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Pinien sind stumme Zeugen

Pinien sind stumme Zeugen

Titel: Pinien sind stumme Zeugen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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eines dieser Himmelfahrtskommandos. Als General Donovan eine eigene Agenten-Crew zusammenstellte, war der Amerikaner zusammen mit seinem SAF-Kumpel Charly Poletto dem ›Office of Strategie Service‹ beigetreten, was beide Experten schon bald bereuen sollten.
    Die erste US-Untergrundeinheit erwies sich als ein vorwitziger Haufen von Dilettanten. Die Operation ›Blow up‹ sollte in Zusammenarbeit mit italienischen Lotsen als Vorbereitung für die beabsichtigte Offensive auf Rom die Nachschublinie von Genua weiter nach Süden unterbrechen. Der Kampfauftrag, den Eisenbahntunnel bei La Spezia zu sprengen und dadurch die deutsche Nachschublinie auch auf der Nebenstrecke mindestens für Wochen, wenn nicht Monate zu blockieren, war tatsächlich von entscheidender strategischer Bedeutung; um so wichtiger war Panizza die sorgfältige Vorbereitung erschienen.
    Die Hauptstrecke über den Brenner hatten – bei Flugwetter – die Bomberpulks unter Kontrolle. Von 419 Transporten aus dem deutschen Reichsgebiet erreichten nur 71 die Verladestationen hinter der Front. Alle anderen waren zerbombt worden oder wegen zerstörter Brücken auf freier Strecke liegen geblieben. In einem einzigen Monat kamen von 21.000 Güterwagen nur 8.000 ans Ziel, und das bedeutete für die deutschen Truppen extremen Mangel an Sprit, an Munition, an Ausrüstung. Die früheren Bundesgenossen, die zur Besatzung Italiens geworden waren, mußten sich weitgehend aus dem hungernden Land ernähren.
    Der Operationsraum der 18 Amerikaner lag im Gebiet der 135. deutschen Festungsbrigade, die zum LXXV. Armeekorps gehörte und von der faschistischen Miliz unterstützt wurde. Die meisten Italiener hatten den Krieg und ihre Verbündeten, die ihn weiterführten, wiewohl er nicht mehr zu gewinnen war, satt bis oben hin. Schon nach dem Badoglio-Putsch waren von römischen Straßenkehrern Tausende faschistischer Parteiabzeichen zusammengefegt worden. Inzwischen hatte sich die Resistenza – die Widerstandsbewegung – formiert und vor allem in den Berggegenden des Apennin und in Oberitalien Stützpunkte geschaffen, von denen aus sie Teilgebiete beherrschte. Da die Widerstandsgruppen untereinander zerstritten waren und bereits Machtkämpfe von morgen austrugen, wußten die Alliierten nur wenig mit ihnen anzufangen.
    Der OSS-Trupp I war jetzt fast eine Stunde an Land, hatte an die vier Kilometer zurückgelegt und näherte sich dem Weiler nahe der Ortschaft Calambrone, dem verabredeten Treffpunkt mit der ›Forza-e-Patria‹-Gruppe. Die Männer gingen nicht mehr im Gänsemarsch; sie folgten dem Anführer wie die Schafe dem Leithammel.
    »Seid ihr wahnsinnig?« Panizza versuchte sie noch einmal auseinander zuziehen. »Wenn euch die Italiener in eine Falle locken, stolpert ihr hinein wie Schlachtvieh.«
    »Shut up and go ahead!« versetzte der Leithammel. »There is a lot to do.«
    Sie hatten wirklich eine Menge vor sich, vor allem wenn sie sich schnappen ließen. Der Mann aus Manhattan trug als einziger, entgegen dem Befehl, keine US-Uniform unter den Zivilklamotten und wäre deswegen beinahe im letzten Moment wegen Befehlsverweigerung zurückgeschickt worden. Wie von selbst lockerte sich der Abstand, sei es, daß seine Mitagenten schneller liefen oder Panizza den Schritt verlangsamte.
    Er war jetzt gut zweihundert Meter hinter dem Gros zurück und nutzte jede Deckung, nach allen Seiten sichernd, hellwach und beunruhigt. Natürlich konnte alles gut gehen, aber die Wahrscheinlichkeit einer tödlichen Panne war weitaus größer.
    Die Silhouette des Weilers kam in Sicht. Das breite Tor stand offen. Ein Kettenhund kläffte wütend, sonst war nichts zu hören. In dem entlegenen Gebäude brannte kein Licht. Wenn die Italiener die Absprache einhielten, müßte hier das Fahrzeug parken, das sie nach La Spezia bringen sollte.
    Jetzt kam der kritische Moment, der über Erfolg oder Misserfolg entscheiden würde.
    Der Kommandoführer gab seinen Leuten einen Wink, stehenzubleiben und den Feuerschutz zu übernehmen, Panizza haute sich in eine Erdmulde und sah aus sicherer Deckung gespannt – gut 300 Meter entfernt – zum Hoftor hin.
    Aus dem Schatten des Gebäudes schälte sich ein großer, fast unförmiger Mann. »Va bene«, rief er dem Führer des Kommandotrupps zu. »Tutto e arranciato.«
    Der Angerufene drehte sich nach seinen Leuten um, winkte ihnen zu. Sie schlossen zu ihm auf, schulterten ihre Maschinenpistolen, schoben die Handfeuerwaffen wieder in die Taschen. In ihrer

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