Pinien sind stumme Zeugen
US-Division, ausgerechnet aus dem großmäuligen Texas, hatte sich im ersten Einsatz als besonders hasenfüßig erwiesen. Dagegen galten die französischen Kolonialtruppen als äußerst tapfer. Nach der Würdigung eines englischen Kriegsberichters waren die Marokkaner und Algerier ›berühmt für Blutdurst, Härte, Nahkampf und Kehlenschnitt‹. Die Nordafrikaner waren ein Horror für Freund und Feind, und vor allem für die italienische Zivilbevölkerung, nicht nur deshalb, weil sie mit nacktem Oberkörper kämpften und sich die Haare zu Zöpfen flochten, an denen der Prophet sie im Falle des Heldentodes sofort ins Paradies zöge, sondern weil sie in den eroberten Dörfern mitunter Frauen bis ins höchste Alter vergewaltigten und, so sie keine vorfanden, sich auch an Männern vergingen.
Als der Oberbefehlshaber der 5. US-Armee, der hünenhafte General Clark – der aussah und auftrat, als hätte ihn Hollywood auf diesen Posten gesetzt – sich bei dem französischen General Juin darüber beschwerte, befahl der verärgerte Chef des Expeditionskorps seinen Frontkommandeuren, die Missetäter unverzüglich an die Wand zu stellen. In einigen Fällen wurden die Goumiers, die Soldaten der Bergstämme aus dem Atlasgebirge, für die alles Eroberte Beute und ein Geschenk Allahs war, öffentlich auf Dorfplätzen gehängt.
General Clark hatte eine unblutigere Idee, das Notzuchtproblem der besten Soldaten seines Armeeverbandes zu senken: Er ließ willfährige Berberfrauen von US-Kriegsschiffen auf den italienischen Kriegsschauplatz schaffen. Aus Angst vor den übermächtigen US-Frauenverbänden, die schon die Abberufung seines Vorgängers George Patton bewirkt hatten, ließ er die Afrikanerinnen als weibliches Heeresgefolge tarnen und in US-Uniformen stecken, nicht bedenkend, daß ihr üppiger Körperbau die GI-Hosen aus allen Nähten platzen ließ.
Als sich die vierte Cassino-Offensive wieder festzufahren drohte, hatten die französischen Kolonialtruppen durch andere Taten von sich reden gemacht: General Juin riskierte mit den Marokkanern und Algeriern einen verzweifelten Ausweg. Entgegen ausdrücklichem Befehl erstürmte er mit 12.000 Mann und 4.000 Maultieren den 940 Meter hohen Monte Maio. Drei Tage später hatten die Goumiers in einer Gewaltleistung 60 Kilometer Luftlinie überwunden und waren nicht mehr zu halten. Im Gänsemarsch eroberten sie den Monte Petrella, den Monte Revole und den Monte Fammera und hoben dadurch die Cassino-Front – an der 20.000 deutsche Soldaten gefallen waren – von hinten aus den Angeln. Der Gegner stand auf einmal im Rücken der deutschen Verteidiger, die jetzt zurückgenommen werden mußten.
Gleichzeitig gelang den Angloamerikanern in Anzio und Nettuno der Ausbruch. Eine Front, die vier Monate lang gehalten hatte, brach in vier Tagen auseinander. Cisterna ging verloren, Velletri wurde eingekeilt, die Ruinen der Stadt Aprilia wurden von den Angreifern erobert. Städte purzelten wie Fallobst. Es gab kein Halten mehr. Alle verstopften Wege führten nach Rom. Nicht eine Schnecke kroch mehr auf die Sieben-Hügel-Stadt zu, sondern ein Riesenaufgebot an Panzern, Fahrzeugen und Soldaten. Das deutsch-italienische Angebot, Rom zur offenen Stadt zur erklären, blieb ohne Antwort. Auch der Papst hörte auf seine Forderung ›Roma, Città aperta‹ kein Echo. Alliierte Kampfflugzeuge hatten vor einiger Zeit die Armenviertel am Tiber bombardiert und dabei auch das San-Lorenzo-Kloster zerstört; es war nicht dabei geblieben. Diese Luftangriffe gehörten zu den großen psychologischen Fehlern, die den Angloamerikanern auf diesem Kriegsschauplatz unterlaufen waren.
»Ich geh' mal oben schnuppern«, sagte Panizza und kletterte nach einem Bombenhagel aus dem Keller.
Ein dichter Rauchvorhang verhüllte das Rot-Kreuz-Emblem auf dem Dach. Es war ein Wunder, daß das Reservelazarett noch stand, aber lange würde es nicht mehr gut gehen. Der Fallschirmjäger lauschte den trockenen Abschüssen der Pak. Die feindlichen Panzer waren schon so nahe, daß man ihre Ketten rasseln hörte. Der Junge vom Kalterer See verstand sich auf den Gefechtslärm, aber er wußte, daß die Reste seiner Division den haltlosen Rückzug der anderen deckten und sicher dafür sorgten, daß es keinen glatten Durchmarsch nach Rom gäbe. Die Fallschirmjäger aller Armeen gerieten immer als erste an den Gegner und lösten sich als letzte von ihm, und bei ihnen ist hinten immer vorn und vorn immer hinten.
Während der ›Operation
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