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Pilgern auf Französisch

Pilgern auf Französisch

Titel: Pilgern auf Französisch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Coline Serreau
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besonderen Geruch am Leib. Man kann nicht unbedingt sagen, dass sie stinken, aber sie riechen irgendwie kreatürlich, sie verströmen einen starken Körpergeruch, der seinen eigenen »Charme« hat. Unter gewöhnlichen Umständen wird so etwas von der übertriebenen Reinlichkeit in unserer Gesellschaft gebannt, wo die Peinlichkeit natürlicher Körperausdünstungen die Parfümhersteller und Putzmittelverkäufer reich macht.
    Der Pilger, der auf jedes überflüssige Gramm verzichtet und sich nur mit Seife gewaschen hat — wenn dies in den überfüllten Herbergen auf den letzten Etappen überhaupt möglich war — , ist daher, wie auch seine Kleider, sein Rucksack und alle seine Sachen, von einem sehr eigenen Geruch durchdrungen, den man nur auf dem Jakobsweg zu riechen bekommt und der einem sofort in die Nase steigt, wenn man auf ihn trifft. Die Pilger selbst nehmen ihn nicht mehr wahr.
    Die Botafumeiro-Zeremonie — eine Art kollektiver Orgasmus, symbolisiert durch dieses im heiligen Raum der Kathedrale immer höher schwingende Objekt — wirkt unmittelbar körperlich auf die Gemeinde, die nach dem Spektakel laut applaudiert. Und dann sprechen aus den Gesichtern der Priester, die das Hochamt halten, die Missbilligung und der Missmut gegenüber dem niederen Volk, das einen religiösen Ritus mit einer Fernsehshow verwechselt. Der Klerus verabscheut heidnische Äußerungen nackter Freude — allerdings profitiert er auch beträchtlich davon, denn die Pilger kommen zahlreich, und die Kollekte ist bei diesen Zeremonien einträglich. Also lassen die Kirchenherren wohl oder übel den Applaus zu und führen die schöne Tradition des Weihrauchschwenkens fort.
    Eine der betrüblichsten Erscheinungen in der katholischen Kirche unserer Tage ist die erbärmliche Musik, die man zu hören bekommt. Die heilige Messe hat Komponisten zu einigen der schönsten Stücke inspiriert, die die Menschheit überhaupt kennt, aber heutzutage wird man in der Kirche Zeuge eines dramatischen musikalischen Verfalls, so auch bei der Messe in Santiago mit der abschließenden Botafumeiro-Zeremonie.
    Dort hört man anstelle der unzähligen prachtvollen Werke, die man zum Besten geben könnte, das dünne, saft- und kraftlose Stimmchen einer glückseligen Nonne, die noch fadere Lieder anstimmt, als man sie bei irgendeinem Superstarwettbewerb hört, so fade, dass man Mitleid mit ihr bekommt.
    Die spanischen Orgeln, vor allem die Orgeln von Santiago, sind weltberühmt für ihre Horizontaltrompeten — die Lingualpfeifen werden gekröpft und stehen im rechten Winkel vom skulptierten Gehäuse ab — und ihre außergewöhnlich reichen Register, aber nein: Der Organist ist angewiesen, zwei, drei Choräle herunterzuleiern und die Priester bei ihrem billigen Gefasel zu begleiten.
    Welche Qual muss es für einen Organisten sein, der nach jahrelangem, schwierigem Studium Meisterwerke im Ohr hat und sie auch mit den Händen zu spielen versteht, auf einem Trauminstrument nur lächelnde Nonnen und miesepetrige Priester in C-Dur beim Gloria Patri begleiten darf.
    Aber natürlich würde der kollektive Orgasmus völlig unkontrollierbare Ausmaße annehmen, wenn man mit Solisten, Chor und Orchester ein schönes Oratorium von Händel aufführen würde...
    Außerdem wäre das auch sündhaft teuer, es würde sich ungefähr auf die Summe belaufen, die bei einer solchen Messe jedes Mal aufs Neue eingenommen wird. Aber wie jeder multinationale Konzern, der etwas auf sich hält, ist schließlich auch die Kirche gehalten, Gewinn zu machen, anstatt mit dem Geld philanthropische Ziele oder gar Kunst zu finanzieren. Dennoch, Musik aus der Konserve wäre noch allemal besser als eine Psalmodistin für den Hausgebrauch.
    Und so wird man in den Kirchen nie wieder Musik hören, die dieses Namens würdig ist. Sie wird ersetzt durch das gefühlsduselige Lalala von Ehrenamtlichen, die bar jeder Stimmtechnik, dafür aber mit der Miene demütiger Diener unbeirrt ihre drei Noten fiepen.
    Da die Kirche aber weiterhin Profit aus diesen Massenveranstaltungen ziehen will, müsste sie die Inszenierung Profis überlassen, die es verstehen, das Publikum glücklich zu machen und gleichzeitig den Opferstock zu füllen. Doch die Kirche will die Menschen nicht glücklich machen, sie will, dass sie sich schuldig fühlen.

    Nach der Messe gönnen sich unsere Freunde ein üppiges Mahl unter dem Tonnengewölbe des Speisesaals im Parador. Sie stoßen auf ihre Pilgerreise an, vor allem auf Guy, dem sie endlich

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