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Pinguine lieben nur einmal

Pinguine lieben nur einmal

Titel: Pinguine lieben nur einmal Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kyra Groh
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Fingereinpiksen nirgendwo in die Weiten des Bindegewebes nachgibt und seine Muskeln überall fest sind. Es ist herrlich, mit Janosch zusammen zu sein. So herrlich, dass ich gerade, ohne mich uralt zu fühlen, das Wort herrlich benutzt habe.
    »Wie läuft bei dir Weihnachten ab?«, frage ich und senke das Kinn auf seine Brust.
    »Wie im Bilderbuch«, sagt er, »zumindest gemäß der Wunschvorstellung meiner Mutter. Sie kocht ungefähr drei Jahre lang und verbarrikadiert schon morgens das Wohnzimmer. Niemand darf mehr herein, weil angeblich das Christkind drin ist. Tagsüber schmückt sie den Baum, der, hab ich mir sagen lassen, toller, größer und schöner ist als der vorm Rockefeller Center. Am späten Nachmittag kommt dann Pia mit ihrer Familie, und Paul tickt komplett durch.«
    »Ja, wenn kleine Kinder dabei sind, macht man immer einen größeren Wirbel.«
    »Du kennst meine Mutter nicht. Sie hat vor Paul dieselbe Show abgezogen, und da war ich schon volljährig.«
    »Das ist doch schön. Ich hätte gerne wieder ein Weihnachten, das ist wie in meiner Kindheit. Bei uns gibt es nicht mal mehr einen Baum und auch keine richtigen Geschenke, meistens Geld.«
    »Ich wünschte, mir würde mal jemand einfach nur Geld schenken. Aber meine Mutter würde jeden mit der Höchststrafe belegen, der am heiligen Fest der Liebe so etwas Liebloses wie Geld verschenkt. Sie selbst überschüttet ihren Enkel zwar mit Geschenken im Wert von mehreren hundert Euro, aber Geld schenken kommt überhaupt nicht in Frage. Ich werde überhäuft mit DVD s, Hörbüchern, Musik- CD s und Klamotten und was weiß ich.«
    »Hast du dir dieses Jahr etwas gewünscht?« Ich punkte meinen Namen auf seine unverschämt muskulöse Brust. Diese Schwimmerei macht ihn noch zu Schwarzenegger 2.0.
    »Nö. Ich habe keine Wünsche. Ich bin kein großer Weihnachtsfan. Von den Festtagen fühle ich mich jedes Mal etwas diskriminiert.«
    Ich grummele und drücke meine Fingernägel in seine Seite. Er lacht sein War-nur-ein-Scherz-Lachen, das er immer dann benutzt, wenn das, was er vorangehend gesagt hat, nicht nach meinem Humor war.
    »Was steht denn auf deiner Wunschliste?«
    Ich erzähle von meinem elektronischen Amazon -Wunschzettel, auf dem sich CD s und Gesellschaftsspiele tummeln. In schmolligem Ton füge ich hinzu: »Meine Mutter findet das kindisch. Sie hat gesagt, ich könnte die Sachen einfach selbst bestellen und die Rechnung an sie schicken lassen.« Das hat sie mir letzte Woche am Telefon verkündet, nachdem sie gefragt hat, was ich mir wünsche, und ich ihr von der Internetseite erzählt habe. Eine echt unromantische Mama habe ich da.
    Janosch stöhnt. »Ich wünschte, meine Mutter wäre so pragmatisch.«
    »Was kann ich dir schenken?«, frage ich ihn direkt.
    »Das passt jetzt aber nicht zu deiner Vorstellung vom romantischen Weihnachten!«
    »Mir fällt nichts ein.«
    »Ich möchte gar nichts.«
    »Lüg nicht.«
    »Ich lüge nicht. Ich will wirklich nichts. Was denn auch? Noch mehr intellektuelle Hörbücher und Pullover mit total angesagten Querstreifen?«
    »Du musst dir doch irgendwas wünschen? Von mir…« Vielleicht aber auch nicht. Vielleicht antwortet er ja gleich wie Edward Cullen alias Robert Pattinson in dieser einen Twilight -Verfilmung: »Du gibst mir schon alles, indem du atmest.« Da ich allerdings nicht die Absicht hege, das mit dem Atmen in absehbarer Zukunft aufzugeben, ist es irgendwie kein besonderes Geschenk, für Janosch damit weiterzumachen.
    »Ich wünsche mir nichts.«
    »Dann sag mir etwas, das du dir nicht wünschst.«
    Janosch zwickt mich spielerisch in den Unterarm. »Es ist echt nicht besonders leicht, mir was zu schenken, ich weiß das. Erstens, weil… nun ja, die Auswahl ist irgendwie beschränkt, und zweitens, weil ich Arschloch genug bin, um zu sagen, wenn ich es scheiße finde.«
    »Wirklich?«
    »Klar. Schon mal die ganzen Leute gesehen, die zwischen den Jahren im Media Markt rumwuseln?«
    »Ja.«
    »Das sind alles Verwandte von mir, die Hörbücher umtauschen wollen, weil ich ihnen gesagt habe, dass ich Kafka nicht ausstehen kann.«
    PAPA
    »Also bleibst du die ganzen Ferien über zu Hause?«, frage ich, als Janosch vom Bettrand aufsteht und seine Jeans anzieht.
    »Auf jeden Fall über die Feiertage, vielleicht auch länger. Kommt darauf an, wie lange ich es aushalte, dreimal am Tag an ausgewogene, kohlenhydratreiche Ernährung erinnert zu werden.«
    Mich hat noch nie jemand an kohlenhydratreiche Ernährung erinnert.

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