Pirat des Herzens
»Wir wissen, wer die Verräter in Irland sind, und kennen ihren Anführer, diesen wahnsinnigen FitzMaurice. Werdet Ihr ihn festnehmen, bevor der Winter einsetzt und unsere Truppen aushungert?« Es war extrem schwierig, die britischen Truppen im Winter zu versorgen; jedes Jahr verlor die Krone mehr Soldaten durch Fieber, Unterernährung und Kälte als im Kampfgeschehen.
»Ich werde den Schurken fassen, verlaßt Euch drauf«, entgegnete Perrot kühn. Doch dieses Versprechen hatte er bereits mehrmals gemacht.
»Wir sind diese Rebellion leid«, erklärte Elisabeth gereizt. »Wenn Ihr nicht in der Lage seid, einen einzigen Mann festzunehmen, müssen Wir einen anderen, fähigeren Mann auf seine Fersen heften.«
Sir Johns feistes Gesicht rötete sich.
Cecil hüstelte und näherte sich der Königin. »Ihr solltet Euch Sir Johns Bericht anhören, Hoheit. Es gibt eine Erklärung, warum es unseren Truppen bisher nicht gelang, ihn unschädlich zu machen.«
»Ja«, knurrte John, »ein zielstrebigerer Verbündeter unterstützt ihn, als Philipp von Spanien es ist.«
»Der spanische König hat in seinem Reich selbst genügend Probleme«, versetzte Elisabeth bissig. »Er hilft den Iren nur, um mir eins auszuwischen!« Die Königin straffte die Schultern. »Wer hilft dem papistischen Verräter? Wer wagt es?«
Perrot lächelte, als genieße er den Augenblick. »Der berüchtigte halbirische Pirat, der Herr der Meere.«
Elisabeth starrte ihn fassungslos an. Dann zwang sie sich zu einem Lächeln. »Liams einziges Verbrechen, so schamlos es sein mag, bestand darin, die Tochter FitzGeralds auf seine Insel zu entführen, um mit ihr dort ein zügelloses Leben in Sünde zu führen. Dadurch erhärtet sich zwar der Verdacht, daß Liam mit FitzGerald unter einer Decke steckt und er ihm hilft, seine Macht und sein Land wiederzuerlangen. Aber das ist sein ganzes Verbrechen.«
»Majestät«, widersprach Perrot eisig, »ich habe FitzMaurice ein Jahr lang durch ganz Südirland gejagt. Ich weiß, wo-von ich spreche. Mir ist gleichgültig, daß O’Neill die Tochter von FitzGerald zu seiner Geliebten gemacht hat. Mir ist auch gleichgültig, ob er sie geheiratet hat oder nicht. Der Hurensohn von einem Piraten liefert FitzMaurice Proviant und Waffen.«
Elisabeths Knie zitterten. Tom schien Perrot zu glauben. Auch Cecil schien seiner Meinung zu sein. »Nein!« schrie sie. Ein Schmerz wie ein Degenstich durchbohrte ihr Herz. »Nein, Ihr irrt! Mein goldener Pirat mag sich für FitzGerald verwenden, aber er würde nie, niemals den Mann unterstützen, der öffentlich erklärt hat, mich vom Thron zu stürzen!« Sie war den Tränen nahe. Niemals würde Liam sie so schmachvoll betrügen.
»Ich irre mich nicht«, schrie Perrot außer sich vor Zorn. »Ich habe einen Spion unter den Rebellen, Majestät. Er hat gesehen, wie die beiden sich trafen, mehr als einmal. Und er hat die Sea Dagger beobachtet, die dreimal seit dem Frühling entladen wurde. Ich weiß, wovon ich spreche.«
Elisabeth wandte sich ab. Cecil führte sie zu einem Stuhl. In Elisabeths Augen brannten Tränen. Ormond kniete vor ihr, nahm ihre Hand.
»Wie kann das sein?« flüsterte sie tonlos. »Wie kann er mir das antun?«
Tom küßte ihr die Hand. »Er hat kein Herz«, antwortete er. »Ihm ist nichts heilig, er hat keine Ehre. Es war ein Fehler, Bess, ihn zu Eurem Vertrauten zu machen.«
»Aber...« Sie barg ihr Gesicht in den Händen, unterdrückte ein Schluchzen. Dann blickte sie Tom an. »Aber er ist mir treu ergeben. Dessen bin ich sicher.«
»Nein«, widersprach Tom heftig. »Ich bin Euch treu ergeben, ich habe Euch gern, Bess. Ich war stets Euer Verbündeter, und wir sind Vetter und Cousine. O’Neill ist Shanes Bastard. Das erklärt alles.«
Elisabeth drückte Toms Hände. Wie konnte sie vergessen, daß der Pirat der Sohn eines wüsten Barbaren und Mörders war? Wie konnte sie je den Augenblick vergessen, als sie seinem Vater zum ersten Mal begegnet war, damals, als junge Königin? Bei Gott! Sie war betrogen und hintergangen worden. Als Frau und als Königin. Sie war eine Närrin!
Sie wandte sich an Cecil. »Warum habt Ihr nichts davon gewußt?« fragte sie schneidend. »Habe ich Euch nicht Tausende von Pfund zur Verfügung gestellt, damit Ihr Eure Spione überall einschleust? Warum habt Ihr nichts davon gewußt, Lord Burghley?«
»Es gab Anzeichen, die darauf hindeuteten, Majestät«, antwortete Cecil, ohne mit der Wimper zu zucken. »Doch mir scheint es unsinnig,
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