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 Pilot Pirx

Pilot Pirx

Titel: Pilot Pirx Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stanislaw Lem
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zu bleiben. »So kann ich nichts sagen.«
    »Aber wenn die Neigung fünfundvierzig Grad überschritten hatte, war die Stabilität nicht wiederherzustellen«, beharrte Seyn. »Ist es nicht so?«
    »Auf meinem ›Cuivier‹ nicht unbedingt. Man kann den Schub über die zulässige Grenze hinaus steigern.«
    »Eine Steigerung über zwanzig und mehr kann tödlich sein.«
    »Sicher. Aber ein Absturz aus fünftausend Metern muß .«
    Damit endete dieses kurze Wortgeplänkel. Unter den Lampen, die trotz des Tageslichts brannten, schwebten flache Rauchschwaden. Sie hatten sich Zigaretten angezündet.
    »Nach Ihrer Meinung konnte Klyne die Steuerung noch übernehmen, aber er hat es nicht getan. Ist das richtig?« Damit kehrte Hoyster zum Ausgangspunkt zurück.
    »Wahrscheinlich konnte er.«
    »Halten Sie es für möglich, daß Sie ihn durch Ihr Eingreifen irritiert haben?« warf Seyns Stellvertreter ein, ein Mann vom Agathodaemon, den Pirx nicht kannte. Waren alle Hiesigen gegen ihn? Selbst das konnte er begreifen.
    »Ich halte es für möglich. Zumal dort, in der Steuerkabine, die Leute durcheinanderschrien. So sah es aus.«
    »Nach einer Panik?« fragte Hoyster.
    »Diese Frage kann ich nicht beantworten.«
    »Warum nicht?«
    »Bitte hören Sie die Bänder ab. Es war so undeutlich. Geräusche, die man verschieden auslegen kann.«
    »Konnte die Bodenkontrolle nach Ihrer Meinung noch irgend etwas tun?« fragte Hoyster mit eisiger Miene. Die Kommission schien in zwei Lager gespalten. Hoyster war von der Großen Syrte.
    »Nein, nichts.«
    »Ihr eigenes Verhalten straft Ihre Behauptung Lügen.«
    »Nein. Die Kontrolle hat nicht das Recht, die Entscheidungen des Kommandanten in einer solchen Situation zu beeinflussen. In der Steuerkabine kann die Sache ganz anders aussehen als unten.«
    »Sie geben also zu, gegen die Vorschriften gehandelt zu haben?« fragte Seyns Stellvertreter noch einmal.
    »Ja.«
    »Warum?« fragte Hoyster.
    »Vorschriften sind für mich nicht heilig. Ich verhalte mich immer so, wie ich es für richtig halte. Dafür bin ich schon zur Verantwortung gezogen worden.«
    »Von wem?«
    »Vom Tribunal der Kosmischen Kammer.«
    »Aber Sie wurden freigesprochen?« mutmaßte Boulder. Hie Große Syrte, dort Agathodaemon. Das lag auf der Hand.
    Pirx schwieg.
    »Ich danke Ihnen.«
    Er nahm etwas abseits Platz, denn nun berichtete Seyn und nach ihm sein Stellvertreter. Bevor sie fertig waren, kamen die ersten Bänder aus dem Flugkontrollgebäude und telefonische Meldungen über den Stand der Arbeiten am Wrack. Es stand bereits fest, daß es keine Überlebenden gab, aber zur Steuerkabine war man noch nicht vorgedrungen: Sie steckte elf Meter tief im Boden. Das Abhören der Bänder und das Protokollieren der Berichte dauerte ohne Unterbrechung bis sieben Uhr. Dann wurde eine einstündige Pause eingelegt. Die Leute von der Syrte fuhren in Begleitung von Seyn zum Unfallort. Romani hielt Pirx im Vorübergehen auf.
    »Kommandant ...«
    »Ja?«
    »Sie haben hier zu niemandem ...«
    »Bitte, sagen Sie so etwas nicht. Der Einsatz ist zu hoch«, unterbrach ihn Pirx. Der andere nickte.
    »Sie bleiben vorläufig zweiundsiebzig Stunden hier. Wir haben das schon mit der Basis abgesprochen.«
    »Mit der Erde?« Pirx war überrascht. »Ich habe nicht den Eindruck, daß ich noch helfen könnte ...«
    »Hoyster, Rahaman und Boulder wollen Sie in der Kommission haben. Sie sind doch einverstanden?«
    Alles Leute von der Syrte.
    »Selbst wenn ich wollte, ich kann nicht«, antwortete er, und damit trennten sie sich.
    Abends um neun kam man wieder zusammen. Die kompletten Aufzeichnungen der Bänder waren dramatisch, und noch mehr der vorgeführte Film, der alle Phasen der Katastrophe festgehalten hatte, von dem Augenblick an, da der grüne Stern des »Ariel« im Zenit aufgetaucht war. Danach faßte Hoyster sehr lakonisch die bisherigen Untersuchungsergebnisse zusammen.
    »Es scheint wirklich ein Versagen des Computers vorzuliegen. Wenn er auch nicht auf übliche Weise Meteoritenalarm gegeben hat, so hat er sich doch so verhalten, als läge ›Ariel‹ auf Kollisionskurs mit irgendeiner Masse. Die Aufzeichnungen beweisen, daß er die zulässige Schubkraft um drei Einheiten überschritten hat. Warum, wissen wir nicht.
    Vielleicht wird die Steuerkabine weitere Aufschlüsse bringen.« (Er dachte an die Registrierstreifen aus dem Raumschiff; Pirx war in dieser Beziehung sehr skeptisch.) »Was in den letzten Augenblicken in der Steuerkabine vor sich

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