Pippi Langstrumpf
und nahm sich vor, sich ein bißchen darüber lustig zu machen, während er wartete.
„Weißt du, was für eine Ähnlichkeit besteht zwischen dir und einem frisch angesteckten Streichholz?“ fragte er.
„Nein“, sagte Pippi. „Aber das wollte ich immer gern wissen.“
Der feine Herr zog Pippi heftig am Zopf.
„Ja, siehst du, bei beiden brennt der Kopf! Hahaha!“
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„Man bekommt viel zu hören, bevor einem die Ohren abfallen“, sagte Pippi. „Daß ich nicht eher daran gedacht habe!“
Der feine Herr schaute sie an, und dann sagte er:
„Ich glaube wahrhaftig, du bist das häßlichste Balg, das ich je gesehen habe.“
„Ach“, sagte Pippi, „ich finde, du siehst auch nicht so bildschön aus, daß man direkt vor Entzücken hochspringt, wenn man dich sieht.“
Der feine Herr sah beleidigt aus, aber er sagte nichts. Pippi stand eine Weile still und sah ihn von der Seite an.
„Du“, sagte sie schließlich, „weißt du, was für eine Ähnlichkeit ist zwischen mir und dir?“
„Zwischen mir und dir?“ sagte der feine Herr. „Ich hoffe, zwischen uns beiden gibt es keine Ähnlichkeit.“
„Doch“, sagte Pippi. „Wir haben beide einen großen Mund.
Mit Ausnahme von mir.“
Thomas und Annika kicherten leise. Der feine Herr wurde ganz rot im Gesicht.
„Ach so, du bist unverschämt!“ schrie er. „Das werde ich dir herausprügeln.“
Er streckte seinen dicken Arm nach Pippi aus, aber im selben Augenblick sprang sie zur Seite, und eine Sekunde später war sie auf die hohle Eiche gesprungen. Der feine Herr sperrte den Mund auf vor Erstaunen.
„Wann wollen wir mit dem Prügeln anfangen?“ fragte Pippi und setzte sich bequem auf einem Ast zurecht.
„Ich kann warten“, sagte der Herr.
„Fein“, sagte Pippi. „Denn ich habe nämlich die Absicht, bis Mitte November hier oben zu bleiben.“
Thomas und Annika lachten und klatschten in die Hände.
Aber das hätten sie nicht tun sollen. Denn jetzt war der feine Herr ganz furchtbar böse, und da er Pippi nicht kriegen konnte, faßte er Annika am Kragen und sagte:
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„Dann kriegst du eben die Prügel. Es sieht so aus, als ob du sie auch mal nötig hättest.“
Annika hatte noch nie in ihrem Leben Prügel bekommen, und sie stieß vor Schreck einen herzzerreißenden Schrei aus. Man hörte einen Plumps, als Pippi vom Baum heruntersprang. Mit einem Satz war sie bei dem feinen Herrn.
„O nein“, sagte sie. „Ehe wir anfangen, uns zu prügeln, ist es wohl besser, wenn ich dich erst mal vornehme.“
Und das tat sie. Sie faßte den feinen Herrn um seine dicke Taille und warf ihn ein paarmal in die Luft. Dann trug sie ihn auf ausgestreckten Armen hinaus zu seinem Auto und warf ihn auf den Hintersitz.
„Ich glaube, wir warten bis zum nächsten Mal damit, die Bude abzureißen“, sagte sie. „Einmal in der Woche reiße ich Häuser ab. Aber niemals an den Freitagen. Denn da hat man mit dem wöchentlichen Reinmachen zu tun. Deshalb mache ich es immer so, daß ich am Freitag das Haus staubsauge, und am Sonnabend reiße ich es ab. Alles zu seiner Zeit.“
Der feine Herr kroch mit vieler Mühe nach vorn zum Steuer und raste mit höchster Fahrt davon. Er hatte Angst und war wütend, und es ärgerte ihn, daß er nicht dazu gekommen war, mit der Besitzerin der Villa Kunterbunt zu sprechen. Denn er wollte gern das Grundstück kaufen und die abscheulichen Kinder dort wegjagen.
Bald traf er einen der Polizisten der kleinen Stadt. Er hielt das Auto an und sagte:
„Können Sie mir sagen, wo ich die Dame finde, der die Villa Kunterbunt gehört?“
„Mit dem größten Vergnügen“, sagte der Polizist. Er sprang in das Auto und sagte:
„Fahren Sie nach der Villa Kunterbunt.“
„Nein, da ist sie nicht“, sagte der feine Herr.
„Doch, da ist sie bestimmt“, sagte der Polizist.
Der feine Herr fühlte sich sicher, da er einen Polizisten bei 203
sich hatte, und er fuhr zur Villa Kunterbunt zurück, wie der Polizist es gesagt hatte. Denn er wollte so gern mit der Besitzerin der Villa sprechen.
„Dort ist die Dame, der die Villa Kunterbunt gehört“, sagte der Polizist und wies auf das Haus.
Der feine Herr schaute nach der Richtung, die der Polizist ihm gezeigt hatte. Er faßte sich an die Stirn und stöhnte. Denn auf der Verandatreppe stand das rothaarige Mädchen, diese schreckliche Pippi Langstrumpf, und auf ihren ausgestreckten Armen trug sie das Pferd. Der Affe saß auf ihrer Schulter.
„Hallo, Thomas und Annika“, rief
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