Pinguine lieben nur einmal
flüstere ich.
»Ja.«
»Und? Glaubst du ihr? Vielleicht habe ich sie ja bestochen, damit sie das sagt.« Ja, ich bin urkindisch von Zeit zu Zeit.
»Es ist mir egal, ob du die schönsten Lippen hast, die sie je gesehen hat.« Er ist so schroff. Und das nicht von Zeit zu Zeit, sondern in regelmäßigen Abständen. Ein Tag ohne Schroffheit ist ein verlorener Tag! »Es ist mir wichtig, dass es die schönsten Lippen sind, die ich je geküsst habe.«
HAT ER DAS WIRKLICH GESAAAAAAAAGT ??? Mein Kopf fühlt sich an wie Götterspeise (mit Vanillesoße). Ich habe also eben entweder einen Hirntod überlebt oder mich noch ein bisschen mehr verliebt.
»Oh Gott, das war gerade verdammt schnulzig oder?«, sagt er grinsend, kratzt sich die Schläfe und schließt dann einfach wieder die Augen, so als hätte er mir eben nur mal nebenbei mitgeteilt, dass die Butter alle sei. Dabei hat er soeben dafür gesorgt, dass mein Sprachzentrum ausgefallen ist. Allerdings nur ganz kurz. Nach drei Sekunden kann ich wieder reden.
»Nein. Manchmal sagst du sehr schöne Sachen.«
»Ja, einmal pro Schaltjahr kann sogar ich nett sein.«
»Und dieses eine Mal hast du an mich verschwendet?«
»Nein. Nicht verschwendet .«
»Willst du irgendwann in den nächsten vier Jahren noch mal nett zu mir sein?«
»Wenn es nach dir ginge, wäre ich die ganze Zeit lustig und nett, oder?«
Ich stimme in sein Lachen ein und stütze den Kopf auf der Hand ab. »Ja«, sage ich bestimmt.
»Ich fürchte, das geht nicht.«
Ich muss noch mehr lachen und sage: »Aber es nervt, wenn du immer so ernst und sarkastisch bist.«
Janosch seufzt. »Tja, so bin ich eben. Ich bin nur lieb, wenn keiner zuhört. Damit mein Gangsterimage unangetastet bleibt. Ja, was dachtest du, warum ich im Bus immer einen Platz angeboten bekomme. Die haben alle Angst vor mir, ich bin knallhart.«
Ich pruste los und verstumme dann, Sorry murmelnd.
»Warum entschuldigst du dich? Ich sage es doch, damit du lachst.« Er seufzt.
Nachdem wir mehrere Stunden ruhig sind (ja, ich weiß, dass es in Wahrheit– wenn überhaupt– nur mehrere Minuten sind), nehme ich das Buch wieder auf und lese weiter.
ICH HATTE SCHON VERGESSEN, WIE SCHÖN DAS IST
Janosch und ich befinden uns natürlich gerade in der Phase, in der ich mir unendlich viele Gedanken über diese Sind-wir-jetzt-zusammen-oder-nicht-oder-wie-oder-was?-Sache machen sollte.
Mir ist das allerdings äußerst schnuppe. Wichtig ist, was Fakt ist. Und Fakt ist, dass Janosch und ich uns sehr oft sehen, uns zu Beginn ein- oder zweimal pro Treffen küssen und nach einer Woche schon nicht mehr die Finger voneinander lassen können, wenn ich ihn besuche. Ich gehe immer zu ihm, denn das mit ihm bei mir funktioniert nur suboptimal. Der Ordnungszustand meines Zimmers lässt zu wünschen übrig, deshalb ist es Sperrgebiet für Janosch.
Aber nicht nur meine Unordnung steht Janoschs Besuchen bei mir im Wege. Auch Cem ist ziemlich nervig und kein besonders gönnerhafter Mitbewohner für Verliebte. Entweder stellt er dumme Beziehungsfragen, sobald Janosch in der Nähe ist, oder er meckert konsequent darüber, dass er sich von übermäßiger Liebe belästigt fühlt.
Das müsste ich mir mal erlauben, wenn er den siebten Himmel in unsere WG bringen würde. Wenn ich es wagen würde, Cem zu sagen, seine Liebe belästige mich, dann müsste ich mir garantiert eine dreistündige Predigt zum Thema Gönnen und Freundschaft anhören.
Janosch und ich sehen uns wie erwähnt oft. Jeden Tag. Nicht lange, bloß zwei oder drei Stunden. Es sind einfache, schlichte, wunderschöne Treffen. Wenn ich sage, dass wir nicht die Finger voneinander lassen können, dann meine ich damit nicht, dass wir uns die Kleider vom Leib reißen und uns Sauereien in die Ohren säuseln. Nein. Es ist ganz anders. Wir liegen auf seinem Bett, ich sehe ihn an, er hat die Augen zu. Manchmal lese ich, und er hört zu. Oder er streichelt mein Haar, und ich halte seine Hand. Hin und wieder macht Janosch eine Ausnahme von seiner Einmal-im-Schaltjahr-Regel und sagt liebe Sachen zu mir.
Er berührt mein Haar, mein Gesicht, meine Hände, aber nie mehr. Deshalb traue ich mich nicht, ihn intensiver anzufassen. Was das betrifft, bin ich altmodisch, fast reaktionär. Der Mann macht die ersten Schritte. Das ist nun mal so, Emanzipation hin oder her. Frauen wollen nicht zuerst rangehen, weil sie Angst davor haben, als wollüstig abgestempelt zu werden.
Das Problem ist nur: Wenn ich bei Janosch bin, dann
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