Pippi Langstrumpf
essen?“
„Meinetwegen“, sagte Pippi. „Aber ich selbst werde mich wohl an den alten Kniff halten, mit dem Mund zu essen.“
„Ach, du verstehst ganz gut, was ich meine“, sagte Annika.
Sie nahm einen Eierkuchen in ihre kleine Hand und stopfte ihn dann genießerisch in den Mund.
Und so wurde es wieder Abend. Das Feuer war ausgegangen.
Dicht aneinandergedrückt und mit fettigen Gesichtern von den 166
Speckeierkuchen, lagen die Kinder in ihren Decken. Durch einen Spalt im Zelt leuchtete ein großer Stern. Die Brandung des Ozeans wiegte sie zur Ruhe.
„Heute müssen wir wieder nach Hause“, sagte Thomas bedauernd am nächsten Morgen.
„Das ist zu gemein“, sagte Annika. „Ich möchte den ganzen Sommer hier bleiben. Aber heute kommen Vater und Mutter nach Hause.“
Nach dem Frühstück schlenderte Thomas zum Strand hinunter. Plötzlich stieß er einen Schreckensruf aus. Das Boot!
Es war weg! Annika war ganz aufgeregt. Wie sollten sie hier wegkommen? Natürlich wollte sie gern den ganzen Sommer auf der Insel sein, aber es war etwas ganz anderes, wenn man wußte, daß man nicht nach Hause kommen konnte. Und was würde ihre arme Mutter sagen, wenn sie merkte, daß Thomas und Annika verschwunden waren! Annikas Augen füllten sich mit Tränen.
„Was ist mit dir, Annika?“ fragte Pippi. „Was hast du eigentlich für eine Auffassung von Schiffbruch? Was meinst du, was Robinson gesagt hätte, wenn ein Fahrzeug gekommen wäre und ihn geholt hätte, nachdem er zwei Tage auf seiner unbewohnten Insel gewesen war? Bitteschön, Herr Crusoe, gehen Sie an Bord und werden Sie gerettet und gebadet und rasiert, und die Nägel werden Ihnen auch geschnitten! Nein, danke! Ich glaube sicher, daß Herr Crusoe weggelaufen wäre und sich hinter einem Busch versteckt hätte. Denn wenn es einem endlich gelungen ist, auf eine unbewohnte Insel zu kommen, dann will man doch mindestens sieben Jahre dableiben.“
Sieben Jahre! Annika schauderte, und Thomas sah nachdenklich aus.
„Ja, ich meine nicht, daß wir hier beliebig lange bleiben sollen“, sagte Pippi beruhigend. „Wenn Thomas Soldat werden soll, müssen wir wohl wieder zum Vorschein kommen, nehme 167
ich an. Aber er kann vielleicht ein oder zwei Jahre Aufschub kriegen.“
Annika wurde immer verzweifelter. Pippi schaute sie nachdenklich an.
„Na ja, wenn du es so nimmst“, sagte sie, „dann gibt es wohl keinen anderen Ausweg, als die Flaschenpost abzuschicken.“
Sie holte die leere Flasche aus dem Sack. Schließlich fand sie auch Papier und Bleistift. Sie legte alles vor Thomas auf einen Stein.
„Schreib du“, sagte sie. „Du bist in der Schreibkunst besser bewandert.“
„Ja, aber was soll ich schreiben?“ fragte Thomas.
„Laß mal sehen“, überlegte Pippi. „Du kannst schreiben:
,Rettet uns, bevor wir untergehen! Seit zwei Tagen ohne Schnupftabak, verschmachten wir auf dieser Insel!‘“
„Aber nein, Pippi, das können wir doch nicht schreiben“, sagte Thomas vorwurfsvoll. „Das ist ja nicht wahr.“
„Was denn sonst?“ fragte Pippi.
„Wir können doch nicht schreiben ,ohne Schnupftabak‘“, sagte Thomas.
„Nicht?“ sagte Pippi. „Hast du Schnupftabak?“
„Nein“, sagte Thomas.
„Hat Annika Schnupftabak?“
„Nein, natürlich nicht. Aber …“
„Habe ich vielleicht Schnupftabak?“ fragte Pippi.
„Nein, das kann schon sein“, sagte Thomas. „Aber wir brauchen ja keinen Schnupftabak.“
„Ja, ich will, daß du gerade das schreibst: ,Seit zwei Tagen ohne Schnupftabak …“
„Ja, aber wenn wir das schreiben, dann glauben die Leute sicher, daß wir schnupfen“, sagte Thomas.
„Hör mal zu, Thomas“, sagte Pippi. „Antworte mir auf eine Frage: Welche Menschen haben weniger Schnupftabak, die, die schnupfen, oder die, die nicht schnupfen?“
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„Die, die nicht schnupfen, natürlich“, sagte Thomas.
„Na, warum machst du dann solche Umstände?“ sagte Pippi.
„Schreib, was ich gesagt habe!“
Und Thomas schrieb: „Rettet uns, bevor wir untergehen! Seit zwei Tagen ohne Schnupftabak, verschmachten wir auf dieser Insel.“
Pippi nahm den Zettel, stopfte ihn in die Flasche, steckte einen Korken hinein und warf die Flasche ins Wasser.
„Nun dürften wir bald unsere Retter hier haben“, sagte sie.
Die Flasche hüpfte davon und blieb bald neben einigen Erlenwurzeln am Strand liegen.
„Wir müssen sie weiter weg werfen“, sagte Thomas.
„Das wäre das Dümmste, was wir tun könnten“, sagte
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