Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
ist fast ausverkauft.«
Bevor die
beiden Parteien weiter streiten konnten, stand ich auf.
»Dann fahren
wir mal los. Herr Wolf, wollen Sie zur Abwechslung bei mir mitfahren? Ich kann sogar
den SWR zeitweise in Stereo empfangen.«
Er ließ
sich nicht auf mein Angebot ein. Während wir zum Ausgang gingen, kam von hinten
Mathias Huber angelaufen.
»Herr Wolf«,
rief er. »Sie haben Ihre Tasche im Aufenthaltsraum liegen lassen.« Er übergab die
Tasche an den Kanzleidirektor, der ziemlich perplex war.
»Das ist
mir noch nie passiert, das gibt’s gar nicht. Danke, Herr Huber. Aber draußen hätte
ich es bemerkt. Ohne den WLAN-Sicherheits-Adapter in der Tasche lässt sich mein
Wagen nicht starten. Das ist für mich eine zusätzliche Diebstahlsicherung.«
Draußen
bemerkten wir, dass Wolfs Wagen noch hinter dem Ordinariat stand. Dennoch ließ er
sich von mir nicht überreden, mit meinem Auto zu fahren. Er nötigte mich zu einem
Spaziergang.
Wenig später
saßen wir in seinem Wagen. Es war mir lieber, nicht selbst fahren zu müssen. Ich
wusste ja auch gar nicht so hundertprozentig genau, wo wir hin mussten.
Ich schloss
die Augen, und Wolf fuhr, oder vielmehr flog, die A 61 zum Frankenthaler Kreuz,
wechselte auf die A 6 und fuhr bei Kaiserslautern ab in Richtung Otterberg. Kurz
darauf parkten wir vor der Kirche. Sie war recht groß, größer als die fünf oder
sechs Schifferstadter Kirchen, aber bei Weitem nicht so gigantisch wie der Speyerer
Dom. Da wir in der Nähe des Eingangsportals parkten, konnte ich erkennen, dass sie
wie der Dom in Kreuzform gebaut war. Allerdings fehlte die Symmetrie, der rechte
Seitenflügel war viel länger. Und genau dorthin lief Wolf. Die Asymmetrie wurde
durch ein zweistöckiges Gebäude erzeugt, das an den Seitenflügel der Abteikirche
angeflanscht war. Der Keller schaute zur Hälfte aus dem Boden, eine breite Treppe
ging nach unten.
»Da unten
ist der Kapitelsaal«, erklärte mir der Kanzleidirektor. »Die katholische Pfarrgemeinde
nutzt ihn als Versammlungsraum. Heute wird dort der Vortrag stattfinden.« Er zeigte
ein Stockwerk höher. »Da ist das Pfarrhaus.«
Ein junger
Mann kam aus dem Keller und stellte sich vor.
»Guten Abend,
mein Name ist Joachim Lemens, ich bin hier der Organist und helfe heute Abend beim
Vortrag mit, ein äußerst interessantes Thema. Sind Sie die beiden Künstler aus Speyer?«
Wolf lachte.
»Lebenskünstler sind wir irgendwie alle, oder? Wir sind nur die Vorhut, die beiden
Vortragenden kommen gleich.«
»Herr Lapa
meinte, Sie können Ihre Sachen bereits in den Kapitelsaal bringen. Er würde sich
freuen, wenn Sie danach zu ihm ins Pfarrbüro kommen würden. Er hat ein paar Snacks
für Sie vorbereiten lassen.«
Bei solch
einem Reizwort musste ich reagieren. »Selbstverständlich kommen wir hoch zum Pfarrer«,
sagte ich stellvertretend für uns beide. Von hinten kamen die beiden Verlagsleute
angelaufen, sie trugen jeweils einen großen Koffer. Ich hatte sie zwar erst in frühestens
einer Viertelstunde erwartet, musste mir aber eingestehen, dass ich den Fahrstil
von Nönn nicht kannte.
Wir gingen
nach unten in den Keller. Nönns Augen blitzten.
»Das muss
man sich mal vorstellen. Dieser romanische Saal wurde 1185 gebaut, noch bevor die
Abteikirche 1254 eingeweiht wurde. Schauen Sie mal da rüber, drei hochgotische Fenster,
was für ein Stilmix.«
Robert Nönn
war in seinem Element. Er schien jeden einzelnen Stein streicheln zu wollen.
Die drei
Bistumsmitarbeiter stellten ihr Gepäck ab, und nachdem Nönn sich wieder beruhigt
hatte, folgten wir Herrn Lemens nach oben. Bisher hatte der Abend vielversprechend
angefangen. Ich hoffte, dass es so weitergehen würde. Wie so oft, täuschte ich mich.
Pfarrer
Lapa war eine Seele von Mensch. Er begrüßte uns mit einer Wärme, als würden wir
uns schon 2.000 Jahre kennen. Seine Freude war echt, hier war nichts, aber auch
rein gar nichts gekünstelt. Dieser Pfarrer liebte und lebte seinen Beruf.
Als er nach
einer mittellangen Begrüßung von einem kleinen Imbiss erzählte, knurrte mein Magen,
und alle schauten mich an. Peinlich berührt antwortete ich, dass die Geräusche bei
mir an der Tagesordnung seien, und die Ärzte auch nicht wussten, woran das lag.
Pfarrer
Lapa lotste uns in ein Besprechungszimmer, dort traf mich der Schlag: An dem Tisch
saßen zwei Personen, eine davon war Dietmar Becker.
»Guten Abend,
Herr Becker«, begrüßte ich ihn. »Wir haben uns schon lange nicht mehr gesehen.«
Der
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