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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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Kabel – sehr ordentlich und gleichmäßig – aufgespult war.
    Der Bugteil der Sonde war deformiert, er war mit der Abplattung fest in der Rampe eingekeilt. Als Ursache fand man lediglich folgende Erklärung: Offensichtlich sei der Booster daran schuld gewesen, denn er sei nicht in der Achse ausgebrannt. Die Sonde, von heftigem Seitenschub vorwärts gestoßen, sei so unglücklich gegen den Rand des Ausstoßluks geschlagen, daß ihr Kopf dabei plattgedrückt und deformiert wurde. Aber die Sonde verklemmte sich vor dem Zünden des Boosters und nicht danach! In diesem Punkt gab es für mich keinen Zweifel, aber niemand fragte mich danach. Was Quine betrifft, so war er sich darin nicht ganz sicher, und die anderen Menschen durften in dieser Sache nicht aussagen, da sie keinen direkten Zugang zur Steuerung und zu den Instrumenten hatten.
    Die Sonde einzuklemmen, ohne irgendwelche Spuren zu hinterlassen – das war im übrigen ein Kinderspiel. Man brauchte nur ein paar Eimer Wasser durch den Ventilationsschacht in die Rampe zu schütten. Das Wasser lief zum Luk, gefror um die Sonde herum und schweißte sie durch einen Ring aus Eis mit dem Rand des Ausstoßluks zusammen. Die Temperatur des Luks ist ja genau so niedrig wie die Temperatur des Vakuums. Calder schlug bekanntlich mit der Tatze sehr heftig auf den Sondenkörper. Zu diesem Zeitpunkt war sie noch keineswegs eingeklemmt, aber er saß ja an der Steuerung, und keiner konnte das nachprüfen. Er machte im Grunde genau dasselbe, was ein Schmied beim Nieten macht. Der Bug der Sonde, der fest in dem Eisring saß, deformierte sich, verbreiterte sich und wurde breitgeklopft wie ein Nietenkopf. Als der Booster zündete, stieg in der Rampe sofort die Temperatur: Das Eis schmolz, das Wasser verdunstete, und von der ganzen geschickten Manipulation blieb nicht die geringste Spur zurück.
    Von alledem wußte ich während der Havarie noch nichts. Die Häufung der Zufälle kam mir allerdings etwas seltsam vor: Daß gerade die zweite Sonde ausfiel und nicht die erste oder die dritte, daß das Kabel zwar die Zündung des Boosters ermöglicht, aber gleichzeitig das Ausschalten des Sondentriebwerks vereitelt hatte – es war der Zufälle ein bißchen zuviel. Die Havarie überraschte mich völlig, zum Nachdenken kam man kaum. Dennoch zuckte mir blitzartig der Gedanke durch den Kopf, ob nicht vielleicht eine Verbindung zwischen den Vorfällen und dem anonymen Brief bestünde. Sein Verfasser hatte mir »Hilfe« versprochen, er stand, wie er mir geschrieben hatte, auf meiner Seite, er wollte beweisen, daß Wesen seiner Art für die Raumfahrt ungeeignet seien. Auch in diesem Punkt besitze ich keinerlei Beweise, aber ich glaube, daß dieser Brief von Calder stammte. Gewiß, er stand auf meiner Seite, aber einen Verlauf der Ereignisse, der gezeigt hätte, daß er ungeeignet, und zwar schlechter sei als ein Mensch – das wünschte er sich nicht. Die Möglichkeit einer Rückkehr auf die Erde, nach der ich, sein Flugkapitän, mich hingesetzt und eine disqualifizierende Beurteilung über ihn geschrieben hätte, schloß er von vornherein aus. Unsere Ziele stimmten mithin nur bis zu einem bestimmten Punkt der Route überein, dann trennten sich unsere Ambitionen.
    In seinem Brief hatte er mir zu verstehen gegeben, daß uns eine Art Bündnis vereine. Aus dem, was er von mir und über mich gehört hatte, folgerte er, daß auch ich die Chance in Erwägung zog, die mir ein an Bord arrangierter Unfall bot – als Tauglichkeitstest für die Mannschaft. Er war also ganz sicher, daß ich die Havarie, die sich so günstig anbot, ausnutzen würde. Hätte ich das getan, hätte ich mir mein eigenes Grab geschaufelt.
    Was war der Beweggrund für diesen Schritt? Menschenhaß? Vielleicht bereitete ihm dieses Spiel auch Vergnügen, ein Spiel, in dem ich, sein offizieller Vorgesetzter und geheimer Verbündeter, in Wirklichkeit genau das tun würde, was er von vornherein geplant hatte – auch für mich geplant? Er war jedenfalls sicher, daß ich versuchen würde, die Havarie zu nutzen, um die Besatzung »auf die Probe zu stellen«, selbst wenn ich den Verdacht hegte, daß Sabotage im Spiele war.
    Was konnte ich in diesen Augenblicken tun? Selbstverständlich konnte ich den Befehl zur Umkehr geben oder auch verlangen, der Pilot solle noch einmal versuchen, die letzte Reservesonde auf eine Umlaufbahn zu bringen. Der Befehl zur Rückkehr wäre gleichbedeutend gewesen mit dem Verzicht, meine Leute unter schwierigen

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