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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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sie ohne Hast zum Fuß des Felsens.
    »Ich steige vor«, sagte Pirx. »Erst mal mit aufgeschossenem Seil. Dann werden wir weitersehen.«
    Massena nickte. Pirx blickte noch einmal zurück, um sich zu vergewissern, was Krull machte, den sie wortlos zurückgelassen hatten. Er stand noch immer an derselben Stelle, bei den Rucksäcken. Sie waren schon so hoch, daß die Landschaft der fernen Ebenen als olivgrüner Fleck hinter den Nordkämmen hervorlugte. Der Grund des Schutthangs lag noch im Schatten, nur die Gipfel waren von grellem Licht überflutet, und dieser Schein drang als durchbrochene Aureole in die Scharten des Grats, der sich majestätisch in den Himmel reckte.
    Pirx machte einen großen Schritt, sein Fuß fand Halt auf einem Vorsprung, er zog sich hoch und stieg behende aufwärts. Die ersten Meter waren wirklich nicht schwierig. Er schob sich gleichmäßig, fast träge vorwärts, an seinen Augen glitten die rauhen Felsschichten vorbei, uneben, mit dunklen Vertiefungen durchsetzt. Er stützte sich ab, hob den Körper an, zog ihn nach, und dabei spürte er den starren, eisigen Hauch der Nacht, der ihm vom Gestein entgegenschlug. Sein Herz klopfte ein wenig schneller, aber das Atmen fiel ihm leicht, und die Erwärmung, die die Muskelanstrengung mit sich brachte, bekam ihm gut. Das Seil folgte ihm nach, die reine Luft schien das Geräusch, das es verursachte, wenn es über den Felsen rieb, zu vervielfältigen. Schließlich, noch ehe das Seil zu Ende war, entdeckte Pirx einen günstigen Sicherungsplatz. Einen anderen Gefährten hätte er ohne Sicherung geführt, aber er wollte erst sehen, was Massena als Bergsteiger taugte.
    Eingekeilt stand er in einem Riß, der schräg durch den ganzen Pfeiler lief, und während er auf Massena wartete, konnte er aus der Nähe den großen Kamin einsehen, den sie seitlich liegengelassen hatten, als sie parallel dazu aufstiegen – genau hier erweiterte er sich zu einem grauen Kar und bildete eine amphitheaterförmige Mulde in der Wand. Von unten sah diese Stelle völlig uninteressant und flach aus, erst jetzt trat das vielfältig gegliederte Relief in seiner ganzen Stattlichkeit hervor. Pirx fühlte sich hier so herrlich allein, daß er wie aus dem Schlaf auffuhr, als er Massena neben sich erblickte. Er stieg gleich weiter. So ging das mehrmals, sie bewegten sich rhythmisch und in aller Gemütsruhe vorwärts; an jedem neuen Stand prüfte Pirx mit dem Geigerzähler, ob Aniel dagewesen war – und nur einmal, als er das Signal verlor, mußte er aus einem leichten kleinen Kamin umkehren, weil der Roboter diese Stelle travesiert hatte.
    Aniel war ja kein Bergsteiger gewesen, und dennoch kostete es Pirx keine Mühe, seine jeweiligen Entscheidungen zu erraten, so folgerichtig, ja logisch war der Weg im Fels, den er gewählt hatte, um so schnell wie möglich an Höhe zu gewinnen. Jedenfalls stand fest, daß Aniel es wirklich gewagt hatte, die Wand anzugehen. Pirx verschwendete nicht eine Sekunde an das Warum. Er verlor sich nie in Spekulationen, die nichts einbrachten. Allmählich begann er den Gegner kennenzulernen – gleichzeitig aber gaben ihm längst vergessen geglaubte Tricks und Kniffe, die in seinem Gedächtnis auftauchten, mit untrüglicher Sicherheit ein, wie und wann er zu handeln hatte. Selbst die Tatsache, daß er ziemlich oft die eine Hand frei machen mußte, um mit dem Geigerzähler nach der radioaktiven Spur zu suchen, bereitete ihm keinerlei Schwierigkeiten. Einmal blickte er über den Rand eines losgesprengten Felsbrockens, der aber wie festgemauert haftete, nach unten. Obwohl sie ziemlich langsam vorwärts kamen, waren sie schon echt hoch; von Krull war nur noch der Schutzanzug zu sehen, der sich als kleiner grünlicher Fleck von der grauen Geröllhalde abhob. Pirx bemerkte ihn nicht einmal sofort auf dem Grunde des Luftschachts, der sich zu seinen Füßen auftat.
    Nun folgte eine hübsche kleine Traverse. Der Aufstieg wurde schwieriger, aber mit jeder Minute gewann Pirx mehr von seinem Können zurück, das so lange Zeit brachgelegen hatte, und er verließ sich manchmal sogar schon auf seinen Instinkt und suchte nicht mehr bewußt nach den Griffen. Daß es schwieriger wurde, bewies ihm eine einzige Sekunde, da er wie bisher die rechte Hand frei machen wollte, um zum Geigerzähler am Gürtel zu fassen: Er vermochte es nicht. Er hatte nur noch einen Griff für die Linke und etwas sehr Undeutliches unter seiner rechten Schuhspitze. Da stemmte er sich so weit wie möglich

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