Pilot Pirx
Nüsse zu knacken. In die kleinen menschlichen Intrigen einzudringen, halte ich für sinnlos. Vor hundert Jahren hätte ich sicherlich beschlossen, Gelehrter zu werden. Heute kann man auf diesem Gebiet nicht mehr als einzelner arbeiten, und irgend etwas mit irgend jemandem zu teilen entspricht nicht meiner Natur. Eure Welt ist für mich entsetzlich öde und leer und nur als Ganzheit des Einsatzes wert. Demokratie ist die Herrschaft von Intriganten, von Dummköpfen gewählt, und eure ganze Unlogik zeigt sich in der Jagd nach dem Unmöglichen – ihr möchtet, daß die Zahnräder einer Uhr über ihren übergeordneten Lauf entscheiden! Ich habe mir überlegt, was ich von der Macht hätte. Herzlich wenig, denn es ist ein zweifelhafter Ruhm, über solche Wesen zu herrschen! Wenig, aber besser als nichts. Eure ganze Geschichte also in zwei Teile zu teilen, vor mir und nach mir, sie völlig umzukrempeln, sie in zwei unzusammenhängende Teile zu zerreißen, damit ihr begreift und daran erinnert werdet, was ihr mit euren eigenen Händen tatet, indem ihr mich schuft, wozu ihr euch erkühntet, als ihr den Bau einer dem Menschen ergebenen Puppe aushecktet – das ist, so glaube ich, nicht die allerschlechteste Vergeltung. Bitte, verstehen Sie mich nicht falsch – ich habe durchaus nicht vor, ein Tyrann zu werden, zu wüten, zu vernichten und Kriege zu führen! Nichts dergleichen! Sobald ich die Macht errungen habe, werde ich demonstrieren, daß es keine noch so sinnlose Tollheit, keine noch so augenscheinlich absurde Idee gibt, die ihr nicht als die eure akzeptiertet, so sie euch nur entsprechend aufgedrängt wird. Ich setze, was ich beschlossen habe, nicht durch Gewalt in die Tat um, sondern durch den vollständigen Umbau der ganzen Gesellschaft, damit nicht ich oder eine bewaffnete Übermacht, sondern die einmal geschaffene Situation selbst euch zu Dingen zwingt, die mehr und mehr mit meiner Absicht korrespondieren. Ihr seid zunächst einmal ein einziges Welttheater, doch bald wird, wie das bei euch stets der Fall ist, die Schauspielerei, wenn sie euch einmal aufgezwungen wird, zu eurer zweiten Natur werden, und ihr werdet nichts anderes mehr kennen als eure neuen Rollen, und ich allein werde der Zuschauer sein, der alles durchschaut. Ja, nur der Zuschauer, denn ihr könnt aus der Grube, die ihr euch mit eigenen Händen gegraben habt, nicht so schnell wieder herausfinden, und damit wird meine aktive Teilnahme an jener Umwandlung erschöpft sein.
Wie Sie sehen, bin ich ehrlich, aber nicht verrückt – ich verrate Ihnen meine Idee nicht. Die Vorbedingung dafür wäre, daß die Pläne der Elektronenfirmen durchkreuzt werden, und Sie werden mir dabei helfen. Wenn Sie diese Zeilen lesen, werden Sie empört sein, aber als sogenannter Mensch mit Charakter werden Sie beschließen, weiterhin auf eine Weise vorzugehen, die für mich – rein zufällig! – von Vorteil ist. Ausgezeichnet! Ich würde Ihnen gern konkret dabei unter die Arme greifen, aber das ist gar nicht so einfach, da ich an mir leider keinerlei Mängel entdecken kann, die es Ihnen ermöglichen würden, den entscheidenden Sieg davonzutragen. Ich fürchte mich eigentlich vor nichts, physischer Schmerz ist mir unbekannt, ich bin in der Lage, mein Bewußtsein beliebig auszuschalten und in eine Art Scheinschlaf zu versinken, der ein Nichtexistieren ist – bis zu dem Zeitpunkt, da mein selbsttätiges Zeitmaßsystem mein Bewußtsein wieder einschaltet. Ich kann den Lauf meiner Gedanken verlangsamen und beschleunigen, beinahe um das Sechsfache im Vergleich zum Tempo der Prozesse im menschlichen Gehirn. Neue Dinge lerne ich mit der allergrößten Leichtigkeit, weil ich sie nicht erst durch ein allmählich zu steigerndes Training zu festigen brauche. Wenn ich mir, einmal angenommen, einen Wahnsinnigen aus der Nähe betrachtete, dann könnte ich mich ohne die geringste Anstrengung ebenfalls in einen solchen verwandeln, indem ich jede Gebärde und jedes Wort nachahmte, und was das wichtigste ist, ich könnte, und sei es nach Jahren, ebenso plötzlich wieder aus dem Spiel aussteigen. Ich möchte Ihnen sagen, wie man mich besiegen kann, aber ich fürchte, es ist einfacher, in einer analogen Situation einen Menschen zu besiegen. Der Umgang mit Menschen bereitet mir keinerlei Schwierigkeiten, wenn ich mir den Befehl dazu erteile. Das Zusammenleben mit anderen Nichtlinearen würde mir schwerer fallen, und zwar deshalb, weil sie nicht eure gewöhnliche »Redlichkeit« haben. Ich muß
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