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Pilze für Madeleine

Pilze für Madeleine

Titel: Pilze für Madeleine Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hermanson
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wandte ihr den Rücken zu und zog meine Unterhosen an. Verkehrt herum, ich mußte sie noch einmal ausziehen.
    »Was machst du?« fragte Agneta.
    Ich zog die Jeans an.
    »Willst du jetzt gehen? Habe ich etwas falsch gemacht? Sag doch wenigstens was.«
    »Es hat nichts mit dir zu tun, Agneta. Mit mir stimmt etwas nicht. Es ist in mir drinnen. Ich bin vielleicht verrückt, ich weiß nicht. Du bist so hübsch, und ich … ich mag dich schrecklich gern. Aber wir können nie etwas anderes als Freunde sein. Jetzt weißt du es. Und außerdem hast du ja Christer Svedje.«
    Sie setzte sich auf und schnaubte.
    »Pah. Christer Svedje!«
    Ich mußte daran denken, wie unschuldig sie bei Vaters Pilzausflügen ausgesehen hatte. Sie trug eine kindische Haarspange im birkenpilzbraunen Haar und bot mir heiße Schokolade aus ihrer Thermosflasche an. Und dann mußte dieser Rohling von Christer Svedje sich ständig auf sie drauf setzen. Pfui Teufel!
    »Ist er gut, Christer?« fragte ich wütend und zog meinen Pulli an.
    »Wie gut?«
    »Vögelt er gut.«
    »Aber hör mal, Gunnar, so etwas fragt man nicht.«
    »Doch, ich darf das fragen. Ist er gut? Bist du nach den Pilzausflügen zu ihm nach Hause gegangen?«
    Die Eifersucht machte mich fast wieder scharf.
    »Manchmal. Aber es war nichts Ernstes, das habe ich doch gesagt.«
    »Das ist mir scheißegal, ob es was Ernstes war. Ihr habt nach den Pilzausflügen gevögelt. Ist er gut, habe ich gefragt?«
    »Du mußt schon verstehen, daß ich nichts über unser Zusammenleben erzählen werde. Das mußt du respektieren«, sagte sie erwachsen.
    Zusammenleben! Was für ein Wort. Das hatte sie bestimmt im Fernsehen gehört.
    »Gerade noch hast du gesagt, daß es nichts Ernstes war, und jetzt redest du plötzlich von Zusammenleben. «
    Darüber mußte sie offenbar nachdenken, denn sie schwieg eine Weile.
    »Man kann ein Zusammenleben haben, obwohl es nichts Ernstes ist«, entschied sie schließlich.
    »Ist er gut?« wiederholte ich und war wieder auf die gleiche Schallplattenrille gesprungen.
    Sie seufzte laut und antwortete nicht.
    »Er ist also gut«, zischte ich. »Aber du kannst von mir nicht erwarten, daß ich wie Christer Svedje bin. Von mir bekommst du nichts, kapierst du das?«
    Ich ging zur Tür, blieb stehen, ging zurück zum Bett und nahm mein Badetuch, das zusammengeknäult am Fußende lag. Ging wieder zur Tür.
    »Bis später.«
    »Aber ich erwarte doch gar nichts, Gunnar. Absolut nichts.«
    Sie weinte jetzt, wie ich zu meinem Erstaunen feststellte. Scheiße. Ich konnte nicht einfach gehen, wenn eine Frau weinte.
    Ich ging zu ihr hin und setzte mich auf die Bettkante, sie war unter die Decke gekrochen und hatte sie bis zum Kinn hochgezogen. Ich nahm ihre Hand und sagte wütend:
    »Wenn hier jemand Grund zum Weinen hat, dann bin ich es.«
    »Dann wein doch«, schniefte sie. »Niemand hindert dich am Weinen.«
    Wir sagten nichts mehr. Agneta weinte leise. Ich saß auf der Bettkante und starrte in das graue Sommerdunkel. Dann zog ich mich wieder aus und kroch zu ihr ins Bett.
    Nach einer Weile rutschte ich näher an sie heran und legte den Arm um ihre Taille. Ihre letzte Antwort »Niemand hindert dich am Weinen« klang noch in mir nach, und in der Stille bekam sie Tiefe und Gewicht. Es klang wie der Titel eines Buchs oder eines Films. Oder wie die erste Zeile eines Gedichts. In diesem Satz war etwas Befreiendes. Ein Rhythmus, eine Ruhe.
    »Niemand hindert dich am Weinen«, dachte ich.
    Und dann muß ich eingeschlafen sein.
     
    Wir hatten die Rollos nicht heruntergezogen, und die aufgehende Sonne erfüllte das Zimmer mit einem merkwürdigen Licht, rötlich und unwirklich, wie von einem fremden Planeten. Ich sah Dinge, die ich im Dunkeln nicht gesehen hatte: an der Wand lehnten zwei Badmintonschläger, von der Decke herab baumelte ein gelber Fliegenfänger, auf der Fensterbank stand eine Porzellanfigur, ein Esel, der einen Wagen zog.
    Mein Inneres war eine leere Fläche. Es gab keine Vergangenheit, kein Versagen, keine sterbenden Frauen. Christer Svedje hatte nie existiert. Ich war wie reingewaschen, ausgespült. Ein warmer Körper ohne Gedanken, aber voller Lust und ganz auf die Anwesenheit dieses anderen Körpers gerichtet.
    Agneta lag auf dem Rücken, warm vom Schlaf und entspannt. Ihre Brustwarzen glichen den Marzipanrosen, mit denen man Torten dekoriert, und ihre Haare waren immer noch feucht vom Salzwasser. Sie drehte sich im Schlaf mit einem Wimmern zu mir um und kuschelte sich an meine

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