Piesberg in Flammen
Akten sind vernichtet. Aber es gibt Kollegen, die sich erinnern.« Er legte eine Visitenkarte auf den Tisch.
In der Ferne waren Sirenen zu hören. Erst eine, dann kamen weitere hinzu. Von der HansastraÃe drang immer lauter die Kakofonie der Einsatzfahrzeuge zu ihnen hoch, sie schienen von allen Seiten zu kommen und sich schlieÃlich auf dem Erich-Maria-Remarque-Ring zu sammeln. Das Heulen wurde leiser und schwoll schlieÃlich aus Richtung Nonnenpfad wieder an.
»Ein neuer Brand?«, wollte Pieter wissen.
»Scheint in der Nähe zu sein«, bestätigte Heeger nickend. Sein Telefon läutete passend, er nahm ab und wurde ganz bleich. »Wo, sagen Sie? â Gut, ich komme sofort.« Er legte auf.
»Wenn es wieder brennt, dann sind Sie jetzt mein Alibi«, stellte Pieter fest, ohne dass in seiner Stimme Triumph mitschwang.
»Nicht wirklich. Der Täter benutzt einen Zeitzünder«, entgegnete Heeger.
Die beiden starrten sich an, bis schlieÃlich Pieter den Blick senkte.
»Rufen Sie mich an, wenn Sie mir etwas zu sagen haben«, sagte Heeger im Weggehen. »Und nochmals danke. Aber lassen Sie Feli in Ruhe.« Damit lieà er Pieter allein.
Die Wut schien den jungen Mann schier umzubringen, weil sie kein Ventil fand. Er rang um Fassung, schnappte nach Luft und rannte hin und her, die Augen entsetzlich aufgerissen. Er vollführte merkwürdige Bewegungen mit den Händen. Mal ballte er die Faust, immer noch sprachlos, dann hob er mahnend den rechten Zeigefinger. Er fand einen Stein und warf ihn nach dem Hund, der jaulend davonsprang. Dann stürzte er sich in eine Ecke, rollte sich dort zusammen, schützte seinen Kopf mit den Händen und wimmerte wie ein geprügeltes Tier.
SchlieÃlich fasste er sich und kramte ein Schreibheft hervor. Er schlug es auf, setzte sich damit an den Plastiktisch und war zunächst nur in der Lage, mit einem Stift das Papier zu zerstören. Es entstanden wirre Kreise und nach und nach ein paar Worte, die ihn zu beruhigen schienen.
»Nur immer ruhig bleiben. Ich muss das nüchtern sehen. Der Kerl musste all das fragen, es ist sein Job. Man verlangt es von ihm. Er ist Polizist. Aber wie ist er auf mich gekommen? Oder stochert er im Nebel??? Glaubst du, er war nur hier, um auf meinen Busch zu klopfen?«, schrieb er.
Dann ging er in die Küche und begann, Geräte und Lebensmittel aus den Schränken zu kramen und wieder einzusortieren. Allmählich kam etwas Ordnung in sein Handeln, und er begann, sich einen Salat zuzubereiten, den er schlieÃlich fraà wie ein wildes Tier. Am Ende beruhigte er sich, nahm die Lebensmittel, die er für Jacqui eingekauft hatte, und brachte sie in verschiedenen Taschen an seinem Fahrrad unter. Er schob das schwer beladene Rad vor die Haustür. DrauÃen heulten immer noch die Martinshörner. Der zähe Geruch nach Rauch lag in der Luft. Ihn überkam der Drang nachzusehen. Sich in die Schar der Gaffer einzureihen.
*Â *Â *
Simon öffnete die Kellertür und schaltete das Licht an. Er stieg die Stufen hinunter. Der Raum, den er betrat, war nicht sehr hoch. Etwas mehr als Stehhöhe. Weià getüncht. Rohre an der Decke sponnen ein Netzwerk, durch das das Haus versorgt wurde. Hier lief alles zusammen. Die Luft war warm und feucht von der aufgehängten Wäsche. Simon nahm sich eine Dose Bier aus einem gut gefüllten Kühlschrank gleich am FuÃe der Treppe. Einen Raum weiter standen mehrere alte Sessel um einen Couchtisch herum. Tücher an den Wänden machten das Gewölbe ein wenig wohnlicher, eine Neonlampe flutete es mit grellem Licht.
Der dritte Raum war eine Werkstatt. Weit besser eingerichtet als der schlichte Tisch, den er oben unter Jacquis Augen nutzte. Sie kam fast nie in den Keller. Auch um die Wäsche kümmerte Simon sich allein. Jacqui hatte es sich angewöhnt, ihn in den Keller zu schicken, wenn ihr danach war. Er setzte sich und begann mit seiner Arbeit an einem Schiffsmodell. Er klebte winzige Planken auf das Deck. Das gelang ihm mit mehr Geschicklichkeit, als man seiner verkümmerten Hand zugetraut hätte. Die Arbeit schien ihn zu beruhigen. Er nickte als Zeichen der Befriedigung und sägte weitere Planken zurecht.
SchlieÃlich lieà er die Arbeit ruhen und setzte sich in einen der Sessel im Durchgangszimmer. Er nahm einen groÃen Schluck Bier, öffnete einen Laptop, der bereitstand, und loggte sich bei
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