Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
getrunken hatte, plünderte ich den danebenstehenden
Keksriegelautomaten mit sämtlichem Kleingeld, das ich dabei hatte. Das Sodbrennen,
das ich mir damit einhandelte, war mit Sicherheit schmerzhafter als die Wehen, die
Stefanie aushalten musste. Dummerweise hatte ich nun kein Kleingeld mehr, um mit
einem weiteren Getränk meinen durch die Süßigkeiten bedingten Durst zu löschen.
Das Sodbrennen war nicht von schlechten Eltern. Warum tat sich mein Freund Jacques
Bosco, der meiner Meinung nach größte Erfinder der Welt, so schwer, ein geeignetes
Mittel gegen Sodbrennen zu erfinden? Alles hatte er erreicht, nur bei solch einer
trivialen Sache hatte er bisher versagt. In meiner Not suchte ich eine Toilette
auf und hielt meinen Mund unter den Wasserhahn. Blöderweise waren es diese kleinen
Wasserhähne, die zwischen Auslass und Becken nur knapp zehn Zentimeter Abstand haben.
Zum Glück wurde ich nicht beobachtet. Es gibt Dinge im Leben, die behält man besser
für sich. Niemand sollte sie je erfahren.
Mein Leiden
wurde nur unwesentlich verbessert. Der Durst war fürs Erste gelöscht. Die Speiseröhre
dagegen brannte so heftig, dass ich Angst hatte, dass die Rauchmelder anspringen
würden, wenn ich zu fest ausatmete.
Wie aus
dem Nichts standen plötzlich zwei Security-Leute vor mir und gaben mir unmissverständlich
zu verstehen, dass ich in diesem Gebäude fehl am Platz wäre. Als psychologisch geschulter
Beamter für besonders heikle Situationen, ich kann es nicht oft genug erwähnen,
schaltete ich sofort auf Deeskalation. Bevor die beiden ihr Repertoire an Motivationshilfen
wie Schlagstock und ähnlichem einsetzten, zückte ich meinen Dienstausweis.
»Guten Abend,
beziehungsweise guten Morgen, meine Herren.«
Die beiden
schauten auf meinen Ausweis und konnten mich anhand des Lichtbildes anscheinend
erkennen.
»Hat Ihnen
niemand von der geheimen Aktion heute Nacht erzählt? Wo waren Sie vorhin bei der
Sonderbesprechung? Waren Sie wieder heimlich eine rauchen oder was?«
Da ich einen
extrem zackigen und autoritären Tonfall gewählt hatte, standen die beiden stramm.
»Unser Boss
hat uns nichts gesagt, als wir mit der Schicht begonnen haben«, meinte der kleinere
der beiden, der dennoch bestimmt 1,90 Meter maß.
»Unglaublich«,
sagte ich vorwurfsvoll. »Da planen wir eine konzertierte Aktion mit allen Beteiligten,
und Sie wissen von nichts.«
Ich musste
noch etwas mehr Pepp in die Sache reinbringen, außerdem hatte ich noch keine vernünftige
Idee, um diese zwei zu beschäftigen.
»Können
Sie sich überhaupt ausweisen? Es war eigentlich ausgemacht, dass wir alle in Zivil
erscheinen. Warum tragen Sie Uniform?«
Mit dieser
Finte hatte ich gleichzeitig meine Zivilkleidung erklärt. Sie zückten ihre Ausweise,
und ich tat so, als würde ich mich dafür interessieren.
»Da haben
Sie Glück gehabt, dass Sie bei mir gelandet sind und nicht bei Dr. Diefenbach. Der
hätte Sie zur Sau gemacht.«
So langsam
fing mir das Theater an, Spaß zu machen. Eine Idee hatte ich nun auch.
»Wie Sie
wissen sollten, wollen wir heute die Diebesbande schnappen, die seit Wochen das
Klopapier im ganzen Krankenhaus klaut.«
»Das Klopapier?«,
fragten beide gleichzeitig und ungläubig.
Ups, hoffentlich
hatte ich den Bogen jetzt nicht überspannt.
»Ja, was
glauben Sie denn? Es gibt in dieser Klinik 18 öffentliche Toiletten und 148 in den
Zimmern. Rechnen Sie sich mal aus, wenn jeden Tag auf jeder Toilette fünf Rollen
geklaut werden. Das sind ganze Lastwagenladungen voll. Das schädigt nicht nur das
Krankenhaus, sondern die ganze Volkswirtschaft. Wir haben seit Tagen eine Schleuserbande
in Verdacht. Heute wollen wir sie schnappen.«
Ich ließ
den beiden nur zwei Sekunden Verschnaufpause, sie durften nicht länger über die
hanebüchene Story nachdenken.
»Sie sehen
da vorne die Toilette neben dem Café. Diese wird für die nächsten fünf Stunden ihr
Zielobjekt sein. Sie schließen sich jetzt in einer Kabine ein und warten ab. Jeder
Toilettengang muss genau protokolliert werden. Haben Sie das verstanden?«
Sie nickten.
»Und was ist, wenn uns unser Chef sucht?«
»Kein Problem«,
antwortete ich. »Dem sage ich Bescheid. Ich muss ihm sowieso die Leviten lesen.
Wie kann man vergessen, seine Mitarbeiter zu informieren!«
Jetzt schmunzelten
sie. »Ja, sagen Sie unserem Chef knallhart die Meinung. Immer behauptet er von uns,
wir wären so dumm wie ein Stück Schwarzbrot.«
»So etwas
behauptet er von Ihnen? Das ist ja
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