Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
Palzki, war im letzten Jahr das Salierjahr.«
Ich nickte
eifrig, schließlich kannte ich die Salierstraße in Schifferstadt, in der ich schon
drei Mal geblitzt worden war.
»Anlässlich
dieses Jubiläums hatten wir in Speyer im Museum eine viel besuchte Ausstellung.
Außerdem haben wir viele Veranstaltungen rund um Konrad II. und die Heinrichs III.
bis V. durchgeführt. Die meisten Veranstaltungen gab es in Speyer. Nun haben sich
viele Pfarreien im ganzen Bistum gemeldet, die in ihren Gemeinden ebenfalls gerne
etwas über die Salier machen wollen. Und da ich als Chefredakteur im letzten Jahr
eine eigene Salier-Reihe für den ›Pilger‹ geschrieben hatte, gehen Herr Fratelli
und ich gewissermaßen auf Lesetournee quer durchs Bistum. Und morgen ist Otterberg
dran. Dort gibt’s, wie Sie bestimmt wissen, die Abteikirche, die größte Kirche des
Bistums nach dem Dom.«
Um meine
Wissenslücke rund um Otterberg, das ich ungefähr in der Pfalzmitte vermutete. nicht
zu offenbaren, stellte ich eine Zwischenfrage.
»Warum fahren
Sie beide dorthin? Als Geschäftsführer schreiben Sie doch keine inhaltlichen Sachen,
oder?«
»Natürlich
nicht«, fiel mir dieses Mal Fratelli ins Wort. »Für so etwas habe ich überhaupt
keine Zeit. Herr Nönn hat mich überredet, ihn zu begleiten und die Vorträge in einer
Art szenischen Lesung anzubieten. Ich schlüpfe jeweils in die Rolle eines der Salierkaiser,
während Herr Nönn als Sprecher Hintergrundinformationen liefert. Ab und zu gibt’s
auch Dialoge, dann übernimmt Nönn meine Frau. Ich meine, die Frauen der Kaiser.«
»Da fahr
ich morgen Abend mit. Herr Wolf, ich glaube, da komme ich alleine zurecht.«
Wolf lachte.
»Nein, den Spaß lasse ich mir nicht entgehen.«
Fratelli
und Nönn schauten, als ob sie ein Pfund saure Gurken auf ex gegessen hätten.
»Weitere
Termine?«, fragte ich.
»Am Gründonnerstag
haben wir beide einen Auftritt im Frankenthaler Congressforum.«
Nönn ergänzte.
»Wir haben seit Jahren eine Veranstaltungsreihe laufen: ›Der Pilger im Wandel der
Zeit‹. In Frankenthal geht es um den ersten Teil eines neuen Zyklus, die Domrestaurierung
in den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts. Das ist zwar kein reißerisches Thema,
gehört aber zur Reihe, zumal zurzeit über diese Sache im ›Pilger‹ eine Fortsetzungsgeschichte
veröffentlicht wird. Ich habe gerade erst mit dem zweiten Teil begonnen.«
»Dann lassen
Sie es doch sein«, sagte Wolf und schielte zum wiederholten Male auf seine Handyauswahl.
»Warum schreiben Sie über etwas, was niemand lesen will? Wer es genau wissen will,
kann es in den alten Pilgerjahrgängen nachlesen. Das alte Zeug interessiert doch
niemanden mehr.«
»Wenn Sie
sich da mal nicht täuschen«, konterte Nönn. »Der Spiegelsaal im Congressforum ist
zu zwei Drittel ausverkauft. Das liegt daran, dass meine Referate nicht staubtrocken
rüberkommen, sondern immer eine interessante Geschichte erzählen. Außerdem ist die
Domrenovierung von vor 50 Jahren wissenschaftlich unvollständig aufbereitet. Da
gibt es noch viel darüber zu schreiben.«
»Schreiben
Sie doch, was Sie wollen«, sagte Wolf. »Ich lese den Mist ohnehin nicht. Ich lebe
in der Gegenwart und für die Zukunft.«
Im Geiste
ging ich die Termine durch. Abendveranstaltungen am Dienstag und Donnerstag. Vielleicht
hatte ich Glück, und mein Junge kam vorher zur Welt. Dann müsste ein Kollege auf
Bistumstournee gehen. Wenn nicht, müsste ich bei Stefanie ziemliche Überzeugungsarbeit
leisten. Grundsätzlich hatte ich schließlich normale Bürostunden wie jeder Angestellte.
Nur während Mordermittlungen musste ich auch mal außerhalb dieser Zeiten ran. Doch
dieses Mal lag bisher überhaupt kein Mord vor. Oder vielleicht doch? Musste ich
Beckers Anwesenheit ganz anders interpretieren?
Resigniert
fragte ich weiter: »Haben Sie weitere Abendtermine?«
Fratelli
schüttelte den Kopf. »Ne, über Ostern habe ich Urlaub. Ansonsten bin ich im Verlag.
Den einen oder anderen Termin habe ich im Ordinariat oder mit dem Domkapitel oder
Herrn Wolfnauer vom Dombauverein.«
»Wolfnauer?«
Frau Mönch war hochgeschreckt. »Sie werden doch nicht…?«
Der Geschäftsführer
setzte ein breites Grinsen auf. »Doch, genau.«
Seine Marketingleiterin
seufzte. »Dann werde ich mir in Gottes Namen halt mal ein paar Gedanken darüber
machen.«
»Tun Sie
das. Es reicht vollkommen, wenn Sie das in unserem Namen machen.«
»Um was
geht es?«, fragten Wolf und ich gleichzeitig.
Fratelli
blieb
Weitere Kostenlose Bücher