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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Weiter oben hatte der Fels eine andere Farbe.
    Die Wand war nicht mehr schwärzlich und nicht mehr mit braunem, gleichsam sehr altem Grau durchsetzt. An seine Stelle trat jetzt das rostige, braungesprenkelte Rot des Diabasgesteins, das aus der Nähe schwach glitzerte. Einige Dutzend Meter noch, und die angenehme Strecke war zu Ende. Schon hatte er wieder einen Überhang über sich, der mit den wenigen Haken nicht zu schaffen war – diesmal ganz ohne Auflage. Aber Aniel hatte überhaupt nichts gehabt. Er prüfte mit dem Geigerzähler nach: Hier war Aniel nicht hochgekommen ... Also? Es blieb nur die Traverse.
    Bei flüchtiger Betrachtung kam sie einem nicht sonderlich schwierig oder gefährlich vor. Auch die Form des Pfeilers, die sich im Diabasgestein verloren hatte, tauchte wieder auf. Pirx stand nun auf einem schmalen, aber sicheren Felsband, das bis zu einer kluftähnlichen Spalte reichte und dort abbrach. Er beugte sich vor und sah, daß das Band hinter dem Überhang weiterlief, anderthalb Meter etwa, zwei Meter waren es ganz bestimmt nicht. Man mußte sich also mit dem Körper an dem abdrängenden Höcker im Gestein vorbeimogeln und sich, während man den Tritt für den rechten Fuß aufgab, mit dem linken so abstoßen, daß der rechte frei schwingend die Fortsetzung des Bandes traf. Er hielt Ausschau nach einem Platz für die Haken – gesichert wäre das Ganze nicht allzu schwierig gewesen –, aber die Wand zeigte niederträchtigerweise wieder nicht den kleinsten Riß. Er blickte hinunter: Von der Stelle aus, an der sich Massena jetzt aufhalten mußte, war die Sicherung pure Illusion. Wenn er abrutschte, würde er mindestens fünfzehn Meter tief abstürzen, und der plötzliche Ruck konnte selbst solide eingeschlagene Haken mitreißen. Und dennoch – der Zähler sagte aus, daß der Roboter diese Stelle passiert hatte. Allein! Was soll denn das heißen, Himmelherrgott noch mal! schimpfte er in sich hinein. Da drüben ist ein Band! Ein einziger großer Schritt! Los, du Schlappschwanz! Aber er stand wie angewurzelt. Wenn sich wenigstens das Seil spannen ließe, aber Pustekuchen! Er beugte sich noch einmal vor und starrte eine Sekunde lang zu der Leiste hinüber – länger vermochte er es nicht, seine Muskeln begannen zu zittern. Und wenn die Schuhsohle nicht haftet? Aniel hatte ja Stahlsohlen ... Irgendwas glitzert dort drüben – schmelzendes Eis. Muß verteufelt glatt sein. Die Vibrambesohlten hätte ich mitnehmen sollen ...
    Und mein Testament machen, murmelte er tonlos. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, sein Blick wurde starr. Zusammengeduckt, mit ausgebreiteten Armen im rauhen, unebenen Gestein Halt suchend, drückte er sich an dem Überhang vorbei und vollführte endlich den Schritt, der ihn soviel Überwindung gekostet hatte. Auf der anderen Seite angelangt, empfand er nicht einmal Erleichterung, weil er sah, was er sich da eingebrockt hatte. Der Sims war hier niedriger, also mußte man, wenn man zurück wollte, nach oben springen – und dabei an dem Buckel vorbei! Das war keine Bergsteigerei mehr, nicht einmal mehr Akrobatik, weiß der Himmel, was das war! Und Abseilen? Wenn nicht, dann ...
    Er erkannte, daß das Ganze ein großer Reinfall war, und trotzdem travesierte er weiter, solange es ging. Die Tatsache, daß er mit keiner Silbe mehr an Aniel dachte, sagte genug. Er hatte jetzt anderes im Kopf. Das Seil, das frei im Quergang hing, schwankte unter ihm, leicht gespannt, unnatürlich deutlich, übertrieben nahe und konkret, weil es sich die ganze Zeit scharf vom Grunde des Kars abhob, das am Fuße der Wand im bläulichen Dunst verschwamm. Der Sims war zu Ende, es gab weder einen Weg nach oben noch einen nach unten. Ein Zurück gab es auch nicht. So was von Glätte hab ich mein Lebtag noch nicht gesehen! dachte er mit einer merkwürdigen Gefaßtheit, die sich von seinem bisherigen Gemütszustand unterschied. Dicker konnte es ja nicht mehr kommen, es war also völlig sinnlos, sich aufzuregen.
    Er schaute sich nach allen Seiten um. Unter den Füßen hatte er eine vier Zentimeter breite Auflage, dann kam nichts mehr – bis hin zu dem undeutlichen, dunklen Fleck eines Kamins, der zum Einstieg einzuladen schien. Vier Meter Luft in einer Wand, die so massiv war und so jäh abstürzte, wie nur irgend denkbar, trennten ihn von diesem Kamin. Und das soll Granit sein! schoß es ihm wie eine Art Vorwurf durch den Kopf. Ab und zu mußte hier Wasser fließen, er entdeckte sogar Spuren davon – dunklere

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