Piesberg in Flammen
Heeger versicherten, dass niemand sonst mehr im Haus sei, so ersparten sie den Feuerwehrleuten das Eindringen mit schwerem Atemgerät.
»Warten Sie«, rief Hero Dyk und stellte sich in den Weg, als der Krankenwagen mit Hedi an ihm vorbeifahren wollte. »Lassen Sie mich noch einen Moment mit der Frau reden.«
Der Sanitäter protestierte. Sie brauche schnell Hilfe. Doch Heeger sprang ihm zur Seite. »Was hast du vor?« Sie öffneten die hintere Tür. Hedi schien jetzt wieder bei sich zu sein.
»Hedi«, sagte Hero Dyk und nahm ihre Hand in seine. »Sie haben uns nicht alles gesagt. Da ist noch etwas. Reden Sie jetzt. Sie sind in Gefahr. Wer würde Sie töten wollen? Wer hat Ihr Haus angezündet?«
Der Arzt protestierte.
»Ich weià nicht«, sagte Hedi.
»Reden Sie mit uns.«
»Ich weià nicht. Da war ein anderer Mann.«
»Wer, Hedi? Wer?«
»Mein Sohn«, sagte sie unter Tränen.
»Ja doch: Pieter.«
»Nein, der andere. Der ältere.« Sie hustete. »Der verlorene.«
»Sein Name, Hedi!«, verlangte Hero Dyk.
Aber sie schüttelte den Kopf, und der Arzt drängte sie aus dem Wagen. Dort standen sie wie vom Donner gerührt an der StraÃe, bis der Arzt noch einmal herauskam und ihnen ein paar abgegriffene Fotos reichte. »Hier, nehmen Sie.«
Die Bilder waren im Winter geschossen worden, die Menschen trugen dicke Mäntel. Alle zeigten Simon Kroll. Man hatte sie ohne sein Wissen aufgenommen.
»Ein zweiter Sohn«, sagte Hero Dyk.
»Ein älterer«, sagte Heeger. »Ein verlorener.«
»Dann sind sie Brüder«, stellte Hero Dyk fest. »Pieter und Simon.«
Ein roter Toyota hielt am StraÃenrand. Die Presse war da. Eike Freytag saà am Steuer.
»Ich bin hier der Ermittler vor Ort. Aber du ⦠mach, dass du wegkommst«, sagte Heeger zu Hero Dyk und steckte die Fotos ein.
Der lieà sich das nicht zweimal sagen.
Hero Dyk fuhr nach Harderberg, dort lag seine Tochter. Er hatte Glück. Sie war wach und allein. Es ginge ihr gut, sagte sie. Und dass der Arzt gesagt habe, sie werde wieder völlig gesund. Keine bleibenden Schäden.
Hero Dyk nahm sie in den Arm, und sie lieà das zu.
»GroÃmutter sagt, du fängst den Brandstifter für mich«, sagte Lilly.
Hero Dyk lachte ein wenig gequält und zupfte an ihrem Bettlaken herum, sorgsam darauf bedacht, den Fuà nicht zu berühren. Er erzählte ihr, was im »Old Hediâs« passiert war, und dass man die Apparate gefunden habe, mit denen die Brände gelegt worden waren. Dass man Pieter nicht finden könne. Dass das Schreibhaus abgebrannt sei. Von den Brüdern erzählte er nichts.
»In der Schule war er viel allein«, sagte Lilly. »Ich kannte ihn nicht so gut, er ging in eine parallele Klasse. Er hatte keine Freunde, traf sich mit niemandem. So einer halt. Er schien aber nett zu sein. Einmal hat er mir geholfen, als ich ein paar von den jüngeren Schülern davon abhalten musste, den Schulhof zu verlassen.«
Hero Dyk bat sie, mehr zu erzählen, aber sie wusste wenig.
»Ich weià nicht einmal, wie er wirklich heiÃt.«
Hero Dyk nickte. Er nahm ihre Hände in seine und küsste sie. »Karl-Johann«, sagte er.
»Er wirkte immer so traurig«, erinnerte sich Lilly. »Man wusste nie, was man mit ihm reden sollte.«
Hero Dyk schilderte die Zustände im »Old Hediâs«, und sie stellten sich vor, wie Pieter dort groà geworden war. »Und jetzt hängt er sich an Jacqui«, schloss er. »Das verstehe ich nicht.«
»Hast du mit ihr geschlafen?«
»Mit wem?«
»Jacqui. Komm schon. Ich trau dir das echt zu.« Ihr Gesicht glühte vor Neugierde.
Hero Dyk grinste schief. »Nein, aber â¦Â«
Lilly lachte mit ihm. »Ich wusste es!«
Er genoss das friedliche Zusammensein mit seiner Tochter.
»Hör mal«, fuhr er fort. »Pieter wird ganz offiziell von der Polizei gesucht. Heeger hält ihn für den Brandstifter. Hast du eine Idee, wo er sich verstecken könnte?«
»Doch«, sagte Lilly überraschend, »da war was.« Sie dachte nach. »Letztes Jahr war unser ganzer Jahrgang mal gemeinsam mit dem Rad unterwegs. Wellendorf, hast du gesagt? Da wohnt seine Mutter? Wir waren nicht weit weg. Bei Georgsmarienhütte. Da war ein alter Stollen, bei dem wir Rast gemacht haben. Moment ⦠der Karlsstollen. Pieter
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