enten-Mutter. Durch diesen Verhaltensunterschied entdeckte Konrad Lorenz schon als Kind den Sachverhalt der Prägung. Der Keim für seine späteren Forschungsarbeiten wurde bereits in seiner

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