Pippi Langstrumpf
Pippi.
„Nein, natürlich nicht“, sagte der Schutzmann.
„Das konnte ich mir denken“, sagte Pippi düster. „Na, aber Affen?“
„Natürlich nicht, das mußt du ja verstehen.“
„Ja“, sagte Pippi, „da müßt ihr euch von anderswoher Kinder für euer Kinderheim besorgen. Ich habe nicht die Absicht, dahin zu gehen.“
„Ja, aber begreifst du nicht, daß du in die Schule gehen mußt?“ sagte der Schutzmann.
„Wozu muß man in die Schule gehen?“
„Um alles mögliche zu lernen natürlich.“
„Was alles?“ fragte Pippi.
„Viele Dinge“, sagte der Schutzmann, „eine ganze Menge nützliche Sachen, z. B. Multiplikation, weißt du, das Einmaleins.“
„Ich habe mich gut neun Jahre ohne Plutimikation beholfen“, sagte Pippi, „da wird es auch weiter so gehen.“
„Ja, aber denk nur, wie unangenehm es für dich sein wird, so wenig zu wissen. Wenn du mal groß bist und es kommt vielleicht jemand und fragt dich, wie die Hauptstadt von Portugal heißt, und du kannst keine Antwort geben.“
„Doch kann ich eine Antwort geben“, sagte Pippi. „Ich antworte nur: Wenn es so verzweifelt wichtig für dich ist, zu wissen, wie die Hauptstadt von Portugal heißt, dann schreib doch direkt nach Portugal und frage!“
„Ja, aber glaubst du nicht, daß es dir sehr unangenehm sein würde, daß du es nicht selbst weißt?“
„Kann schon sein“, sagte Pippi. „Vielleicht würde ich manchmal des Abends wachliegen und fragen und fragen: Wie in aller Welt heißt die Hauptstadt von Portugal? Aber man kann ja nicht immer sorglos sein“, sagte Pippi und stellte sich ein bißchen auf die Hände. „Übrigens war ich mit meinem Vater in Lissabon“, fuhr sie fort, während sie noch so dastand, denn auch so konnte sie reden.
Aber jetzt sagte einer der Schutzleute, Pippi solle weiß Gott nicht glauben, daß sie machen könne, was sie wolle. Sie habe mit ins Kinderheim zu kommen, und das augenblicklich! Er ging auf sie zu und griff sie am Arm. Aber Pippi machte sich schnell los, tippte ihn ein bißchen an und sagte: „Fang mich!“
Und ehe er sich’s versah, hatte sie einen Sprung auf das Verandageländer gemacht. Mit ein paar Sätzen war sie oben auf dem Balkon, der über der Veranda war. Die Schutzleute hatten keine Lust, ihr auf dem gleichen Weg nachzuklettern. Sie liefen ins Haus und in das obere Stockwerk hinauf. Aber als sie auf den Balkon kamen, war Pippi schon halbwegs auf dem Dach. Sie kletterte auf den Dachziegeln ungefähr so, als ob sie selbst ein Affe wäre. Im Nu stand sie auf dem Dachfirst und sprang behend auf den Schornstein. Unten auf dem Balkon standen die beiden Schutzleute und rauften sich die Haare, und auf dem Rasen standen Thomas und Annika und schauten zu Pippi hinauf.
„Ist das lustig, Haschen zu spielen!“ schrie Pippi. „Und wie nett war es von euch, herzukommen. Auch heute hab’ ich meinen Glückstag, das ist klar.“
Nachdem die Schutzleute eine Weile überlegt hatten, gingen sie runter und holten eine Leiter, die sie an dem einen Hausgiebel aufstellten. Und nun kletterten sie hinauf, der eine zuerst und der andere danach, um Pippi runterzuholen. Doch sie sahen etwas ängstlich aus, als sie auf dem Dachfirst standen und anfingen, zu Pippi hin zu balancieren.
„Habt keine Angst“, rief Pippi, „es ist nicht gefährlich. Nur lustig.“
Als die Schutzleute noch zwei Schritt von Pippi entfernt waren, sprang sie schnell vom Schornstein runter, und unter Geschrei und Gelächter lief sie den Dachfirst entlang zum anderen Giebel hin. Ein paar Meter vom Haus entfernt stand ein Baum.
„Jetzt tauche ich!“ schrie Pippi, und nun sprang sie direkt in die grüne Baumkrone hinunter, hängte sich an einen Ast, schaukelte ein bißchen hin und her und ließ sich schließlich auf die Erde fallen. Und dann schoß sie zum anderen Giebel hin und nahm die Leiter weg.
Die Schutzleute hatten etwas verdutzt ausgesehen, als Pippi sprang, aber sie waren noch mehr verdutzt, nachdem sie am Dachfirst entlang zurückbalanciert waren und die Leiter wieder runterklettern wollten. Jetzt wurden sie furchtbar böse und riefen Pippi zu, sie solle sofort wieder die Leiter hinstellen, sonst würde sie etwas erleben.
„Warum seid ihr so böse?“ fragte Pippi vorwurfsvoll. „Wir spielen ja bloß Haschen, und da soll man sich doch vertragen, denke ich.“
Die Schutzleute überlegten eine Weile, und schließlich sagte der eine mit verlegener Stimme:
„Also hör mal, willst du nicht so nett sein
Weitere Kostenlose Bücher