Pilgerspuren: Palzkis siebter Fall (German Edition)
hatte, ging alles
recht schnell.
»So, jetzt
werden wir ein CTG machen, um die Herztöne und die Wehen aufzuzeichnen«, sagte die
freundliche Schwester. »Aber vorher machen wir einen Ultraschall.«
Stefanie
grinste mich hämisch an. »Würdest du bitte so lange draußen warten, Liebster?«
Die Schwester
entgegnete: »Ihr Mann kann ruhig dabeibleiben, er stört nicht.«
»Es geht
um was anderes. Mein Mann kennt das Geschlecht unseres Nachwuchses nicht, er will
sich überraschen lassen.«
»Ach, wenn
das so ist«, entgegnete die Schwester und blickte in den Schwangerschaftspass.
Was sollte
ich machen? Mit meiner Frau streiten? Das dürfte im Moment sinnlos sein. Ich beschloss,
die Klappe zu halten. Lange würde das Geschlecht sowieso kein Geheimnis mehr für
mich sein.
Ich machte
mich auf den Weg, den Raum zu verlassen. Die letzten Worte der Schwester ließen
mich aufschrecken.
»Dr. Metzger
wird bald zu Ihnen kommen, Frau Palzki. Er ist im Moment im OP beschäftigt.«
Das musste
ein Traum sein, anders war es unvorstellbar. Dr. Metzger hatte mir zwar unlängst
angekündigt, auch in der Frauenheilkunde einsteigen zu wollen, aber hier in einer
offiziellen und seriösen Klinik, noch dazu in der rechtschaffenen Pfalz? Stefanie
hatte sich desgleichen erschrocken, was eine größere Wehe lostrat. Ich setzte mich
neben Stefanie auf einen kleinen Holzstuhl, und sie krallte sich mit beiden Händen
an meinem Unterarm fest. Bedingt durch ihre Fingernägel herrschte zwischen uns wahrscheinlich
Schmerzparität. Auch diese Wehe war nicht von langer Dauer. Ich fasste mir ein Herz
und fragte die Schwester: »Kann meine Frau einen anderen Arzt haben?«
»Warum?«,
fragte diese irritiert. »Dr. Metzger ist ganz neu bei uns und sehr freundlich. Wir
kommen alle mit ihm super zurecht, und es gab auch bei den Patienten noch nie eine
Beschwerde.«
Das war
mir klar. Seit der Gesundheitsreform wollten alle Krankenkassen Geld sparen. Dr.
Metzger hatte dies erkannt und warb seitdem erfolgreich mit seinem Renommee als
Billigarzt. Seine OP-Rabattkarte, die überdies vererbbar war, war der Renner. Nein,
solch einen Arzt, wenn man bei Dr. Metzger überhaupt von Arzt sprechen durfte, wollte
ich nicht an meine Frau lassen.
»Steh auf,
Stefanie. Ich ruf ein Taxi. Wir fahren nach Speyer ins Krankenhaus. Auf Dr. Metzgers
Bananen bin ich nicht scharf.«
Stefanie
schien auf mich zu hören, auch ihr war die Sache nicht geheuer. Nur die Schwester
war fassungslos.
»Was reden
Sie da von Bananen? Dr. Metzger hasst Obst. Er ernährt sich fast ausschließlich
von Bifi und Corned Beef.«
Jetzt war
ich an der Reihe, überrascht zu sein. »Heißt das, dass Dr. Metzger gar nicht Dr.
Metzger ist?« Schnell ergänzte ich zur besseren Verständlichkeit: »Ist sein Vorname
nicht Matthias?«
»Dr. Metzger?
Nein, er heißt Michael. Ist das so wichtig?«
Zwei tonnenschwere
Steine, bildlich gesprochen, fielen zu Boden.
Stefanie
entschuldigte sich bei der Schwester. »Verzeihung, da lag eine Verwechslung vor.«
Sie schaute
mich an. »Gehst du jetzt bitte raus? Sonst ist er schneller auf der Welt, als mir
lieb ist.«
»Er?« Ich
hatte es sofort erfasst. Ein Junge, ich hatte es gewusst.
Stefanie
schüttelte den Kopf. »Mit ›er‹ habe ich unseren Nachwuchs gemeint. Gehe solange
runter ins Café. Da gibt’s bestimmt einen Automaten.«
Ich machte
mich auf den Weg. Es begegneten mir nur wenige Personen, die mich alle befremdet
anstarrten. Manche rümpften die Nase und machten einen großen Bogen um mich. Im
Aufzug, der an einer Seite komplett verspiegelt war, konnte ich mich in Lebensgröße
bewundern. Ich stellte fest, dass ich mich sofort vorläufig festnehmen würde, wenn
ich mir selbst über den Weg liefe. Ich sah schlichtweg verboten aus. Übermüdet,
verschwitzt, unordentlich frisiert, verdreckt von oben bis unten schlurfte ich in
Richtung Café, das um diese Zeit natürlich geschlossen hatte. Es war lange her,
dass ich eine Nacht ohne Schlaf ausgekommen war. Die wilden Partys der Jugend- und
frühen Erwachsenenzeit waren längst vorbei. Ich gähnte hemmungslos wie ein Nilpferd
und stieß dabei so intensiv auf, dass mir von mir selbst schlecht wurde. Ich zog
mir an einem Automaten eine Tasse Kaffee und war sehr darüber überrascht, wie einfach
das funktionierte. Kein Vergleich zu unserem hypermodernen Gerät in der Dienststelle,
das neben 148 Kaffeesorten auf Wunsch sogar die Aktienkurse oder Youtube-Videos
anzeigte. Nachdem ich den Kaffee hastig
Weitere Kostenlose Bücher