Picknick mit Bären
hin. Während wir so dalagen, gegen die Rucksäcke gelehnt, näherte sich uns ein Tourist mit einem albernen Strohhütchen auf dem Kopf, die Eistüte fest umklammert, und musterte uns freundlich. »Sie sind wohl Wanderer, was?« sagte er.
Wir bejahten.
»Tragen Sie die Rucksäcke die ganze Zeit?«
»Bis wir jemanden gefunden haben, der sie für uns trägt«, sagte Katz vergnügt.
»Welche Entfernung haben Sie heute morgen schon zurückgelegt?«
»Ungefähr 13 Kilometer.«
»13 Kilometer! Meine Güte. Und wie weit wollen Sie heute nachmittag noch kommen?«
»Noch mal 13 Kilometer.«
»Im Ernst? 26 Kilometer zu Fuß? Mit den Dingern auf dem Rücken? Mann, o Mann – ist ja irre.« Er rief quer über den Platz. »Komm mal her, Bernice! Das mußt du dir ansehen.« Er betrachtete uns wieder. »Was haben Sie denn alles da drin? Kleider und so Zeug, nehme ich an.«
»Und Proviant«, sagte Connolly
»So so, Sie haben Ihren eigenen Proviant dabei.«
»Da kommt man nicht drumherum.«
»Ist ja irre.«
Bernice kam, und er erklärte ihr, daß wir doch tatsächlich die eigenen Beine benutzten, um uns durchs Gelände zu bewegen. »Ist das nicht toll? Proviant und alles, was sie sonst noch brauchen, ist in den Rucksäcken.«
»Wirklich?« fragte Bernice voller Bewunderung. »Dann gehen Sie also die ganze Zeit zu Fuß?« Wir nickten. »Sind Sie zu Fuß hierhergekommen? Den ganzen Weg?«
»Wir gehen überall zu Fuß hin«, sagte Katz ernst.
»Sie sind doch nicht den ganzen Weg zu Fuß hier raufgegangen!«
»Doch«, sagte Katz, den dieser Moment mit größtem Stolz erfüllte.
Ich begab mich auf die Suche nach einem öffentlichen Telefon, um zu Hause anzurufen, danach ging ich aufs Klo. Als ich ein paar Minuten später wiederkam, hatte Katz eine kleine Gruppe neugieriger Zuschauer um sich geschart und demonstrierte den Gebrauch verschiedener Gurte und Steckverschlüsse. Dann setzte er auf besonderen Wunsch den Rucksack auf und ließ sich fotografieren. Ich hatte ihn noch nie so zufrieden erlebt.
Während Katz noch mit seiner Vorführung beschäftigt war, gingen Connolly und ich los, um den Laden auf dem Rastplatz in Augenschein zu nehmen. Mir fiel auf, wie gering die richtigen Wanderer hier geschätzt werden, was für eine untergeordnete Rolle sie in dem ganzen kommerziellen Betrieb der Nationalparks spielen. Nur drei Prozent der jährlich zwei Millionen Besucher des Shenandoah gehen mehr als ein paar Schritte in das Hinterland, wie es vollmundig genannt wird. 90 Prozent der Besucher reisen mit dem Auto oder dem Wohnmobil an, und auf diese Klientel war der Laden zugeschnitten. Für fast alle Lebensmittel benötigte man einen Mikrowellenherd oder Backofen zur Zubereitung, vieles mußte kühl gelagert werden oder wurde nur in großen Mengen angeboten. (Welcher Wanderer, der allein unterwegs ist, will schon 24 Hamburgerbrötchen auf einmal?) Es gab nichts von dem typischen Wanderproviant – Rosinen, Nüsse oder kleine, leicht zu transportierende Packungen und Konserven –, was ich für einen Laden in einem Nationalpark ziemlich enttäuschend finde.
Da die Auswahl beschränkt war und wir auf keinen Fall schon wieder Nudeln essen wollten, wenn es sich irgendwie vermeiden ließ (Connolly war, wie ich zu meiner Genugtuung feststellte, auch ein Nudelesser), kauften wir 24 Hotdogs und die dazugehörigen Brötchen, eine Zwei-Liter-Flasche Cola und ein paar große Packungen Plätzchen. Danach holten wir Katz ab – der seinem Publikum mit Bedauern verkündete, er müsse jetzt los, die Berge warteten auf ihn – und stapften mutig zurück in den Wald.
Abends machten wir Halt an einem beschaulichen, abgelegenen Platz, Rock Spring Hut, oberhalb eines steilen Abhangs, mit einem weiten Blick ins Shenandoah Valley. Die Schutzhütte hatte sogar eine Schaukel, einen Zweisitzer, der an Ketten von dem Vordach der Hütte hing und zum Gedenken an eine gewisse Theresa Affronti angebracht worden war, die eine besonders innige Beziehung zum Trail gehabt hatte, wie uns eine Plakette auf der Rückseite mitteilte. Frühere Besucher der Hütte hatten einen Vorrat an Konserven dagelassen, Bohnen, Mais, Büchsenfleisch, Karotten, die ordentlich auf einem Stützbalken aufgereiht waren. So etwas kommt durchaus häufiger vor. Manchmal wandern AT-Begeisterte aus der Umgebung nur zur nächsten Hütte und bringen selbstgebackene Plätzchen, Sandwiches oder Brathühnchen mit. Eigentlich eine schöne Sitte.
Wir kochten gerade unser Essen, als ein
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