Pinguine lieben nur einmal
sehne ich mich mit jeder verdammten Pore meines Körpers nach mehr und schäume vor Lust auf ihn fast über. Ich will, dass er es verdammt noch mal bemerkt, entsprechend reagiert und mir mehr gibt. Dabei weiß ich gar nicht, was mehr eigentlich bedeutet. Heißt mehr nur mehr anfassen, oder heißt mehr gleich alles, also Sex? Mich überkommt ein Schauer vor Aufregung, wenn ich daran denke, mit Janosch zu schlafen. Aber es ist nicht unbedingt positiv-erregte Aufregung, sondern vielmehr ängstliche. Ich fühle mich wie mit sechzehn, als ich auf mein erstes Mal zusteuerte.
Ich rufe Sophie an, und wir unterhalten uns drei Stunden lang.
Wir finden, dass Sex ohne Liebe nicht geht, wollen aber nicht weiter darüber diskutieren, weil es in eine Unterhaltung münden würde, bei der man halbkluge Sex-and-the-City -Weisheiten sagen würde, die auf unseren Erfahrungsstand nicht übertragbar sind. Ich finde es lächerlich, wenn Menschen um die zwanzig etwas von Sex ohne Liebe geht nicht oder Das war doch bloß Sex oder Männer und Frauen können keine Freunde sein schwafeln. Diese Diskussionsthemen sollte man den Meg Ryans und Sarah Jessica Parkers dieses Planeten überlassen.
Aber weil wir nun mal daran glauben, dass man nur dann mit jemandem schlafen sollte, wenn man auch in ihn verliebt ist, haben sowohl Sophie als auch ich, seitdem wir unsere ersten Beziehungen hinter uns gelassen haben, keine weiteren Erfahrungen gemacht.
»Wer sagt denn, dass Janosch nicht ähnliche Sorgen plagen? Er ist zwar fast fünfundzwanzig, aber bestimmt ist es… na ja… schwieriger für ihn, eine Freundin zu haben. Vielleicht hatte er noch keine?«
»Glaube ich nicht«, sage ich. »Er wirkt nicht so, als wäre irgendetwas neu für ihn.«
Kaum habe ich ausgeredet, werde ich von Emotionen überschüttet. Wer waren diese anderen Mädchen, mit denen Janosch vielleicht schon vor mir zusammen war? Waren sie besser als ich? Haben sie ihm etwas gegeben, das ich ihm nicht geben kann?
Sophie sagt, ich würde das schon hinbekommen. Irgendwann sei es für mich normal, Janosch anfassen zu wollen. Ich bräuchte mich auch nicht dafür schämen, das zu wollen. Schäme ich mich dafür? Mag sein. Aber ich will schon. Sehr sogar. Allein daran zu denken, ist so schön, dass ich strahlend wie Plutonium in meinem Zimmer sitze und herzförmige Löcher in Decke und Wände starre.
Es ist Mittag. Es ist Freitag. Es ist schön.
Ich bin bei Janosch. Wir liegen auf seinem Bett, er streichelt mein Haar und küsst meine Finger, einen nach dem anderen, und mein Hirn ist schwer damit beschäftigt, sexuelle Assoziationen aller Art abzublocken.
Als ich auf die Uhr sehe, bereue ich es sofort. Die Position der Zeiger lässt mich laut und genervt stöhnen.
»Ist es schon zwei?«, fragt er.
»Nein«, lüge ich.
Er schmunzelt und drückt mir einen Kuss auf die Stirn. »Na, los. Ich komme mit dir.« Er steht vom Bett auf.
NEIN ! Hiergeblieben!
»In die Uni?«, frage ich.
»Ja«, Janosch zieht Pulli und Schuhe an und verlässt den Raum.
Ich eile hinter ihm her, binde mir die Haare zusammen und brauche ein paar Sekunden, bis ich bemerke, dass ich jetzt wieder im echten Leben bin. »Warum?«, frage ich.
»Besprechung.«
»Bist du heute ein Mann vieler Worte?« Ich greife nach seiner Hand.
Langsam küsst er mich auf den Mund und fragt: »Willst du, dass ich mehr rede?« Noch ein langsamer Kuss.
»Na, unter diesem Aspekt betrachtet, ist Schweigen natürlich super.« Ich strecke mich und küsse zurück.
»Finde ich auch.«
Janosch grinst schön. Wenn er grinst, gehört er mir ganz allein.
»Du , Janosch …« Da geistert diese Frage in meinem Kopf herum, ich muss ihn einfach fragen, aber ich weiß partout nicht wie. »Ich meine, wir zwei, du und ich …« Mein Mut verfliegt. Ich sollte mich einfach damit zufriedengeben, dass er gerne bei mir ist und mich gerne küsst. Reicht doch. Ist doch perfekt. Da muss ich kein Beziehungsgespräch vom Zaun brechen. Das wäre auch völlig überflüssig, wenn alles so perfekt ist und ich zufrieden bin. »Was hast du für eine Besprechung?«, wechsele ich schnell das Thema.
Er gibt mir meine Jacke und zieht seine eigene an. »Mit einem Uniangestellten, der mir und noch ein paar anderen die Reader-Texte entweder in Brailleschrift oder in Hörversionen umwandelt.«
»So was geht?«, frage ich mit einem Ausmaß an Taktgefühl.
»Sonst wäre ich wohl kaum so weit gekommen.«
»Wow!«
»Feli, das geht heutzutage supereinfach. Ich habe
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