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Pilze für Madeleine

Pilze für Madeleine

Titel: Pilze für Madeleine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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unerreichbar für mich.«
    Vater lachte auf.
    »Unerreichbar? Es gibt keine unerreichbaren Frauen. Du hast nicht die richtige Technik angewandt.«
    »Ich habe überhaupt keine Technik angewandt. Das nützt nichts. Sie ist unerreichbar für mich. Das ist ein unlösbares Problem, Vater.«
    »Es gibt für alle Probleme eine Lösung, auch für dieses«, sagte er.
    »Und was schlägst du für eine Lösung vor, Vater?«
    »Pilze.«
    Ich schaute ihn erstaunt an.
    »Pilze?«
    Vater nickte zufrieden. Weiße Täublingkrümel hingen in seinem struppigen Schnurrbart, und die braunen Wieselaugen glitzerten.
    Und dann erzählte Vater mir vom Höhlenpilz.
    »Es ist ein Schleimpilz. Eßbar, aber fast geschmacklos. Die Konsistenz ist ein bißchen unangenehm. Ein Eßlöffel davon in eine Mahlzeit eingerührt genügt, um eine Frau wahnsinnig vor Begehren zu machen.«
    »Ist das wirklich wahr?« fragte ich mißtrauisch.
    Vater nickte.
    »Der Effekt ist beinahe erschreckend. Ich spreche aus Erfahrung. Aber du solltest selbst nichts davon essen. Er wirkt auf die weiblichen Geschlechtshormone, bei Männern ist die Wirkung negativ. Wir Männer haben ja bekanntermaßen auch weibliche Hormone, und …«
    »Ja, ja«, sagte ich ein wenig ärgerlich, denn ich merkte, daß Vater anfing, mir eine seiner Vorlesungen zu halten, aber in diesem Moment wollte ich nur eines wissen:
    »Wo findet man diesen Höhlenpilz?«
    Ich versuchte, nicht allzu interessiert zu klingen, aber innerlich jubelte ich schon. Diesen Pilz mußte ich haben!
    »Ich meine, hier bei uns gibt es doch gar keine Höhlen«, fügte ich hinzu.
    »Und du hast in diesem Wald gespielt, seit du sechs bist!« schnaubte Vater. »Typisch, daß du sie nicht entdeckt hast.«
    »Daß ich was nicht entdeckt habe, Vater?«
    Wieder mußte ich an mich halten, um nicht übereifrig zu wirken.
    Da erzählte Vater, daß es tatsächlich eine kleine Höhle im Wald gab. Ich war auf unseren Ausflügen schon oft an ihr vorbeigekommen, aber sie war so gut unter Büschen und Sträuchern verborgen, daß man sie nicht bemerkte, wenn man nicht wußte, daß sie da war.
    Ich dankte ihm für den Tip.
    »Ist es Agneta Bengtsson?« fragte Vater und zwinkerte verschwörerisch.
    Agneta Bengtsson? Der Birkenpilz? Sie hatte ich total vergessen. Aber er sollte es ruhig glauben.
    »Tja, vielleicht«, murmelte ich. ’ »Das ist gut, Gunnar«, brummte Vater und boxte mich leicht auf die Schulter.
    Ich boxte zurück, und dann rauften wir zum Spaß ein bißchen auf dem Waldweg.
    Ich überlegte, wie es wohl wäre, sich ernsthaft mit Vater zu prügeln. Wer würde gewinnen? Ich war jünger, größer und stärker. Aber Vater hatte die bessere Kondition und war erstaunlich beweglich. Und er hatte das Reaktionsvermögen einer Kobra.
    Plötzlich packte er mich am Handgelenk.
    »Das mit dem Höhlenpilz bleibt zwischen uns, nicht wahr? Ich meine, es könnte meinem Ruf schaden, wenn herauskäme, daß ich mich solcher Mittel bediene, aber manchmal müssen wir der Natur ein wenig auf die Sprünge helfen, nicht wahr?«
    »Ich werde nichts verraten, Vater.«
    Er ließ mich los. Ich massierte mein Handgelenk und streckte Vater die Hand hin.
    »Ich verspreche es«, sagte ich.
    Er nahm meine Hand und antwortete mit einem festen, männlichen Handschlag.
    Wir kamen aus dem Wald und gingen das letzte Stück auf dem Schotterweg nach Hause. Wir sprachen über alles mögliche, ich war bester Laune, Vater ebenfalls.
    In diesem Moment dachte ich nicht daran, aber hinterher, als wir zu Hause waren, merkte ich, daß etwas auf dem Weg zur Kate anders gewesen war. Ich konnte nicht sagen, was.
    Plötzlich aber wußte ich, was es war. Wir waren an Utboms Haus vorbeigekommen. Und der Hund hatte nicht gebellt.

Höhlenpilz
     
    Pilze, die man in Höhlen findet, sind nicht zu vergleichen mit Pilzen aus dem Wald. Es handelt sich um mikroskopische Algen- und Schleimpilze, eigenartige Grenzgänger zwischen dem Tier- und Pflanzenreich.
     
    Lars-Erik Åström, Höhlen in Schweden

10
    Seit dem Abendessen, bei dem Vater verkündet hatte, daß er Madeleine heiraten würde, hatte ich mich in einem Nebel der Verwirrtheit befunden. Die Tage waren einer in den anderen geflossen, ich hatte nichts lesen können, ging nicht in den Wald, bin kaum aus dem Bett aufgestanden.
    Aber seit Vater mir den Tip mit dem Höhlenpilz gegeben hatte, war alles anders. Ich summte vor mich hin, trug freiwillig den Müll hinaus und schälte Kartoffeln, ja, ich war sogar bereit, Vaters

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