Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
Freund
hörte mit wachsender Begeisterung zu und machte sich eifrig Notizen.
»Das heißt,
ihr wisst, wer es war und um was es wahrscheinlich geht. Euch fehlt nur noch der
letzte Beweis«, resümierte er am Ende meines Monologs.
»Genau«,
bestätigte ich. »Auch bezüglich des Anschlags auf den Chefredakteur haben wir keinen
Beweis. Man müsste irgendwie ein Geständnis aus dem Täter locken können.«
»Und da
hast du sofort an deinen alten Freund Jacques Bosco gedacht.«
»Ja, das
muss aber unter uns bleiben. Das heißt, meine Kollegen wissen dieses Mal Bescheid.
Aber bis zu KPD und dem Staatsanwalt Borgia darf das keinesfalls vordringen. Wenn
wir den offiziellen Weg einschlagen, kommt der Täter aller Voraussicht nach nur
für ein paar Tage in Untersuchungshaft. Ein wirklich ernsthaftes Delikt können wir
ihm nicht einwandfrei nachweisen.«
Jacques
überlegte. »Dürfen wir in den Dom rein?«
»Uns wird
wohl nichts anderes übrigbleiben. Nur damit können wir den Täter in eine Falle locken.«
»Diese Falle
soll morgen früh zuschnappen, habe ich das richtig verstanden?«
Ich nickte.
»Das habe ich spontan so in die Wege geleitet. Vielleicht war es unbedacht, auf
alle Fälle müssen wir jetzt das Beste draus machen.«
Jacques
stand auf. »Dann lass uns fahren. Ein paar Stunden brauche ich bestimmt für die
Vorbereitungen. Dietmar Becker kann mir beim Transport der Sachen helfen. Doch zuerst
werden wir mit deinen Kollegen einen Schlachtplan entwickeln, danach brauche ich
eine vertrauenswürdige Kontaktperson im Dom.«
Ups, ich
musste aufpassen, dass mir durch Jacques’ Übereifer der Fall nicht entglitt. Gemeinsam
fuhren wir zur Dienststelle.
22
Palzkis Domkapitel
Es war kalt. Die Windböen brausten
wellenartig über den Platz, schnell dahinziehende dunkle Wolken kündigten ein Gewitter
an.
*
Es war ruhig. Der urbane Hintergrundlärm
war kaum zu hören, keine Kirchenglocken und kein Flugzeug störten die Stille des
Augenblicks.
*
Es war früh. Die wenigen Fußgänger
schlichen ahnungslos vorbei, selbst Doktor Metzger schlief noch tief und fest in
seinem Pilgermobil, so wie die meisten Speyerer Bürger auch.
*
Es war gefährlich. Ich stand auf
dem Präsentierteller neben dem Domnapf. Ein Schuss, und man würde meinen Namen ein
paar Tage später groß in der Zeitung lesen können.
*
Der Plan war riskant, aber wohlüberlegt.
Dieses Mal wusste ich meine Kollegen im Hintergrund. Wenn der Täter sich so verhielt
wie vermutet, dann müsste es klappen. Doch wenn es anders kommen würde? Ich versuchte,
diesen schrecklichen Gedanken zu verdrängen.
Stefanie
wusste nur die halbe Wahrheit. Da aber Gerhard und Jutta bei dieser Aktion mitwirkten,
war sie einigermaßen beruhigt.
»Guten Morgen,
Herr Palzki, frohe Ostern!«
Ich wirbelte
herum und stand Dr. Alt gegenüber, der sehr grimmig und ernst wirkte. Er sprach
leise. »Gehen wir? Sie wissen ja, wohin.«
Ich nickte.
Wir gingen
in den Dom, der an Ostern fast rund um die Uhr geöffnet war. Außer einer Reinigungskraft,
die den Generalvikar grüßte, trafen wir niemanden. Dr. Alt schritt, ohne ein Wort
zu sagen, durch das Langschiff zum Eingang der Sakristei. Ich folgte ihm mit stark
erhöhtem Puls. Die nächsten Minuten würden alles entscheiden. Angespannt folgte
ich ihm in die Sakristei. Ich blickte mich um, es war auf den ersten Blick keine
Veränderung festzustellen. War Jacques vor Ort oder hatte es Komplikationen gegeben?
Seit gestern Abend gab es kein Lebenszeichen mehr von ihm oder Becker. Wir hatten
zwar vereinbart, dass sich die beiden nur bei Problemen melden würden, doch eine
gewisse Unsicherheit blieb.
»Und jetzt?«,
fragte ich.
»Nehmen
wir den Aufzug nach unten«, schlug der Generalvikar vor und ging erneut voraus.
Ein Mann erwartete uns bereits im Keller.
»Da sind
Sie ja endlich«, begrüßte er uns vorwurfsvoll. »Es ist saukalt hier unten.«
»Hätten
Sie sich halt dicker angezogen«, provozierte ich ihn. »Wie gehen wir weiter vor?«
»Das müssen
Sie mir schon selbst sagen, Herr Palzki. Ich bin im Moment nur so etwas wie ein
Zaungast.«
Da ich keine
Bewaffnung ausmachen konnte, antwortete ich möglichst gelassen: »Dann warten wir
halt noch ein Weilchen, Herr Fratelli. Haben Sie Ihren Koffeinspiegel für heute
bereits erreicht?«
»Aber sicher
doch. Für solch eine Aktion muss man gut vorbereitet sein. Haben Sie übrigens vielen
Dank für die vertrauliche Nachricht, die Sie gestern in
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