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Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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bleibt die Wahrscheinlichkeit eines Zusammenstoßes auf ein vernünftiges Minimum beschränkt. Außerdem hatten wir Schutzschirme gegen Meteoriten an Bord. Die Schirme konnten von der Pilotenkanzel aus abgeschossen werden. Diese Aufgabe konnte aber auch ein entsprechender Automat übernehmen, der mit dem Radar des Raumschiffs gekoppelt war.«
    »Hielten Sie diese Aufgabe für schwierig oder auch gefährlich, Herr Zeuge?«
    »Sie war weder besonders gefährlich noch besonders schwierig, Herr Richter, vorausgesetzt, daß alle Manöver reibungslos und ohne Störungen durchgeführt würden. Der Saturn und seine nähere Umgebung gilt bei uns als Schuttabladeplatz übelster Sorte, der Jupiter ist dagegen noch harmlos, aber dafür ist die Beschleunigung, die man bei den Manövern entwickeln muß, wesentlich geringer als im Perimeter des Jupiter, und das ist ein bedeutender Vorteil.«
    »Wen meinen Sie mit ›uns‹?«
    »Die Piloten, Herr Richter. Na ja, und auch die Navigatoren.«
    »Mit anderen Worten – die Kosmonauten?«
    »Ja, Herr Richter. Kurz vor zwölf Uhr Bordzeit hatten wir praktisch die Außengrenze des Rings erreicht.«
    »In seiner Oberfläche?«
    »Ja. Auf eine Entfernung von etwa tausend Kilometern. Die Bordgeräte zeigten bereits an dieser Stelle eine erhebliche Verunreinigung an. Wir hatten etwa vierhundert Mikrostaubzusammenstöße in der Minute. Programmgemäß schwenkten wir in die Roche-Grenze über dem Ring ein und begannen von der Kreisbahn aus, die faktisch parallel zur Cassinischen Teilung verlief, die Sonden abzuwerfen. Die erste schossen wir um fünfzehn Uhr Bordzeit ab und brachten sie über Radarpuls genau in den Bereich der Teilung. Diese Aufgabe fiel mir zu. Der Pilot half mir, indem er minimalen Schub beibehielt. Dadurch kreisten wir praktisch mit derselben Geschwindigkeit wie die Ringe. Calder manövrierte sehr geschickt. Er gab nur so viel Schub, wie nötig war, um das Raumschiff richtig auszurichten – mit dem Bug nach vorn. Ohne Schub wäre es sofort ins Trudeln geraten.«
    »Wer befand sich außer Ihnen und dem ersten Piloten noch im Steuerraum?«
    »Alle. Die ganze Besatzung war dort, Herr Richter. Der Kommandant saß zwischen mir und Calder, etwas näher bei ihm, weil er sich den Sessel so eingestellt hatte. Hinter ihm saßen der Ingenieur und der Elektroniker. Doktor Burns saß, glaube ich, hinter dem Kommandanten.«
    »Sie sind sich dessen nicht sicher?«
    »Ich habe nicht besonders darauf geachtet, denn ich hatte die ganze Zeit über zu tun. Im übrigen kann man vom Sessel aus auch schlecht nach hinten sehen. Die Lehne ist zu hoch.«
    »Die Sonde wurde visuell in die Teilung gelenkt?«
    »Nicht nur visuell, Herr Richter. Ich hielt über Fernsehen ständig Kontakt zu ihr. Außerdem nahm ich den Radarhöhenmesser zu Hilfe. Als ich ihre Bahnparameter berechnet hatte, stellte ich fest, daß sie richtig saß – ungefähr in der Mitte des leeren Raums zwischen den Ringen –, und sagte zu Calder, daß ich bereit sei.«
    »Daß Sie bereit seien?«
    »Ja, zum Abschuß der nächsten Sonde. Calder schaltete die Tatze ein, das Luk ging auf, aber die Sonde kam nicht.«
    »Was meinen Sie mit ›Tatze‹?«
    »Den hydraulisch bewegten Kolben, der die Sonde nach dem Öffnen des Luks aus der Außenabschußrampe stößt. Wir hatten drei solcher Rampen am Heck, und das Manöver mußte dreimal ausgeführt werden.«
    »Der zweite Satellit verließ das Raumschiff also nicht?«
    »Nein, er blieb in der Rampe stecken.«
    »Bitte, beschreiben Sie im einzelnen, wie es dazu kam.«
    »Die Reihenfolge der Operationen war folgende: Erst öffnet sich das Außenluk, dann wird die Hydraulik betätigt, und wenn die Skala anzeigt, daß der Satellit austritt, wird sein Startautomat eingeschaltet. Der Automat zündet mit hundert Sekunden Verzögerung, im Havariefall bleibt also immer noch genügend Zeit, ihn auszuschalten. Der Automat setzt einen kleinen Booster mit festem Treibstoff in Betrieb, und der Satellit verläßt mit Fünfzehn-Sekunden-Eigenschub bei einer Tonne das Raumschiff. Es kommt darauf an, daß er sich so schnell wie möglich vom Mutterschiff entfernt. Wenn der Booster ausgebrannt ist, schaltet sich automatisch das Ionentriebwerk ein, das unter der Fernkontrolle des Navigators steht. In diesem Falle hatte Calder den Startautomaten schon eingeschaltet, weil der Satellit gerade ausgestoßen wurde. Als er plötzlich steckenblieb, versuchte er den Automaten auszuschalten, aber das gelang ihm

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