Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
unglaublich. Ich verspreche Ihnen, die Sache
richtigzustellen. Jetzt machen Sie sich aber bitte schleunigst auf den Weg zu Ihrem
Einsatzort.«
So einfach
war es, zwei Menschen glücklich zu machen, in dem man sie aufs Klo schickte.
Durch die
geistige Anspannung der letzten Minuten übermannte mich wieder die Müdigkeit. Vielleicht
konnte ich bei Stefanie ein bisschen dösen, solange es noch möglich war. Ich fuhr
mit dem Aufzug nach oben in den Kreißsaal.
Meine Frau
lag auf einer Liege und hing am CTG. Laute pulsartige Geräusche kamen aus einem
Lautsprecher.
»Alles in
Ordnung?«
Sie nickte.
»Die Wehen werden wieder weniger. Dr. Metzger hat mich untersucht. Er ist wirklich
sehr nett und in keinster Weise mit dem Bananenmetzger zu vergleichen. Er sagte,
dass mein Muttermund erst sehr wenig geöffnet ist. Die Geburt wird voraussichtlich
noch ein paar Tage dauern, wenn die Wehen nicht häufiger kommen. Das wären bisher
nur ein paar Tests von ihm gewesen. – Von unserem Nachwuchs«, ergänzte sie schnell.
»Die Schwester hat vor ein paar Minuten gemeint, ich könnte heute früh wieder heim,
wenn die Wehen ganz aufhören würden.«
Ich schöpfte
Hoffnung. Wenn unser Junge sich noch ein paar wenige Tage gedulden würde, könnte
ich mit Sicherheit den Fall im Speyerer Bistum klären.
Die nächsten
Stunden zogen sich wie Kaugummi. Das CTG tickerte vor sich hin, mal leiser, mal
lauter, mal schneller und manchmal überhaupt nicht. Die Schwester hatte mich bei
den ersten Aussetzern, bei denen ich sofort in Panik geriet, beruhigen können. Je
nachdem, wie sich das Ungeborene bewegte, waren dessen Herztöne mal besser und mal
schlechter zu hören.
Stefanie
hatte es gut, sie konnte bequem auf einer Liege ruhen. Nur noch selten wurde sie
durch Wehen gestört. Ich dagegen saß auf einem unbequemen Holzstuhl ohne Polsterung.
Der Minutenzeiger auf der Wanduhr schien festzukleben, die Zeit stehenzubleiben.
Meine Augenlider strebten mit Gewalt dem Erdmittelpunkt entgegen. Ich hätte auf
der Stelle, beziehungsweise im Sitzen, einschlafen können. Alles wäre so gut gewesen,
wenn, ja wenn Stefanie kein Babbelwasser gehabt hätte. Als Babbelwasser verstanden
wir Pfälzer die reine Lust am Reden, etwa so wie eine temporäre Frau Ackermann.
Stefanie zählte mir alles auf, was sie uns im Kühlschrank und in der Gefriertruhe
deponiert hatte für die Zeit ihres Klinikaufenthalts. Ich konnte keinem einzigen
Satz inhaltlich folgen. Nur mit sprachähnlichen Lauten wie ›hm‹, ›ähm‹ und ähnlichem
kam ich die nächsten drei Stunden in dem kleinen Raum mit dem brutalen Neonlicht
über die Runden. Stefanie schien nichts davon zu bemerken. In viertelstündlichem
Abstand, der mir jedes Mal wie Tage vorkam, schaute die Schwester vorbei. Irgendwann
schaltete sie das CTG ab und sagte zu meiner Frau: »Gegen fünf Uhr wird Dr. Metzger
nochmal vorbeischauen. Wenn dann alles in Ordnung ist, können Sie wieder nach Hause.«
Nach meiner
persönlichen Zeitrechnung waren mindestens zwei bis drei Jahre vergangen, als Dr.
Metzger kam, meine Frau und die Schwester befragte, den mehrere Meter langen Streifen
mit den vielen Kurven besah, die das CTG protokolliert hatte, und uns nach höchstens
drei Minuten Untersuchungszeit entließ.
Erst vor
dem Krankenhaus fiel mir ein, dass wir keinen eigenen Wagen dabeihatten. Das war
nun wirklich blöd. Stefanie warf mir vor, dass ich genügend Zeit gehabt hätte, um
eine Fahrgelegenheit zu organisieren. Sie drängte darauf, ein Taxi zu rufen. Als
kostenbewusster Mensch, solange es nicht um die Nahrungsaufnahme ging, hatte ich
eine bessere Idee. Ich rief Jutta an.
Ja, sie
war etwas sauer, wahrscheinlich stinksauer. Doch ich hatte einen Plan. Ich nutzte
die evolutionsbedingte Neugier aller Frauen und versprach ihr exklusive Vorabinformationen.
Damit konnte man so gut wie jede Frau aus der Reserve locken.
13
Lehrer sind auch nur Opfer
Eine knappe halbe Stunde später
fuhr meine Kollegin vor. Als Kavalier der Straße überließ ich Stefanie selbstverständlich
den Beifahrersitz. Gleich nach der Begrüßung ging es los. Jutta wollte haargenau
wissen, was ich in den letzten beiden Tagen in Speyer und Otterberg erlebt hatte.
Ich tat ihr den Gefallen und rückte in dem Zusammenhang meine eigene Person etwas
positiver ins Bild. Schließlich war ich der ermittelnde Beamte. Da Jutta fuhr, konnte
sie sich keine Notizen machen. Erst als wir daheim ankamen, sah ich, dass sie unser
Gespräch mit einem kleinen
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