Pilot Pirx
bestimmt verstehen, daß jeder von uns einfach begierig ist, in Erfahrung zu bringen, wer von den anderen ein Mensch ist und wer nicht.«
»Ja.«
»Während der Startvorbereitungen habe ich den Reaktor überprüft, und als Sie, Calder, Brown und Burns in die Systemkammer hinunterstiegen, wechselte ich gerade die Blenden aus. Als ich Sie sah, kam mir ein Gedanke.«
»Ja?«
»Ich hatte eine Probe bei der Hand, die ich aus dem heißen Reaktorinnern entnommen hatte, weil ich die Zerfallsverunreinigungskontrolle durchführen mußte. Es war nicht viel, aber ich wußte, daß eine ganze Menge Strontiumisotopen darin enthalten waren. Als ihr reingestiegen seid, hab ich sie also mit der Pinzette aufgenommen und dann zwischen zwei Bleiziegel gelegt, die oben auf dem Regal an der Wand standen. Haben Sie sie nicht bemerkt?«
»Doch. Und was weiter?«
»Ich konnte sie natürlich nicht genau ausrichten, auf jeden Fall aber mußtet ihr alle ein Strahlenbündel durchqueren, das ziemlich schwach war, aber immerhin wahrnehmbar, selbst mit einem wenig empfindlichen Geigerzähler oder sogar mit einem gewöhnlichen Strahlenmesser. Nun, ich war damit nicht rechtzeitig fertig geworden, und Sie und Burns waren schon weitergegangen, aber die anderen, Calder und Brown, stiegen gerade erst die Treppe hinunter, so daß nur die beiden durch die unsichtbare Strahlung hindurch mußten. Brown schaute auf einmal zu den Bleiziegeln hinauf und beschleunigte seine Schritte.«
»Und Calder?«
»Der reagierte nicht.«
»Das ergäbe einen Sinn, wenn man wüßte, ob die Nichtlinearen einen Strahlenmesser besitzen.«
»Wollen Sie mir eine Falle stellen? Sie glauben folgendes: Wenn ich nicht weiß, ob sie einen haben, dann bin ich ein Mensch, und wenn ich es weiß, dann bin ich keiner! Nichts dergleichen! Es ist nur sehr wahrscheinlich, denn wenn sie uns in keinerlei Weise überlegen wären, wozu hätte man sie dann überhaupt bauen sollen? So ein zusätzlicher radioaktiver Sinn könnte doch sehr nützlich sein, besonders in einem Raumschiff. Die Konstrukteure haben sicherlich daran gedacht.«
»Sie sagen also, Brown hätte so einen Sinn?«
»Ich wiederhole: Ich bin nicht sicher. Es kann schließlich auch Zufall gewesen sein, daß er seine Schritte beschleunigte und da hinaufsah, aber an einen solchen reinen Zufall glaube ich kaum.«
»Noch was?«
»Vorläufig nichts. Ich unterrichte Sie, wenn ich etwas bemerke, sofern Sie es wünschen.«
»Gut. Ich danke Ihnen.«
Thompson erhob sich und verschwand in der Dunkelheit. Pirx blieb allein. Die Sache ist also die ..., faßte er rasch zusammen. Brown behauptet, ein Mensch zu sein, Thompson wiederum sagt, er sei keiner, er selbst gibt zwar seine Identität nicht preis, suggeriert aber, daß er ein Mensch ist – jedenfalls wäre das ein einleuchtendes Motiv für sein Vorgehen. Ich habe das Gefühl, daß ein Nichtmensch dem Kommandanten, einem Menschen also, nicht so bereitwillig einen zweiten Nichtmenschen verraten würde, obwohl ich schon ziemlich schizophren bin und obwohl mir allmählich alles möglich erscheint. Doch weiter: Burns sagt, er sei kein Mensch. Bleiben also Burton und Calder. Vielleicht halten sich beide für Marsbewohner? Was bin ich eigentlich: Kosmonaut oder Quizspieler? Aber eines steht immerhin fest: Keiner von ihnen hat auch nur ein Quentchen irgendeiner Information darüber aus mir herausgequetscht, was ich zu tun beabsichtige, worauf ich mir nicht mal etwas einbilden kann, denn ich habe nicht aus Schläue geschwiegen, sondern deshalb, weil ich selbst keinen blassen Schimmer habe, was ich machen soll. Ist es denn wirklich so wichtig, sie alle zu identifizieren? Kaum.
Das könnte ich mir wohl sparen, ich muß sie ja sowieso alle auf die Probe stellen und nicht nur einen oder zwei. Die einzige Information, die etwas mit der Sache zu tun hat, stammt von Burns – nämlich daß die Nichtlinearen in puncto Intuition ausgesprochene Nieten sind. Ob das stimmt, weiß ich nicht, aber versuchen kann man’s ja mal. Aber dieses »mal« muß ich so arrangieren, daß es ganz natürlich aussieht. Und echt wiederum wird so ein Fall nur wirken, wenn er fast unabwendbar ist. Kurzum, es gilt Kopf und Kragen zu riskieren ...
Im lilafarbenen Halbdunkel betrat Pirx die Kajüte und tastete nach dem Schalter. Er brauchte nicht daraufzudrücken, denn als seine Hand näher kam, schaltete sich das Licht von selbst ein.
Jemand war vor ihm hiergewesen. Anstelle der Bücher, die auf dem Tisch gelegen
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