Pinguine lieben nur einmal
wenn du willst.« Er deutet auf den Wasserkocher und geht dann in sein Schlafzimmer. Himmel, Arsch und Zwirn… ins Schlafzimmer! Und eins ist ja wohl klar: Wer von sechzehn bis dreiundzwanzig ein und dieselbe Freundin hatte, der hatte nicht nur mit fünfmillionenprozentiger Wahrscheinlichkeit schon mal Sex, sondern bestimmt auch noch guten. Man ist dann ja eingespielt. Und traut sich was. Ich dagegen traue mich nichts. Weil ich verklemmt bin. Mit Sicherheit hatten die beiden sieben Jahre lang sieben Mal in der Woche, ach Quatsch, sieben Mal am Tag atem- und pausenlosen… NEIN ! Jetzt ist aber mal genug.
JETZT SAG SCHON
Das wird man zu Beginn einer Beziehung ja wirklich ständig gefragt. Weil immer etwas Neues passieren kann und sich stets die Frage stellt, ob, wann und wie dieses Neue bereits passiert ist. Ich ziehe es vor, mich vor der Antwort auf diese Frage ein wenig zu zieren.
»Sag mal, wo warst du denn heute Nacht?«, will Cem von mir wissen.
Den Zeitpunkt für diese Frage hat er geschickt gewählt. Sophie ist nämlich zu Besuch, und die Information überrascht sie so dermaßen, dass ihr die Kinnlade herunterfällt.
Sie bombardiert mich mit einem langgezogenen WAAAAAAS ?? Als ich nicht sofort antworte, zupft sie mich am Ärmel und fleht: » JETZ SAG SCHON !«
Der einzige Grund, warum ich nicht längst losgebrüllt und ausschweifende Anekdoten erzählt habe, ist die simple Tatsache, dass es nichts Glorreiches zu erzählen gibt. Trotzdem gebe ich schließlich nach und fasse den schönen, schlichten Abend zusammen: »Also, wir waren essen, danach haben wir bei ihm Tee getrunken, und als wir dann in seinem Bett gelegen haben, habe ich ihn gefragt, ob ich jetzt echt hoch in mein Zimmer gehen muss. Er hat nein gesagt, und dann bin ich in einem T-Shirt von ihm mit dem Kopf auf seiner Brust eingeschlafen.«
Das ist zwar wirklich schon alles, was passiert ist, aber was ich dabei gefühlt habe, strotzt jeder Beschreibung. Einfach nur dazuliegen und zu merken, wie man einschläft und dabei nicht alleine ist, mit seiner Hand auf meinem Rücken und meiner Hand auf seinem nackten Bauch.
Ich erzähle Cem und Sophie von Janoschs Sieben-Jahre-Ex, und Sophie schließt daraus mit jubelndem Unterton: »Na, das heißt, dass er auf jeden Fall weiß, wie man eine Beziehung führt!«
Ich weiß noch nicht, ob das etwas ist, worüber ich jubeln will. Bestimmt, ganz bestimmt, habe ich keine Chance gegen die Sieben-Karo, die Karo Sieben. HA ! Die ist im Kartenspiel am wenigsten wert!
MAL WIEDER SIMON
Als ich eine Woche später am Freitagabend zu Janosch möchte, habe ich Pech. Die Wohnungstür ist nur angelehnt, als ich hineinluge und seinen Namen rufe, doch ist es Simon, der mir, ohne dass ich ihn sehen kann, weil er hinter der Küchenzeile hockt, winkt und »Hallo, Feli« sagt. »Janosch ist noch nicht wieder hier. Er scheint heute länger wegzubleiben.«
»Ach so.« Ich drehe mich in der Wohnungstür hin und her, setze mich schließlich auf einen Küchenstuhl und sehe Simon dabei zu, wie er Zucker in eine der Dosen umfüllt. Mein unglaublich scharfer Verstand hat soeben ausgearbeitet, wie ich Janoschs Abwesenheit zu meinem Vorteil nutzen kann. »Darf ich dich mal was fragen, Simon?«
»Klar. Was du willst!«
»Seit wann kennst du Janosch eigentlich?«
»Ich hab mit zwanzig Zivi bei einer Behindertenhilfsorganisation gemacht und dort seine Mutter kennengelernt. Sie ist sehr engagiert, musst du wissen. Irgendwann hat sie mir Janosch vorgestellt, und die Leitung der Organisation hat mich, na ja, sie haben mich zu seinem persönlichen Zivi gemacht, wenn du so willst. Er war nicht besonders begeistert, aber er hatte erst angefangen zu studieren und brauchte viel Hilfe– das konnte er sich natürlich nicht eingestehen. Ich habe anschließend eine Ausbildung zum Behindertenpfleger gemacht. Aber ich komme nicht beruflich zu Janosch, die Initiative ist privat.«
»Heißt das, du machst das alles umsonst?«
Simon grinst. »Eigentlich ja. Es bedeutet mir nun mal viel. Janosch ist für mich ein guter Freund. Ich weiß nicht, was ich für ihn bin, er ist nicht der nach außen Gekehrte, daher weiß ich es nicht. Ich helfe einfach gerne. Seine Mutter gibt mir Geld, obwohl ich ihr immer sage, dass sie das nicht tun soll. Sie hat mich auch gebeten, es ihm nicht zu verraten, also behältst du es vielleicht lieber für dich.«
Ich überlege. Das Gespräch ist in eine ganz andere Richtung gelaufen, als ich geplant hatte. Ich wollte
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