Pippi Langstrumpf
Pippi. „Kommt, wir reiten ein bißchen, bevor der nächste Spikulant kommt.“
„Spekulant heißt es“, sagte Annika.
„Ist das hier – die Besitzerin der Villa?“ fragte der feine Herr mit ganz matter Stimme. „Ja aber, das ist ja bloß ein kleines Mädchen.“
„Ja“, sagte der Polizist. „Es ist nur ein kleines Mädchen. Das stärkste Mädchen der Welt. Es wohnt ganz allein hier.“
Das Pferd mit den drei Kindern auf dem Rücken kam nun zum Gartenzaun hingaloppiert. Pippi schaute auf den feinen Herrn hinunter und sagte:
„Du, hör mal, das war lustig, als wir vorhin Rätsel rieten. Ich weiß übrigens noch eins. Kannst du mir sagen, was für ein Unterschied ist zwischen meinem Pferd und meinem Affen?“
Der feine Herr war eigentlich gar nicht dazu aufgelegt, noch mehr Rätsel zu raten, aber er hatte einen solchen Respekt vor Pippi bekommen, daß er es nicht wagte, nicht zu antworten.
„Was für ein Unterschied ist zwischen deinem Pferd und deinem Affen? Nein, das weiß ich wirklich nicht.“
„Na ja, das ist ziemlich verwickelt“, sagte Pippi. „Aber ich will dir einen kleinen Fingerzeig geben. Wenn du die beiden zusammen unter einem Baum stehen siehst, und einer von ihnen fängt an, auf den Baum zu klettern, dann ist es nicht das Pferd.“
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Der feine Herr drückte auf den Gashebel und fuhr mit höchster Geschwindigkeit davon. Er kam niemals, niemals wieder in die kleine Stadt zurück.
205
Pippi heitert Tante Laura auf
Eines Nachmittags ging Pippi in ihrem Garten umher und wartete auf Thomas und Annika. Aber kein Thomas kam und auch keine Annika, und Pippi beschloß, hinüberzugehen und zu sehen, wo sie blieben. Sie fand sie in der Laube in ihrem eigenen Garten. Aber sie waren nicht allein. Ihre Mutter, Frau Settergren, war auch da. Und eine sehr nette, alte Tante, die zu Besuch gekommen war. Sie waren gerade dabei, Kaffee zu trinken. Die Kinder bekamen Saft.
Thomas und Annika liefen zu Pippi hin.
„Tante Laura ist gekommen“, sagte Thomas erklärend.
„Deshalb sind wir nicht zu dir gekommen.“
„Oh, wie nett sie aussieht“, sagte Pippi und schaute durch das Laubwerk. „Ich muß ein bißchen mit ihr plaudern. Ich habe alte nette Tanten so schrecklich gern.“
Annika sah etwas beunruhigt aus.
„Es … es … ist vielleicht besser, du sprichst nicht so viel“, sagte sie. Denn es fiel ihr ein, daß Pippi, als sie einmal mit bei einer Kaffeegesellschaft gewesen war, so viel geredet hatte, daß Annikas Mutter sehr ärgerlich auf sie geworden war. Und Annika wollte nicht, daß jemand mit Pippi, die sie so gern hatte, unzufrieden war.
„Ich soll nicht mit ihr sprechen?“ fragte Pippi beleidigt.
„Doch, das tue ich, da kannst du Gift drauf nehmen. Man soll doch wohl freundlich zu Leuten sein, die zu Besuch kommen.
Wenn ich mäuschenstill dasitze, glaubt sie vielleicht, daß ich etwas gegen sie habe.“
„Ja aber, bist du sicher, daß du weißt, wie man mit Tanten 206
redet?“ wandte Annika ein.
„Man heitert sie auf. Das ist das, was man zu tun hat“, sagte Pippi mit Nachdruck. „Und das will ich jetzt tun.“
Sie ging in die Laube hinein. Zuerst machte sie einen Knicks vor Frau Settergren. Dann schaute sie die alte Dame an und hob die Augenbrauen hoch.
„Nein, seht mal an, die Tante Laura“, sagte sie. „Und hübscher als je! Kann ich etwas Saft bekommen, damit mir der Hals nicht trocken wird, wenn wir uns unterhalten?“
Das letzte sagte sie zu Thomas’ und Annikas Mutter. Frau Settergren goß ein Glas Saft ein und sagte gleichzeitig:
„Kleine Kinder soll man sehen, aber nicht hören.“
„Ha, man hat wohl Augen und Ohren, will ich hoffen“, sagte Pippi. „Und wenn ich auch eine Freude für das Auge bin, so bekommt doch den Ohren etwas Bewegung auch ganz gut.
Manche Leute glauben, daß man die Ohren nur dazu hat, um damit zu wackeln.“
Frau Settergren kümmerte sich nicht weiter um Pippi, sondern wandte sich an die alte Dame.
„Wie geht es dir eigentlich jetzt, Tantchen?“ fragte sie teilnehmend.
Tante Laura sah bekümmert aus.
„Ja, es geht mir schlecht“, sagte sie. „Ich bin so nervös, und alles beunruhigt mich.“
„Genau wie Großmutter“, sagte Pippi und tauchte einen Zwieback tief in das Saftglas. „Sie war auch so nervös und regte sich über die kleinste Kleinigkeit auf. Wenn sie auf der Straße war und es fiel ihr ein Ziegelstein auf den Kopf, dann fing sie an zu springen und zu schreien und zu toben, daß man
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