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Pilze für Madeleine

Pilze für Madeleine

Titel: Pilze für Madeleine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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Oberbegriff für in der Erde verborgene Pilze. Sie werden im allgemeinen durch Tiere verbreitet, die vom Geruch angelockt werden. Die Sporen sind im Pilzinnern verborgen und wachsen oft erst, nachdem sie den Darm der Tiere passiert haben.
     
    Bodil Mossberg u.a., Pilze in Natur, Kultur und Küche

8
    Vater meldete sich ab und zu per Telefon und berichtete begeistert von seinem Leben in Südfrankreich. Zum Schloß gehörten große Ländereien mit Weinbergen und Feldern. (Madeleine besaß also nicht nur eine ungewöhnliche Schönheit, sondern auch ein ansehnliches Vermögen.) Aber was Vater wirklich imponierte, war, daß ein Teil des Besitzes aus Wald bestand. Aus altem, nahrungsreichem Eichenwald mit einem großen Vorkommen an Perigordtrüffeln.
    Vater erzählte aufgeregt von diesem für einen Nordländer ziemlich exotischen Pilz. Geheimnisvoll und schwer zu finden, brütet er seinen Schatz im unterirdischen Dunkel aus, unerreichbar für die menschlichen Sinne. Es braucht ein Verbindungsglied zwischen Mensch und Pilz: ein Tier. Das Schwein, der Hund und die Fliegen sind empfänglich für den Duft des Trüffels und verraten dem Menschen, wo er wächst.
    In den letzten Jahrzehnten hatte niemand nach Trüffeln gesucht, aber die älteren Menschen des Dorfes erzählten, daß man früher reiche Ernten des schwarzen Goldes bergen konnte. Leider war Vater nach Frankreich gekommen, als die Trüffelsaison gerade zu Ende war, aber im nächsten Jahr würde er sich auf die Suche machen. Bis dahin hätte er sich einen guten Trüffelhund zugelegt. Die waren schwer zu finden und nur zu einem hohen Preis, aber Vater war ja jetzt ein vermögender Schloßherr.
    Im Laufe des Sommers wurden Vaters Telefongespräche kürzer. Ich bekam den Eindruck, daß er sich in seinem neuen Heimatland nicht mehr so wohl fühlte, und vielleicht auch nicht in seiner neuen Ehe. Seinen vorsichtigen Andeutungen konnte ich entnehmen, daß er und Madeleine sich nicht mehr so gut verstanden, was mich freute.
    Er hatte auch Sprachprobleme. Vater sprach so gut wie kein Französisch, und es gefiel ihm nicht, auf Madeleine als Dolmetscherin angewiesen zu sein.
    Aber mit der Verköstigung schien er zufrieden zu sein. Wenn Vater neben Pilzen und Frauen noch ein Interesse hatte, dann war es Essen und gute Weine. Und von beidem bekam er nun reichlich.
     
    Im September kamen Vater und Madeleine zur Pilzsaison nach Hause. Sie würden drei Wochen bleiben, und während dieser Zeit mußten wir zusammen in der Kate wohnen.
    Vater hatte sich verändert. Er wirkte aufgedunsen und kraftlos und war auch nicht so redselig wie früher.
    Die Verpflanzung in französische Erde schien ihm nicht bekommen zu sein.
    Madeleine hingegen strahlte mehr denn je. Ihre braunen Haare waren gewachsen, ihre Brüste kamen mir fester und größer vor, und das Lächeln auf ihren Lippen glitt in mich hinein, in meinen Bauch und mein Geschlecht, wie eine Blindschleiche, die in einen hineinkriecht, während man schläft.
    Und dabei war ich gerade im Begriff, sie zu vergessen. Hatte gerade akzeptiert, daß ich mein Glück anderswo suchen mußte, daß ich aktiver werden mußte, mich weiter weg bewegen mußte als bis zur Cafeteria der Tankstelle, vielleicht sogar an einem Freitag zum Tanzen ins Stadthotel von Borås fahren – ausgerechnet da kam sie zurück. Und machte alle meine Pläne zunichte. Ich begriff, daß es für mich nur eine einzige Frau gab. Ohne sie war das Leben nicht wert, gelebt zu werden.
    Die Stimmung in der Kate war nicht gut.
    Daß die Ehe von Vater und Madeleine nicht harmonisch war, wurde mir sehr schnell klar. Aus seinem Zimmer, das nun das eheliche Schlafzimmer war, hörte ich oft Streit. Meistens hörte ich Madeleines Stimme. Ich genoß ihre Uneinigkeit, aber auf die Dauer wurde es lästig, sie streiten zu hören.
    An manchen Abenden verließ ich deshalb unsere Kate. Es war zu dunkel für einen Spaziergang, den ich am liebsten gemacht hätte. Ich setzte mich also unter eine Tanne und wartete geduldig, bis das Licht in Vaters Zimmer ausging und das Geschrei verstummte. Dann wartete ich noch eine Weile, um auch die anderen Geräusche nicht hören zu müssen, die immer auf ihre Versöhnung folgten und die genauso unangenehm waren wie ihr Streit, dann schlich ich müde und frierend in die Kate und in mein einsames Bett zurück.
    Morgens lief Madeleine mit einem über der Brust geknoteten Badetuch umher, oder in Unterwäsche, die aus einem Luxusbordell hätte stammen können. Ich

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