Pippi Langstrumpf
wie man das spielte, aber Thomas erklärte ihr, daß einer Hans sein sollte und die andern alles nachmachen mußten, was Hans tat.
„Mal los!“ sagte Pippi. „Das klingt gar nicht so dumm. Und es ist wohl am besten, wenn ich Hans bin.“
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Sie fing damit an, auf das Dach der Mangelstube zu klettern.
Man mußte erst auf den Gartenzaun steigen, und dann konnte man sich auf dem Bauch zum Dach hochziehen. Pippi und Thomas und Annika hatten das schon so viele Male vorher gemacht, daß es für sie kein Kunststück war. Aber die andern Kinder fanden es sehr schwer. Die Matrosen von der Hoppetosse waren es ja gewohnt, auf die Masten zu klettern, so daß es für sie ein Kinderspiel war. Aber für Kapitän Langstrumpf war es schwerer, denn er war ja so dick. Und dann verwickelte er sich in seinen Bastrock. Er pustete schwer, als er sich auf das Dach schwang.
„Dieser Bastrock wird niemals mehr so, wie er gewesen ist“, sagte er düster.
Vom Dach sprang Pippi auf die Erde runter. Ein Teil der kleineren Kinder wagte das natürlich nicht, aber Fridolf war sehr nett. Er hob alle herunter, die nicht zu springen wagten.
Dann schlug Pippi auf dem Rasen sechs Purzelbäume. Alle taten das gleiche, aber Kapitän Langstrumpf sagte:
„Jemand muß mich von hinten schubsen, sonst kriege ich es nicht fertig.“
Das tat Pippi. Sie schubste ihn so kräftig, daß er nicht mehr aufhören konnte, nachdem er einmal in Gang gekommen war, sondern wie eine Kugel über den Rasen rollte und vierzehn Purzelbäume schlug statt sechs.
Dann lief Pippi zum Haus, rannte die Verandatreppe hinauf, kletterte durch ein Fenster in den Garten und, indem sie sich ganz breitbeinig machte, sprang sie auf eine Leiter hinüber, die draußen stand. Schnell lief sie die Leiter hinauf, sprang auf das Dach der Villa Kunterbunt, rannte den Dachfirst entlang, sprang auf den Schornstein, stellte sich auf ein Bein und krähte wie ein Hahn, warf sich mit dem Kopf voran in einen Baum, der an der Giebelwand stand, glitt auf die Erde hinunter, rannte in die Holzkammer, nahm eine Axt und hieb ein Brett in der Wand fort, kroch durch den schmalen Spalt in den Garten 183
hinaus, sprang auf den Zaun, balancierte fünfzig Meter darauf entlang, kletterte in eine Eiche und setzte sich in ihren höchsten Wipfel.
Auf der Straße vor der Villa Kunterbunt hatten sich eine ganze Menge Leute angesammelt, und die erzählten nachher zu Hause, daß sie einen Negerkönig gesehen hatten, der auf dem Schornstein der Villa Kunterbunt auf einem Bein stand und
„Kikeriki“ schrie, so daß man es in der ganzen Umgegend hörte. Aber niemand glaubte daran.
Als Kapitän Langstrumpf sich durch das schmale Loch in der Holzkammerwand klemmen wollte, kam es, wie es kommen mußte: Er saß fest und konnte weder vorwärts noch zurück.
Deshalb wurde das Spiel abgebrochen, und alle Kinder standen da und sahen zu, wie Fridolf den Kapitän Langstrumpf aus der Wand heraussägte.
„Das war ein verdammt lustiges Spiel“, sagte Kapitän Langstrumpf zufrieden, nachdem er befreit war. „Aber was wollen wir jetzt machen?“
„Früher“, sagte Fridolf, „früher wetteiferten der Kapitän und Pippi mitunter, wer stärker war. Das war immer so lustig anzusehen.“
„Keine dumme Idee“, sagte Kapitän Langstrumpf. „Aber das Schlimme ist, daß meine Tochter beinahe stärker ist als ich.“
Thomas stand dicht neben Pippi.
„Pippi“, flüsterte er, „ich hatte solche Angst, daß du in unser Versteck in der Eiche runterklettern würdest, als wir ,Mach’s wie Hans‘ spielten. Denn ich will nicht, daß jemand anders das weiß. Selbst wenn wir niemals mehr hingehen.“
„Nein, das ist unser Geheimnis“, sagte Pippi.
Ihr Vater hatte einen eisernen Spieß in die Hand genommen.
Er bog ihn, als ob er aus Wachs wäre. Pippi nahm einen anderen eisernen Spieß und machte es ebenso.
„Nee, weißt du“, sagte sie, „mit solchen einfachen Kunststücken habe ich mich amüsiert, als ich noch in der 184
Wiege lag. Nur um mir die Zeit zu vertreiben.“
Da hob Kapitän Langstrumpf die Küchentür heraus. Fridolf und sieben andere Matrosen mußten sich auf die Tür stellen, und dann hob Kapitän Langstrumpf sie alle zusammen in die Luft und trug sie zehnmal um den Rasen herum.
Es war inzwischen ganz dunkel geworden, und Pippi zündete hier und da Fackeln an, die so schön leuchteten und einen zauberhaften Schein über den Garten warfen.
„Bist du fertig?“ fragte sie ihren Vater nach der
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