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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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habe einen von ihnen niedergeschossen.«
    »Gibst du jetzt nicht an?«
    »Nein«, entgegnete der Schmächtige beflissen. »Meine zwei Begleiter können das bezeugen.«
    »Wenn sie nicht weiter ihre verdammten Lügen verbreiten«, schränkte Ginty ein.
    »Die Krauts haben den Verwundeten vorsichtig in den Jeep gelegt«, berichtete Jimmy weiter. »Ich denke, ich hab' ihn ordentlich erwischt.«
    Der Vernehmende nickte. Er nahm das Soldbuch, schlug es auf und zeigte, ohne selbst einen Blick darauf zu werfen, dem Jungen das Foto. »Schau es dir genau an«, forderte er ihn auf. »War er dabei?«
    »Ja«, bestätigte Jimmy.
    »Bist du ganz sicher?«
    »Absolut«, versicherte der Junge zerknirscht.
    Ginty drehte das Soldbuch um. Der Name Panizza, den er las, traf ihn einen Moment lang wie ein Stromstoß.
    Bruno Panizza – aus Südtirol – Fallschirmjäger.
    Er hatte noch Jacks farbige Schilderung im Ohr, wie die vier Verwundeten mit den Koch-Banditen in der Via Sistina umgesprungen waren, bevor sie sich dann schleunigst auf die Socken gemacht hatten, um Rom hinter sich zu lassen.
    Das mußten sie geschafft haben, Ginty hielt den Beweis in den Händen. Er ließ den Jungen abführen.
    »Paß auf, Bill«, wandte er sich dann an den ClC-Offizier. »Die Männer, die wir suchen, müssen nach Norden oder Westen getürmt sein, doch der Norden war wegen des Kreisverkehrs verbaut; also rollten sie zurück, um bei der ersten Gelegenheit nach Westen auszubüchsen. Vermutlich sah das Ganze so aus: Drei Amerikaner beförderten einen verwundeten PoW, dem es dreckig ging. Eigentlich hätten sie ihn loswerden müssen, aber die grünen Teufel lassen ihre eigenen Leute nicht so leicht im Stich.«
    Der Abwehroffizier nickte.
    »Wenn sie die Frechheit hatten, in US-Uniform herumzufahren«, fuhr Ginty fort, »dann waren sie sicher auch unverschämt genug, ihren verwundeten Kameraden in einem Lazarett abzuliefern. Lass alle Frontlazarette abfragen – vielleicht finden wir den Burschen. Ich lasse jetzt sofort die Fahndung abblasen, damit wieder Ordnung in unseren Aufmarsch kommt.«
    Ginty gab einen Funkspruch in das Hauptquartier der 5. Armee:
    FAHNDUNG NACH DEUTSCHEN IN US-UNIFORM SOFORT EINSTELLEN. FALL WURDE VON OSS ÜBERNOMMEN UND GEKLÄRT.
    Er war sicher, daß Jacks problematischer italienischer Vetter an dieser blamablen Affäre beteiligt war.
    Er rief Dr. Aldo Sasselli in Rom an: »Wie alt ist Ihr Schwager Bruno?« fragte er.
    »Knapp über 20«, erwiderte der Arzt.
    Ginty nannte das genaue Geburtsdatum und den Geburtsort.
    »Ja«, bestätigte der Arzt. »Das dürfte stimmen. Ist etwas los mit Bruno?« fragte er besorgt.
    »Nein, nein«, beruhigte ihn der OSS-Agent. »Ganz im Gegenteil.«
    »Meiner Frau geht es sehr schlecht. Wir haben gerade erfahren, daß Anna Marias Bruder Nino als Mitglied des ›Centro X‹ gefallen ist.«
    »Das tut mir aufrichtig leid«, entgegnete Ginty und legte nach ein paar höflichen Worten auf.
    Kurze Zeit später teilte ihm der CIC-Oberleutnant mit, daß ein deutscher Verwundeter namens Kopatsch von drei MP-Soldaten einer Streife übergeben worden sei und in einem US-Frontlazarett versorgt wurde.
    »In welchem?« fragte Ginty.
    »Bei Vicarella.«
    Der kleine Ort lag ein wenig weiter westlich der Mitte zwischen Livorno und Pisa, nur wenige Kilometer von der Pineta di Tombolo entfernt, und das war sicher das Ziel der Verwegenen. Der halsbrecherische Coup, den sie sich geleistet hatten, ging auf Kosten seines Landes; aber Craig Ginty kam nicht umhin, den jüngsten Panizza und seine Begleiter zu bewundern. Es wäre auch sicher nicht im Sinn von Jack gewesen, der heute Nacht Kopf und Kragen riskierte, wenn er seine beiden Vettern fast gleichzeitig verloren hätte.
    Den ganzen Tag lang ging alles glatt, obwohl es auf den Straßen vor Streifen der faschistischen Miliz gewimmelt hatte. Deutsche Patrouillen waren weniger zu sehen gewesen; wer von den Feldgrauen oder Kakifarbenen des früheren Afrika-Korps noch ein Gewehr tragen konnte, wurde in die etwa 30 Kilometer weiter südlich tobende Rückzugsschlacht geworfen.
    Pluto, der Mann mit der Igelbürste, hatte sein dümmstes Gesicht aufgesetzt wie eine Brille; er stank nach Schweinen, die abscheuliche Abfälle fraßen. Manchmal führte er auf der Straße halblaute, unzusammenhängende Selbstgespräche. Die Passanten hielten ihn für ein wenig wirr im Kopf und gingen ihm sicherheitshalber aus dem Weg. Seinem Begleiter im verdreckten blauen Kittel wurde auch nicht

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