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Pilze für Madeleine

Pilze für Madeleine

Titel: Pilze für Madeleine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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Moped nach Hause und ging nie wieder zum Riesenstein.

Schwarzschimmel (Aureobasidium pullulans)
     
    Dies ist ein sehr häufig auftretender Schimmelpilz – wächst vor allem an dem Wetter ausgesetzten Holzfassaden (mit und ohne Anstrich), kann aber auch im Hausinneren auf feuchten und kühlen Flächen vorkommen.
     
    Johan Mattsson, Schimmelpilz in Gebäuden

16
    Es regnete tagelang in Strömen, die Wege verwandelten sich in Bäche. Die Pilze verschimmelten oder wurden von Schnecken gefressen. Im Wald roch es nach Tod.
    Und doch ging ich täglich mehrere Stunden spazieren, bis ich naß und durchgefroren war. Ich war auf eine merkwürdige Art traurig. Etwas war in mir, was da nicht hingehörte, etwas Fremdes, das versuchte, sich nach außen zu nagen.
    Vater war nach Frankreich gefahren, um Madeleine zu begraben. Ich war allein in der Kate.
    Eines Tages ging ich in Vaters Zimmer. Seit dem schicksalhaften Abend, als ich auf Vaters Bett gelegen und die zitternde Madeleine in meinen Armen gehalten hatte, war ich nicht mehr dort gewesen. Es war Vormittag, aber das Zimmer war dunkel wie am Abend.
    Ich machte die Lampe auf Vaters Schreibtisch an. Der Wind pfiff im Schornstein, Regenschauer schlugen gegen die Scheibe.
    Planlos ging ich an den Bücherregalen entlang und las die Titel auf den Buchrücken. Ich blätterte in Pilzbüchern, in Mappen mit Vaters Vorträgen und in seinen schwarzen Heften mit Aufzeichnungen über Funde und Beobachtungen.
    Schließlich fand ich etwas Interessantes.
    Aus Vaters dickem Buch »Die Kryptogamen« ragte ein Buchzeichen heraus, und ich schlug die markierte Seite auf.
    Kleingedruckter Text mit jeder Menge lateinischer Bezeichnungen. Ich hätte weitergeblättert, wären da nicht Vaters Unterstreichungen gewesen. Eine primitive Pilzart wurde beschrieben. Vater hatte unterstrichen »halb durchsichtig, geleeartig« und »lebt auf organischem Material unter Felsen oder in Spalten und Höhlen mit schwachem Licht.« Etwas weiter unten hatte er wieder etwas unterstrichen: »Die Art enthält ein starkes Gift.
    Vergiftungsfälle sind jedoch nicht bekannt, weil der Pilz nicht zum Verzehr einlädt.«
    Am Rand hatte Vater mit seiner charakteristischen, vorwärts strebenden Handschrift eine Bemerkung gemacht: »Höhle?« Die Buchstaben beugten sich vor wie Sprinter im Startblock.
    Ich warf einen Blick auf Vaters Buchzeichen: Eine Karte, die in der Zeitschrift »Das Beste« gelegen hatte und einen aufforderte, in ihren Buchklub einzutreten. Ich hatte tatsächlich darüber nachgedacht, die Karte auszufüllen und abzuschicken, es wäre doch bequem, Bücher nach Hause geliefert zu bekommen. Aber bevor ich das tun konnte, war die Karte verschwunden. Das muß vor ungefähr zwei Monaten gewesen sein. Kurz bevor Vater mir vom Höhlenpilz erzählte.
    Ich erinnerte mich genau, wie wir zusammen durch den Wald gegangen waren und wie zwei Männer miteinander gesprochen hatten. Wie wir uns die Hand gegeben und dann auf dem Schotterweg zurück zur Hütte gegangen waren. Und Utboms Hund hatte nicht gebellt.
    Hatte er seither überhaupt noch gebellt? Ich dachte nach. Es war so viel passiert, Madeleine, die Polizei und alles. Ich war oft an Utboms Haus vorbeigekommen. Aber an Hundegebell kann ich mich nicht erinnern.
    Ich verließ Vaters Zimmer, zog meine Regenjacke an und ging aus dem Haus.

17
    Wir hatten, seit wir in der Kate wohnten, noch nie mit Einar Utbom gesprochen.
    Tag und Nacht wachte der schreckliche Hund vor seinem Haus, aggressiv, unterernährt und äußerst hellhörig. Als Kind blieb ich manchmal stehen und betrachtete Utboms bellenden Hund. Der Hund damals war schwarz, nicht graubraun, wie der darauffolgende, aber auch der war leicht zu reizen und cholerisch, und ich merkte es gar nicht, als auf einmal ein anderer da war. Die Seele des alten Hundes schien in den Körper des neuen übergegangen zu sein. Als ob sie für immer an diese Laufleine gekettet wäre und in jedem von Utboms Hunden weiterlebte.
    Ich stand auf der Straße und studierte den Hund, der an seiner Leine zerrte und sich in eine Raserei hineinsteigerte, die ihn zu sprengen drohte. Was hätte er getan, wenn ich dem Bellen, den gefletschten Zähnen und dem gurgelnden Knurren getrotzt hätte und zum Haus gegangen wäre. Hätte er mich in Stücke gerissen?
    Über Einar Utbom wußte ich nicht viel. Ich wußte nicht, wie lange er schon in seinem Haus wohnte, ob er als Erwachsener hingezogen oder dort geboren war. Vermutlich letzteres.
    Wenn er denn

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