Pippi Langstrumpf
Pippi.
„Denn wenn sie weit weg schwimmt, wissen unsere Retter nicht, wo sie uns suchen sollen, aber wenn sie hier liegt, können wir Hallo rufen, wenn sie sie entdeckt haben, und dann werden wir sofort gerettet.“ Pippi setzte sich an den Strand.
„Es ist am besten, wenn wir die Flasche die ganze Zeit im Auge behalten.“ Aber nach zehn Minuten sagte Pippi:
„Die Leute müssen nicht denken, daß man weiter nichts zu tun hat als hier zu sitzen und darauf zu warten, gerettet zu werden. Wo stecken sie eigentlich?“
„Wer?“ fragte Annika.
„Die, die uns retten sollen“, sagte Pippi. „Das ist eine Gleichgültigkeit, die geradezu abscheulich ist, wenn man bedenkt, daß es um Menschenleben geht.“
Annika fing an zu glauben, daß sie wirklich auf der Insel verschmachten sollten. Aber plötzlich hob Pippi den Zeigefinger hoch und rief:
„Du lieber Himmel, wie zerstreut ich bin! Wie konnte ich das vergessen!“
„Was denn?“ fragte Thomas.
„Das Boot“, sagte Pippi. „Ich habe es ja gestern abend an Land getragen, als ihr geschlafen habt!“
169
„Aber warum hast du das getan?“ fragte Annika vorwurfsvoll.
„Ich hatte Angst, daß es naß wird“, sagte Pippi.
In einem Nu hatte sie das Boot geholt, das gut versteckt unter einer Tanne gelegen hatte. Sie warf es in den See und sagte mürrisch:
„So, jetzt können sie kommen. Denn wenn sie jetzt kommen und uns retten, dann retten sie uns umsonst. Denn jetzt retten wir uns selbst, und das geschieht ihnen recht. Die sollen lernen, sich das nächstemal ein bißchen zu beeilen.“
„Ich hoffe, wir kommen vor Vater und Mutter nach Hause“, sagte Annika, „denn ach, was würden sie sich sonst ängstigen!“
„Das glaube ich nicht“, sagte Pippi.
Aber Herr und Frau Settergren kamen eine halbe Stunde vor den Kindern nach Hause. Kein Thomas und keine Annika waren zu sehen. Aber im Briefkasten lag ein Zettel, und auf dem stand:
170
Pippi bekommt Besuch
An einem Sommerabend saßen Pippi und Thomas und Annika auf Pippis Verandatreppe und aßen Walderdbeeren, die sie am Vormittag gepflückt hatten. Es war ein so wunderbarer Abend mit Vogelgezwitscher und Blumenduft und – ja, und Walderdbeeren! Alles war so friedlich. Die Kinder aßen, und Annika dachte daran, wie herrlich es war, daß Sommer war und die Schule noch lange nicht anfing. Woran Pippi dachte, war nicht so leicht zu raten.
„Pippi, jetzt wohnst du schon ein ganzes Jahr in der Villa Kunterbunt“, sagte Annika plötzlich und drückte Pippis Arm.
„Ja, die Zeit vergeht, und man fängt an, alt zu werden“, sagte Pippi. „Im Herbst werde ich zehn Jahre alt, und dann hat man wohl seine besten Tage hinter sich.“
„Glaubst du, daß du immer hier wohnen bleiben wirst?“
fragte Thomas. „Ich meine, so lange, bis du groß genug bist, um Seeräuber zu werden?“
„Das kann man nicht wissen“, sagte Pippi. „Ich denke nämlich, daß mein Vater nicht für immer auf dieser Negerinsel bleiben wird. Sobald er ein neues Schiff fertig hat, kommt er sicher und holt mich.“
Thomas und Annika seufzten. Plötzlich richtete Pippi sich kerzengerade auf der Treppe hoch.
„Seht, da kommt er übrigens“, sagte sie und zeigte auf die Gartentür. Sie nahm den Gartenweg in drei Sprüngen. Thomas und Annika folgten zögernd nach, und sie kamen gerade zurecht, um zu sehen, wie Pippi sich einem dicken Mann mit einem roten gestutzten Schnurrbart und blauen Seemannshosen an den Hals warf.
171
„Vater Efraim!“ schrie Pippi und schwenkte so heftig ihre Beine, als sie an seinem Hals hing, daß ihre großen Schuhe runterfielen. „Vater Efraim, wie bist du gewachsen!“
„Pippilotta Viktualia Rollgardina Pfefferminz
Efraimstochter, mein geliebtes Kind! Ich wollte gerade sagen, wie du gewachsen bist!“
„Das habe ich gemerkt“, sagte Pippi. „Deshalb habe ich es zuerst gesagt. Haha!“
„Meine Kleine, bist du noch so stark wie früher?“
„Noch stärker“, sagte Pippi. „Wollen wir Fingerhakeln machen?“
„Mal los!“ sagte Vater Efraim.
Im Garten stand ein Tisch, und da setzten sich Pippi und ihr Vater hin, um Fingerhakeln zu machen, während Thomas und Annika zusahen. Es gab nur einen Menschen auf der Welt, der so stark war wie Pippi, und das war ihr Vater. Da saßen sie nun und zogen aus aller Kraft, aber keinem glückte es, den anderen zu besiegen. Schließlich gelang es Pippi, ihren Vater ein wenig zu sich herüberzuziehen, und sie sagte:
„Wenn ich zehn Jahre
Weitere Kostenlose Bücher