Pink Christmas 2 (German Edition)
der Kiste, „das sind alles Beweise dafür, dass Sie schwul sind.“
Ich musste lachen. „Bist du deshalb gekommen?“, wollte ich wissen. „Das hättest du auch einfacher haben können. Ich bin nicht schwul. Ich bin mit Liz zusammen. Seit mehr als elf Jahren.“
Das Gespräch wirkte albern. Die ganze Diskussion war lächerlich. Wieso war dieser Kerl überhaupt so scharf darauf, dass ich schwul war? Was versprach er sich davon? Und was in aller Welt brachte ihn zu der Annahme, dass er tatsächlich recht haben könnte? Das Ganze war völlig abwegig, aber irgendwie auch amüsant. Deshalb ließ ich mich auf das Spiel ein und wollte mehr wissen.
„Bist du einer dieser durchgeknallten Fans, die sich unsterblich in ihr Idol verknallt haben?“ Ich verkniff mir ein Grinsen. „Falls ja, dann tut es mir wirklich leid, aber ich stehe nicht auf Männer. Das steht nicht mal zur Debatte.“
Doch Mark schien mir gar nicht zuzuhören. Wie ein Verrückter wühlte er in seinem Karton herum, kramte einiges zusammen, sprang dann auf und trat auf mich zu.
„Sehen Sie das?“, fragte er und hielt mir ein aufgeklapptes Buch vor die Nase. Auf der linken Seite hatte er ein paar Textpassagen markiert. Es war das Buch „Mörderische Augen“ , eines meiner Erstlingswerke. Ich überflog den markierten Teil. Darin ging es um Edwin, der unter Mordverdacht stand, nachdem er sich an einem Siebzehnjährigen vergangen hatte.
Noch bevor ich weiterlesen konnte, riss Mark das Buch weg und hielt mir das nächste unter die Nase. Dieses Mal ein Werk von 2003. Wieder mit markierten Textstellen. Ich überflog sie. Dieses Mal ging es um Samuel, der im Knast saß, und es mit seinem Zellengenossen trieb. Kaum zu glauben, dass ich das geschrieben hatte. Mit angewidertem Gesichtsausdruck schob ich Marks Hand samt Buch zur Seite.
„Und das!“, fuhr er fort und nahm ein neues Buch. Doch dieses Mal wandte ich mich ab.
„Ich könnte ewig so weitermachen“, sagte er. „Und die Artikel über Sie …“ Er kam auf mich zu und drückte mir einen Stapel ausgeschnittener Zeitungsartikel in die Hand. „Sie wollten keine Kinder, Sie wollten nicht heiraten“, zählte er auf.
„Ja, und?“, entgegnete ich. „Spielst du jetzt meinen Psychologen oder was? Es gibt viele Menschen, die nicht heiraten oder keine Kinder wollen.“
„Aber nicht viele, die nebenbei immer wieder schwule Charaktere in ihre Werke einfließen lassen. Und das ziemlich auffällig.“
Ich lachte leer auf. „Was für ein Schwachsinn! Du hast dich da in was verrannt. Du bist schwul und anscheinend stehst du auf mich. Daher tust du alles dir in der Macht stehende, um dich und auch mich davon zu überzeugen, dass ich ebenfalls schwul sein könnte.“
„Jetzt spielen Sie aber den Psychodoc“, entgegnete Mark.
Ich sah zu ihm auf. Wortlos. Er blickte zurück, seine braunen Augen zu ernsten Schlitzen geformt. Auch an diesem Morgen trug er eine Mütze, unter der blondes Haar heraushing. Er war noch jung. Zu jung. Er sollte lieber sein Leben leben statt das zu tun, was er gerade tat.
Ich seufzte. „Es tut mir leid, Mark“, sagte ich und dieses Mal bestimmter. „Ich stehe nicht auf Männer. Du musst dir jemand anderes suchen.“
„Das kann ich nicht“, erwiderte er. „Nicht, bevor Sie einsehen, wie schwul Sie sind.“
Erneut lachte ich. Etwas unbeholfen. „Das hast du dir wohl zur Lebensaufgabe gemacht, was?“
„Irgendjemand muss das ja tun, wenn Sie das allein nicht hinkriegen.“
Ich dachte eine Weile nach. Schließlich entschied ich mich dafür, mich auf das Experiment einzulassen. Nur heute, und nur, damit ich Mark vom Gegenteil überzeugen konnte.
„Du denkst also, ich wäre schwul, ja?“, hakte ich noch einmal nach.
Mark nickte.
„In Ordnung. Und warum bin ich dann mit einer Frau zusammen? Warum habe ich Sex mit einer Frau? Warum fühle ich mich keineswegs zu Männern hingezogen?“
„Weil Sie es nicht zulassen“, kam es aus Mark wie aus der Pistole. „Eine Scheinbeziehung … Scheinehe … Das ist gar nicht so selten. Verdrängung ist hier das Zauberwort.“
Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. Dann schüttelte ich den Kopf. „Das glaube ich kaum.“
„Und deshalb leben Sie diese Seite in Ihren Büchern. In all Ihren Büchern. Es gibt kein einziges Buch ohne schwule Nebenfigur.“
Ich sah ihn an und musste an mein neues Buch denken. Es handelte von Sarah, die sich von Michael trennte, nachdem der sich als schwul entpuppte und was mit ihrem
Weitere Kostenlose Bücher