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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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ersten bezahlten Mitarbeiter ein, aber sie hat sich ihren freundlichen, umgänglichen, engagierten Charakter bewahrt. Der AT ist nicht mehr der längste Wanderweg. Der Pacific Crest und der Continental Divide, die beide im Westen der Vereinigten Staaten liegen, sind etwas länger, aber der AT wird immer der erste und schönste dieser Art bleiben. Er hat viele Freunde gefunden, und er hat sie verdient.
    Seit dem Tag der Fertigstellung mußte die Wegstrecke immer wieder hier und da umgeleitet werden. Als erstes wurde ein Abschnitt von 189 Kilometern in Virginia verlegt, um dem Bau des Skyline Drive durch den Shenandoah National Park zu ermöglichen. 1985 machte die intensive bauliche Erschließung des Gebietes um den Mount Oglethorpe in Georgia es erforderlich, 32 Kilometer des südlichen Wegabschnittes zu kappen und den Ausgangspunkt an den Springer Mountain, mitten in die geschützte Wildnis des Chattahochee National Forest zu verlegen. Zehn Jahre später wies der Maine Appalachian Trail Club einen Abschnitt von 423 Kilometer neu aus – die Hälfte der gesamten Wegstrecke durch diesen Bundesstaat – und führte den Pfad abseits von Forststraßen, wieder durch freies Gelände. Noch heute ändert sich die Wegführung Jahr für Jahr.
    Die vielleicht größte Schwierigkeit für den Wanderer besteht darin, überhaupt auf den Appalachian Trail zu kommen, besonders die Endpunkte sind schwer zu erreichen. Springer Mountain, der Einstieg im Süden, ist elf Kilometer vom nächsten Highway entfernt und befindet sich im Amicalola Falls State Park, der wiederum am Ende der Welt liegt. In Atlanta, dem nächsten Anschluß an die Außenwelt, können Sie sich entscheiden zwischen täglich einem Zug oder zwei Bussen nach Gainesville, von wo aus es immer noch 64 Kilometer bis zu dem Ort sind, der die besagten elf Kilometer vom eigentlichen Trail entfernt hegt. Und an den Katahdin Mountain in Maine zu gelangen ist sogar noch umständlicher.
    Zum Glück gibt es Leute, die einen gegen Bezahlung in Atlanta abholen und nach Amicalola bringen. So geschah es, daß Katz und ich uns in die Obhut eines großen, freundlichen Herrn mit Baseballmütze und dem Namen Wes Wissen begaben, der sich bereit erklärt hatte, uns für 60 Dollar vom Flughafen in Atlanta zur Amicalola Falls Lodge, unserem Ausgangspunkt am Springer Mountain, zu bringen.
    Jedes Jahr machen sich zwischen Anfang März und Ende April 2.000 Wanderer am Springer Mountain auf den Weg, die meisten in der festen Absicht, die gesamte Strecke bis zum Katahdin Mountain zu laufen. Nicht einmal zehn Prozent schaffen es. 50 Prozent kommen nicht über Virginia hinaus, das entspricht knapp einem Drittel des Weges. 25 Prozent kommen bis North Carolina, in den Nachbarstaat. Bis zu 20 Prozent geben innerhalb der ersten sieben Tage auf. Wisson kennt sich mit alldem aus.
    »Letztes Jahr habe ich einen Mann am Startpunkt des Trail rausgelassen«, erzählte er uns, während wir durch die dichten Kiefernwälder Richtung Norden kutschierten, auf die zerklüftete Hügellandschaft von Georgia zu. »Drei Tage später ruft er mich von einer öffentlichen Telefonzelle in Woody Gap aus an, dem ersten öffentlichen Telefon auf der Strecke. Meint, er will nach Hause, der Weg sei nicht das, was er erwartet hätte. Ich bringe ihn also zurück zum Flughafen, und zwei Tage danach steht er wieder in Atlanta. Meint, seine Frau hätte ihn zurückgeschickt, weil er so viel Geld für die Ausrüstung bezahlt hätte, und so leicht würde er ihr nicht davonkommen. Ich setze ihn also am Einstieg zum Weg ab. Drei Tage später wieder ein Anruf aus Woody Gap. Er will zum Flughafen gebracht werden. Ich frage ihn: >Und was ist mit Ihrer Frau?< Und er: >Diesmal fahre ich nicht nach Hause.<«
    »Wie weit ist es bis Woody Gap?« frage ich.
    »33 Kilometer vom Springer Mountain. Nicht gerade sehr weit, oder? Immerhin ist er den ganzen Weg von Ohio hierhergekommen.«
    »Warum hat er dann so schnell aufgegeben?«
    »Er sagte, es sei nicht das, was er erwartet hätte. Das sagen alle. Gerade letzte Woche wieder. Ich hatte drei Frauen aus Kalifornien im Wagen – mittelalt, wirklich nette Mädchen, ein bißchen viel gekichert haben sie, aber ansonsten, wirklich nett – und als ich sie absetzte, waren sie in richtiger Wanderlaune. Vier Stunden später riefen sie an und sagten, sie wollten nach Hause. Sie müssen sich vorstellen, die waren von Kalifornien hergekommen, hatten ein Heidengeld für das Flugticket und die Ausrüstung bezahlt

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