Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
Generalvikar so vereinbart.
Bei der Kirche geht’s halt um ein heikles Thema, da will man schon vorsichtig sein.
Kann ich ja irgendwie verstehen.«
Gerhard
hatte große Augen bekommen. »Weiß der Bischof von der Sache?«
»Nein, bisher
noch nicht. Anschläge auf den Geschäftsführer und den Chefredakteur hat es nämlich
zuvor bereits mehrere gegeben. Jetzt habe ich diesen Wolf am Bein und kann keinen
Schritt mehr alleine machen. Ich hoffe, dass ihr einseht, dass wir da nicht zu dritt
anmarschieren können. Im Übrigen wurde vereinbart, dass ein noch zu bestimmender
Beamter meine Rolle übernimmt, sobald ich wegen Stefanie ins Krankenhaus komme.
Also, wegen der Geburt, meine ich.«
Mir fiel
etwas ein. »Was habt ihr mit der anonymen Anzeige gemacht?«
»Was wohl?«,
sagte Gerhard. »Ich habe sie an die zuständige Polizeibehörde weitergeleitet, wir
sind für Otterberg nun wirklich nicht zuständig, das muss sogar unserem Chef einleuchten.«
»Was muss
mir einleuchten?«
Wir schraken
hoch und sahen KPD im Türrahmen stehen. Wegen der Hintergrundgeräusche und der meist
offenstehenden Tür hatte keiner von uns die nahende Gefahr rechtzeitig erkannt.
Unser Chef
steckte nach wie vor in seiner Schutzkleidung. Wenn es gelänge, ihm passend zu seiner
Bekleidung eine Dr. Metzger-Maske zu verpassen, könnten wir ihn bis zum Lebensende
in einer hochgesicherten Anstalt unterbringen.
»Eine Anzeige
aus Otterberg bei Kaiserslautern«, antwortete Gerhard betont gelangweilt. »Die ist
irrtümlich an uns geschickt worden, ich habe sie an die Kollegen weitergeleitet.«
KPD setzte
sich polternd zu uns an den Tisch. Eine Staubwolke umgab ihn.
»Ich kann
das Zuständigkeitsgequatsche nicht mehr hören«, tadelte unser Chef. »Seit Jahren
predige ich das First-In-Prinzip, leider erfolglos. Die Regierung täte gut daran,
mich als Berater mit guten Ideen zu akzeptieren. Ich kann wenigstens noch über die
Kirchtürme nachdenken.«
Das falsch
benutzte Sprichwort fiel ihm, wie so häufig, nicht auf.
»Die Anzeige
ist nicht ernst zu nehmen, Herr Diefenbach, sie stammt offensichtlich von einem
Verwirrten.«
»Herr Steinbeißer!
Ich muss Ihnen zwar zugutehalten, dass Sie nicht über die gleiche Erfahrung wie
ich verfügen, aber die Bewertung, ob ein Anzeigenerstatter verwirrt ist oder nicht,
ist zunächst absolut nebensächlich. Die meisten Bürger sind heutzutage verwirrt.
Wir müssen wieder lernen, die Bevölkerung ernst zu nehmen. Egal wie wirr eine Aussage
ist, ein Körnchen Wahrheit lässt sich immer extrahieren.«
Oha, unser
Chef warf nun auch mit Fremdwörtern um sich. Ob er auf einem Lehrgang war?
»Um was
ging es in der Anzeige?«
Gerhard
stieß sichtlich ein gedachtes Stoßgebet in Richtung Zimmerdecke. »Eine Verschwörung
bei den Zisterziensern in Otterberg.«
KPD war
in seinem Element. »Ha! Da haben wir es wieder! Ein Glück, dass Sie mich haben.
Ich bin wenigstens nicht mit Betriebsblindheit geschlagen. Erkennen Sie nicht die
Zusammenhänge? Gestern das Attentat im Dom, in Otterberg eine Klosterverschwörung,
und der Generalvikar des Bischöflichen Ordinariats ruft den ganzen Tag bei mir an
und will meine neutrale Polizeiarbeit beeinflussen.«
Ich musste
dringend Luft aus der Sache nehmen, sonst würde morgen die gesamte Kriminalinspektion
in dieser Sache ermitteln müssen.
»Herr Diefenbach,
die Lage ist absolut unter Kontrolle. Ich fahre morgen Abend mit dem Kanzleidirektor
höchstpersönlich nach Otterberg, um die Verschwörung aufzudecken. Es gibt keinen
Grund, beunruhigt zu sein. Kümmern Sie sich um Ihre äußerst wichtige Klimaanlage,
und wir, äh, ich regle die Kirchengeschichte.«
KPD war
noch nicht ganz zufrieden. »Vielleicht sollten Sie zu dritt als Team aufkreuzen,
das verschafft Ihnen bei der Kirche wesentlich mehr Respekt.«
Mist, jetzt
schoss KPD auch noch quer.
»Das geht
nicht, Herr Diefenbach. Dr. Alt hat Ihnen bestimmt von seinem Wunsch berichtet,
dass nur Herr Wolf und ich die Sache zusammen bearbeiten, damit es im Bistum nicht
zu einer größeren Unruhe kommt.«
Seinem Gesichtsausdruck
nach war unser Chef von den telefonischen Kontakten mit dem Generalvikar wenig begeistert.
»Ja, ich
weiß«, antwortete er trübsinnig. »Als Stellvertreter des residierenden Bischofs
und Verantwortlicher für die Verwaltung der Diözese hat er Kontakte bis in die höchsten
Regierungskreise. Da kann zurzeit nicht einmal ich mithalten. Sein Netzwerk ist
leider besser ausstaffiert, da muss ich erst
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