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Pilger Des Hasses

Pilger Des Hasses

Titel: Pilger Des Hasses Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ellis Peters
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sich auf und küßte den silbernen Rand des Reliquienschreins, in dem, ob sie nun darin lag oder nicht, sie allein herrschte und regierte. Dann zog er sich langsam zurück und tastete sich die drei Stufen hinunter. Der verdrehte Fuß und das verkümmerte Bein trugen ihn sicher. Am Fuß der Treppe machte er eine ernste Ehrenbezeugung, drehte sich um und ging rasch davon wie ein völlig gesunder sechzehnjähriger Junge. Er lächelte die Frauen aufmunternd an, hob die Krücken auf, die er nun nicht mehr brauchte, und brachte sie nach vorn, um sie ordentlich unter den Altar zu legen.
    Der Bann war gebrochen, denn das Wunder war geschehen und eindeutig bewiesen. Ein gewaltiger, schaudernder Seufzer lief durch das Kirchenschiff, durch den Chor, durch die Querschiffe und alle Nebenräume, wo immer Menschen zugesehen und gelauscht hatten. Und nach dem Seufzer erhob sich das Gemurmel zu einem bebenden Sturm, man konnte nicht sagen, ob ein Sturm von Tränen oder Lachen, aber die Luft erzitterte unter seiner Leidenschaft. Und dann kam der Aufschrei, und Tränen und Gelächter lösten sich zu einem verzauberten, ehrfürchtigen Wirbelsturm. Von den Steinwänden und dem hohen, gewölbten Dach, von der Lettnerempore und den Querschiffen hallten die Echos hin und her, und die Kerzen, die so still und hoch gebrannt hatten, erzitterten und spuckten in diesem Sturm. Melangell klammerte sich, schwach und vor Freude weinend, an Matthew. Frau Alice rannte glücklich von einer Freundin zur anderen. Prior Robert, der die Zeremonie leitete, hob die Hände und stimmte einen Dankespsalm an, und Bruder Anselm fiel sofort ein.
    Ein Wunder, ein Wunder, ein Wunder...
    Und inmitten des Aufruhrs stand Rhun, aufrecht und still und sogar ein wenig verwirrt, fest auf seinen beiden langen, wohlgeformten Beinen und betrachtete die rufenden, weinenden, frohlockenden Gesichter und ließ die Wogen der bedeutungslosen Geräusche über sich ergehen. Er wollte nichts weiter als die Stille, die er gefunden hatte, als er an diesem heiligen Ort mit seiner Heiligen allein gewesen war, die ihm mit süßen, geheimen Worten gesagt hatte, was er tun mußte.
    Bruder Cadfael und die anderen Brüder erhoben sich erst, als sich die Kirche geleert hatte, als die jubelnde, wirbelnde, aufgeregte Menge ihre fiebrige Erregung in die frische Sommerluft hinausgetragen hatte, um laut das Wunder zu verkünden und die Botschaft in die Vorstadt und die Stadt hinauszurufen. Die Menschen kauten es beim Mittagessen im Gästehaus noch einmal durch und ließen sich mit dem Atem, den sie noch hatten, bei der Vesper von neuem darüber aus.
    Wenn sie die Abtei erst verlassen hatten, würden sie die Botschaft ins ganze Land tragen und St. Winifred preisen und andere Menschen anregen, sich auf den Weg zu machen und mit ihren Sorgen nach Shrewsbury zu kommen. Die Heilung war bewiesen und konnte von Hunderten bezeugt werden.
    Die Brüder zogen sich zu ihrem wie üblich bescheidenen Essen ins Refektorium zurück und wahrten, wie auch immer ihre Gefühle waren, das Schweigegebot. Sie waren sehr müde, so daß ihnen das Schweigen willkommen war. Sie waren früh aufgestanden und hatten schwer gearbeitet, sie waren mit Körper und Seele durch Feuer und Flut gegangen, und so war es nicht erstaunlich, daß sie in demütigem und dankbarem Schweigen ihr Essen einnahmen.

10. Kapitel
    Erst als das Essen im Gästehaus fast beendet war, dachte Matthew, der neben Melangell saß und nach dem Wunder des Morgens immer noch errötet und erregt war, an seine ernsten Pflichten und besann sich mit einem Stirnrunzeln, das den ungewohnten Glanz in seinem Gesicht jedoch nur leicht trüben konnte. In der Gesellschaft von Frau Weaver und ihren Schutzbefohlenen wurde ihm eine Zeitlang die ungetrübte Freude der Familie zuteil, die ihn alles andere vergessen ließ.
    Aber es konnte nicht von Dauer sein; nur Rhun saß immer noch halb verwundert, halb sprachlos da. Er wollte nicht essen und nicht trinken, während seine Gefährtinnen unbeachtet ihre Freude äußerten. Er war so weit entrückt gewesen, daß die Rückkehr eine Zeit dauerte.
    »Ich habe Ciaran gar nicht gesehen«, sagte Matthew leise in Melangells Ohr. Er richtete sich etwas auf, um sich im vollen Speisesaal umzusehen. »Hast du ihn in der Kirche bemerkt?«
    Auch sie hatte ihn vergessen, doch als sie Matthews Frage hörte, kehrte die Erinnerung heftig zurück, und ihr Herz tat einen schmerzhaften Sprung. Doch sie wahrte ihre Fassung und legte ihm beruhigend

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