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Picknick mit Bären

Picknick mit Bären

Titel: Picknick mit Bären Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bill Bryson
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sagte Katz.
    Einer der beiden sah ihn erstaunt, aber nicht unfreundlich an. »Seid ihr das erste Mal in dieser Gegend?« fragte er.
    Wir nickten.
    »Ich will euch ja nicht den Mut nehmen, aber ihr habt gerade erst damit angefangen, naß zu werden.«
    Mit diesen Worten hoben die beiden ihre Rucksäcke über den Kopf, wünschten uns alles Gute und stiegen ins Wasser. Sie wateten geschickt in knapp 30 Sekunden hindurch – Katz und ich hatten dafür die gleiche Anzahl von Minuten gebraucht-, stiegen am anderen Ufer heraus, als hätten sie ein Fußbad genommen, setzten die trockenen Rucksäcke wieder auf, winkten kurz zu uns herüber und verschwanden.
    Katz holte einmal tief und bedächtig Luft – es war teils ein Seufzer, teils die Freude über die Fähigkeit, wieder atmen zu können. »Ich will nicht destruktiv sein, Bryson, wirklich nicht, das schwöre ich dir, aber ich weiß nicht, ob ich für so etwas der Richtige bin. Könntest du deinen Rucksack einfach so über den Kopf halten?«
    »Nein.«
    Mit dieser Vorahnung setzten wir uns die Rucksäcke wieder auf und stapften klatschnaß den Moxie Bald Mountain hinauf.
     
    Die Wanderung entlang des Appalachian Trail ist das Anstrengendste, was ich je unternommen habe, und der Abschnitt in Maine war bei weitem der anstrengendste Teil. Das lag zum einen an der Hitze. Maine, das zu den Bundesstaaten mit eher gemäßigtem Klima zählt, wurde gerade von einer mörderischen Hitzewelle überrollt. In der sengenden Sonne strahlten die schattenlosen Granitflächen des Moxie Bald eine wahre Gluthitze ab, und selbst im Wald war die Luft drückend und feucht, als hauchten uns die Bäume und Blätter ihren heißen Atem entgegen. Wir schwitzten wie die Tiere und schütteten Unmengen von Wasser in uns hinein, hatten aber trotzdem permanent Durst. Manchmal war Wasser im Überfluß vorhanden, aber meistens gab es über weite Strecken keinen einzigen Tropfen, so daß wir nie sicher sein konnten, wieviel wir vernünftigerweise zu uns nehmen konnten, ohne später knapp dran zu sein. Selbst bei vollem Vorrat machte es sich jetzt bemerkbar, daß Katz eine Flasche weggeworfen hatte. Zu alldem kamen noch die erbarmungslosen Insekten, das beunruhigende Gefühl der Abgeschiedenheit und das schwierige Gelände hinzu.
    Katz reagierte darauf so, wie ich es vorher noch nicht bei ihm erlebt hatte. Er zeigte eine verbissene Entschlossenheit, als gäbe es nur eine Möglichkeit, mit diesem Problem fertig zu werden: Augen zu und durch.
    Am nächsten Morgen gelangten wir in aller Frühe an den ersten von mehreren Wasserläufen, die wir durchqueren mußten. Er hieß Bald Mountain Stream, aber in Wahrheit handelte es sich um einen richtigen Fluß – breit, bewegt und im Flußbett übersät mit großen Steinbrocken. Er hatte etwas sehr Einnehmendes an sich – die Oberfläche glitzerte in der Morgensonne wie Tausende von Pailletten, und das Wasser war unglaublich klar –, aber es herrschte eine starke Strömung, und vom Ufer aus konnte man nicht erkennen, wie tief er in der Mitte war. Es gab einige größere Flüsse in der Nähe, zu denen mein Appalachian Trail Guide to Maine naiv meinte, es sei »schwierig oder gefährlich, sie bei Hochwasser zu durchqueren«. Ich beschloß, diese Information lieber nicht an Katz weiterzugeben.
    Wir zogen Schuhe und Strümpfe aus, krempelten die Hosenbeine hoch und stiegen vorsichtig in das eisige Wasser. Die Steine auf dem Grund hatten alle möglichen Größen und Formen -flach, eiförmig, rund – und drückten hart gegen die Fußsohlen, sie waren mit einer glitschigen, grünlichen Schicht bedeckt, die unglaublich rutschig war. Ich hatte noch keine drei Schritte getan, als ich ausglitt und schmerzhaft auf dem Hintern landete. Ich rappelte mich halbwegs hoch, rutschte aber wieder aus und stürzte erneut, taumelte ein, zwei Meter seitwärts, kippte dann hilflos vornüber, konnte mich mit den Händen auffangen und hockte schließlich auf allen vieren wie ein Hund im Wasser. Beim Aufprall rutschte mir der Rucksack über den Kopf, und die Schuhe, die ich mit den Schnürsenkeln an das Rucksackgestell gebunden hatte, wurden in eine Art Umlaufbahn geschleudert. Sie flogen in einem großen eleganten Bogen seitlich am Rucksack vorbei, stießen gegen meinen Schädel, knallten aufs Wasser auf und schaukelten dann in der Strömung. Während ich dasaß und mir einredete, daß dies alles eines schönen Tages nur noch Erinnerung sein würde, kamen zwei Burschen, die aussahen wie Klone

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