Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
haben wir dir aber heute Morgen gesagt. Hast
du mal wieder nicht richtig zugehört?«
Ich war
mir sicher, von der Sache gerade das erste Mal gehört zu haben. Ich verzichtete
auf Gegenrede, schwangere Frauen waren ja bekannterweise manchmal grundlos schwierig
in der Handhabung.
Die Sanitäterin
sprach mich an. »Ich gehe aufgrund der Situation davon aus, dass Sie der Ehepartner
von Frau Palzki sind. Ihrer Frau geht es den Umständen entsprechend gut, der Blutdruck
ist im Normbereich. Da die Wehen sehr unregelmäßig kommen und wir keine mobilen
Möglichkeiten für gynäkologische Untersuchungen haben, fahren wir Ihre Frau ins
Krankenhaus.«
Das hatte
ich bereits vermutet. »Da fahre ich selbstverständlich mit. Ich lege unserer Tochter
einen Zettel auf den Tisch, damit sie Bescheid weiß. Sie ist ja für ihr Alter recht
selbstständig. Soll ich dir ein paar Sachen packen, Stefanie?«
» Du ?«
Nur dieses eine Wort erhielt ich zur Antwort. Am Tonfall war deutlich herauszuhören,
dass sie mir solch eine Tätigkeit nie und nimmer zutrauen würde.
Sie deutete
auf eine Tasche, die seit Wochen neben dem Wohnzimmerschrank stand und für deren
Inhalt ich mich bisher nicht interessiert hatte. Man muss in seiner eigenen Wohnung
nicht alles kennen. Schließlich gab es auch in der Küche bestimmt die eine oder
andere Schublade, die ich noch nie geöffnet hatte.
»Mein lieber
Reiner«, sagte die beste aller allerbesten Ehefrauen. »Im Vergleich zu euch Männern
können wir Frauen vorausschauend denken. Die Schwangerschaft ist ja nicht so ganz
plötzlich entstanden.« Sie machte eine kurze Pause, weil sie über ihren eigenen
Satz stolperte. »Äh, also ich meine natürlich, dass sich die Schwangerschaft nicht
von heute auf morgen entwickelt hat, du weißt, was ich meine. Dass irgendwann mal
die Wehen einsetzen würden, war klar. Außerdem habe ich genügend Erfahrungswerte
durch Paul und Melanie.«
»Ja, und
jetzt?« Ich verstand kein Wort. »Was soll mir das jetzt sagen?«
Ich musste
mich mit einer Antwort gedulden. Eine Wehe, wenn auch eine kurze, setzte meine Frau
außer Gefecht. Als Mann konnte man in diesen Situationen nicht viel mehr tun, als
mit betroffenem Blick danebenzustehen und die Klappe zu halten. Egal, was man sagte,
es wurde falsch ausgelegt. Das waren meine Erfahrungswerte nach fast drei vollendeten
Schwangerschaften.
»Die Tasche«,
sagte Stefanie endlich. »Ich habe bereits vor Wochen alles für die Klinik gepackt.«
Ohne Worte
schnappte ich mir die bleischwere Tasche, die man korrekterweise eher Schrankkoffer
nennen musste.
»Willst
du bis zur Einschulung unseres Jungen im Krankenhaus bleiben?«, fragte ich erschrocken
und wusste zugleich, dass ich besser meine Klappe gehalten hätte.
Erfreulicherweise
mischte sich die Sanitäterin ein. »Da Ihre Fruchtblase noch geschlossen ist, müssen
wir Sie nicht liegend transportieren. Darf ich Ihnen beim Aufstehen helfen?«
Das hätte
ich mal meine Frau fragen sollen. Aber diese höchstens 20 Jahre alte Sanitäterin,
die durfte. Ich suchte einen Zettel und kritzelte für Melanie ein paar Worte drauf.
Unter Strafandrohung verbot ich ihr, Ackermanns zu besuchen oder ihnen von der bevorstehenden
Geburt zu erzählen. Die würden es fertigbringen und Stefanie im Krankenhaus besuchen.
Während
wir uns alle ausgehfertig machten, bedankte ich mich bei Jutta und kündigte ihr
an, dass ich heute früh, es war schließlich ein gutes Stück nach Mitternacht, im
Büro alles erzählen würde.
»Untersteh
dich und lass deine Frau alleine«, drohte sie mit erhobenem Zeigefinger. »Wir kommen
ganz gut ohne dich zurecht. Und wie du immer rumläufst.«
»Genau darum
geht es, Jutta. In Otterberg sind wir knapp einem weiteren Anschlag entgangen. Da
kann ich jetzt keinen Urlaub nehmen.«
»Oh doch,
Reiner. Deinen Job wird Gerhard übernehmen. Wenn es dumm läuft, interveniert sogar
KPD, dann wird wahrscheinlich das ganze Bistum restrukturiert.«
Auch in
diesem Fall war es im Moment besser, die Klappe zu halten. Kurz darauf saß ich im
Krankenwagen, und wir fuhren auf Wunsch meiner Frau nach Ludwigshafen ins Krankenhaus.
Das Speyerer Diakonissenkrankenhaus wäre zwar einen Tick näher gewesen, aber Paul
und Melanie waren in Ludwigshafen zur Welt gekommen, die Serie sollte nicht unterbrochen
werden.
Im Kreißsaal
war es angenehm ruhig. Sofort kam eine Schwester und geleitete uns in einen Untersuchungsraum.
Da Stefanie sich vor Wochen angemeldet und ihre Daten hinterlegt
Weitere Kostenlose Bücher