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Pippi Langstrumpf

Pippi Langstrumpf

Titel: Pippi Langstrumpf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Astrid Lindgren
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will euch nur sagen, daß es gefährlich ist, zu lange zu schweigen. Die Zunge verwelkt, wenn man sie nicht gebraucht.
    Ich kannte einmal einen Ofenmacher in Kalkutta, der immer schwieg und schwieg. Aber dann ging es auch, wie es gehen mußte. Er sollte zu mir sagen: ,Leb wohl, liebe Pippi, glückliche Reise und Dank für die schöne Zeit!‘ Und könnt ihr euch denken, was geschah? Erst schnitt er ein paar schreckliche Grimassen, denn die Mundangeln waren zugerostet, so daß ich sie mit etwas Nähmaschinenöl schmieren mußte. Und dann kam es: ,U buj uje muj!‘ Da schaute ich ihm in den Mund, und denkt bloß, da lag die Zunge wie ein welkes Blatt! Und solange er lebte, konnte er niemals etwas anderes sagen als: ,U buj uje muj!‘ Es wäre schrecklich, wenn es euch ebenso ginge! Laßt mal hören, ob ihr es besser sagen könnt als der Ofenmacher:
    ,Glückliche Reise, liebe Pippi, und Dank für die schöne Zeit!‘
    Versucht es mal!“
    „Glückliche Reise, liebe Pippi, und Dank für die schöne Zeit“, sagten Thomas und Annika folgsam.
    „Gott sei Dank!“ sagte Pippi. „Ihr könnt einen ja richtig erschrecken! Wenn ihr gesagt hättet: ,U buj uje muj‘, dann weiß ich nicht, was ich angefangen hätte.“
    Nun waren sie am Hafen. Und da lag die Hoppetosse.
    Kapitän Langstrumpf stand auf dem Deck und erteilte schreiend seine Befehle. Die Matrosen liefen hin und her, um alles für die Abfahrt bereitzumachen. Auf dem Kai waren alle Menschen der kleinen, kleinen Stadt versammelt, um Pippi ein Lebewohl zuzuwinken. Und hier kam sie nun, zusammen mit Thomas und Annika und dem Pferd und Herrn Nilsson.
    „Hier kommt Pippi Langstrumpf! Macht Platz für Pippi Langstrumpf!“ ertönten die Rufe, und die Menschen gingen zur Seite, um Pippi vorbeizulassen. Pippi nickte und grüßte nach rechts und links. Dann nahm sie das Pferd und trug es über den Landungssteg. Das arme Tier glotzte mißtrauisch, denn Pferde 188

    lieben Schiffsfahrten nicht besonders.
    „Na, da bist du ja, mein liebes Kind“, sagte Kapitän Langstrumpf und brach mitten in einem Kommandoruf ab, um Pippi zu umarmen. Er drückte sie an seine Brust, und sie drückten einander so, daß ihre Rippen krachten.
    Annika war den ganzen Morgen mit einem Klumpen im Hals umhergegangen. Und als sie Pippi das Pferd an Bord tragen sah, da löste sich der Klumpen. Sie stand auf dem Kai, an eine Kiste gedrückt, und fing an zu weinen. Erst ganz leise, aber nach und nach immer heftiger.
    „Heul nicht“, sagte Thomas böse. „Du blamierst uns ja hier vor allen Menschen!“ Das Resultat seiner Ermahnung war, daß Annika in eine richtige Sturzflut von Tränen ausbrach. Sie weinte so, daß sie zitterte. Thomas stieß an einen Stein, so daß der den Kai hinunterrollte und ins Wasser fiel. Am liebsten hätte er ihn ja auf die Hoppetosse geworfen. Dieses elende Schiff, das ihnen Pippi entführte! Wahrhaftig – Thomas hätte auch gern ein bißchen geweint, wenn es niemand gesehen hätte. Aber das ging ja nicht. Er stieß noch einen Stein ins Wasser.
    Jetzt kam Pippi über den Landungssteg gelaufen. Sie sprang auf Thomas und Annika zu. Sie nahm ihre Hände.
    „Noch zehn Minuten“, sagte sie.
    Da warf Annika sich über die Kiste und weinte, als ob ihr das Herz brechen wollte. Es waren keine Steine mehr da, die Thomas hätte wegstoßen können. Er biß die Zähne zusammen und sah mörderisch aus.
    Alle Kinder der kleinen, kleinen Stadt sammelten sich um Pippi. Sie hatten ihre Tonkuckucks mitgebracht und bliesen ein Abschiedsdideldum für Pippi. Das klang unbeschreiblich traurig, denn es war ein sehr, sehr klagendes Dideldum. Annika weinte so, daß sie kaum auf den Füßen stehen konnte. Plötzlich fiel es Thomas ein, daß er zu Pippis Ehre ein Abschiedsgedicht geschrieben hatte. Und er holte ein Stück Papier hervor und 189

    fing an zu lesen. Es war bloß schrecklich, daß seine Stimme so dabei zitterte:

    Leb wohl, liebe Pippi,
    du fährst jetzt fort,
    und wir, wir bleiben an diesem Ort.
    Wir werden immer denken an dich,
    und, liebe Pippi, vergiß uns nicht.

    „Wahrhaftig, das hat sich alles gereimt“, sagte Pippi befriedigt. „Das werde ich auswendig lernen und den Negern vorlesen, wenn wir des Abends um das Lagerfeuer sitzen.“
    Von allen Seiten drängten sich die Kinder vor, um Pippi Lebewohl zu sagen. Da hob Pippi die Hand und bat um Ruhe.
    „Kinder“, sagte sie. „Von jetzt ab werde ich nur kleine Negerkinder haben, mit denen ich spielen kann. Mit was wir uns

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