Pirat des Herzens
sei mit Euch.«
Damit wandte sie ihm hastig den Rücken zu. Er durfte ihre Besorgnis nicht erkennen, eine Besorgnis, zu der sie kein Recht hatte. Sie eilte zur Tür.
Seine starken Hände hielten sie zurück. Juliet wandte sich halb nach ihm um. Seine blauen Augen glühten.
»Danke, Lady Stratheclyde, für Eure Segenswünsche«, flüsterte er rauh.
Ein jauchzendes Glücksgefühl stieg in ihr hoch.
»Und wenn Ihr einen Augenblick wartet, begleite ich Euch nach Thurlstone.«
Sie durfte noch ein wenig länger mit ihm zusammen sein. Sie war selig. Und dann dachte sie an seinen tödlichen Auftrag, und das Glücksgefühl machte einer eisigen Angst Platz, Hawke könne im Kampf gegen Liam O’Neill tödlich verwundet werden.
Sein Tod würde ihr das Herz brechen. Ihre Gefühle waren nicht die Schwärmerei eines jungen Mädchens für einen schönen Mann. Sie hatte sich in den Ehemann ihrer besten Freundin verliebt - kurz bevor sie mit Lord Hunt an den Traualtar trat.
27
Dingle Bay, lreland
Die Sea Dagger lag vor Anker, während eine Ladung, kostbarer als Schießpulver, eilig in kleine Boote verladen und an Land gerudert wurde, wo die Männer von FitzMaurice warteten. Liam war mit der ersten Ladung Proviant an Land gegangen. Bald würde der Winter über Irland hereinbrechen.
Es war ein kalter, stürmischer Tag. Liam trug einen schweren Wollmantel, sein Atem bildete Dampfwolken vor seinem Mund.
Neben ihm stand Hugh Barry. Beide Männer beobachteten das Entladen des Piratenschiffs unter Aufsicht von Liams erstem Steuermann. »Damit werden wir die Hälfte des Winters überstehen«, sagte Barry.
»Das denke ich auch«, antwortete Liam. »Im Januar sehen wir uns wieder, aber nicht hier.« Dingle Bay hatte er bereits zweimal angelaufen. »Südlich von Galway gibt es eine schmale Bucht. Kennt Ihr die?»
Barry nickte.
Liam studierte den Mann, in dessen Gesicht sich im letzten Jahr vorzeitige Falten eingegraben hatten. Er war stark abgemagert. Liam haßte Hugh Barry längst nicht mehr. Die Rebellen kämpften auf verlorenem Posten, und Liam empfand Mitleid mit ihm.
»Wie geht es Katie?« fragte Barry unvermittelt.
»Es geht ihr gut«, entgegnete er gleichmütig.
»Bleibt sie aus freien Stücken bei Euch, O’Neill? Oder ist sie immer noch Eure Gefangene?»
Liam unterdrückte ein Lächeln. »Aus freien Stücken, Barry«, antwortete er knapp. Ihre Heirat verschwieg er wohlweislich. Sollte er je in Gefangenschaft geraten, war es für Katherine besser, wenn man nicht wußte, daß sie seine Ehefrau war; das würde ihr eine Menge Hohn und Verachtung ersparen. »Ich dachte, FitzMaurice will mich treffen. Wo zum Teufel bleibt er?«
»Keine Ahnung«, antwortete Barry. Sein Blick schweifte über die bewaldeten Hügel.
Schon als er vor Stunden in Dingle Bay vor Anker ging, hatte Liam eine seltsame Unruhe ergriffen. Seine Mission war zwar nicht ungefährlich, doch er hatte sich schon in weit gefährlicheren Situationen befunden, ohne diese seltsame Unruhe zu spüren.
Wieso erschien FitzMaurice zu einem vor Monaten vereinbarten Treffen nicht pünktlich?
»FitzMaurice kommt bestimmt nicht mehr«, stellte er unvermittelt fest, und seine Hand schloß sich um seinen Degengriff.
»Was? Woher wollt Ihr das wissen?«
Liam blieb ihm die Antwort schuldig. Unheil lag in der Luft. Sein Blick schweifte über die Bucht. Dann rief er seinen Männern Befehle zu, sich mit dem Löschen der Ladung zu beeilen und die Sea Dagger fertig zum Ankerlichten zu machen. »Ich treffe mich mit FitzMaurice ein anderes Mal«, sagte er zu Barry. Er spürte die Gefahr ganz deutlich und watete bereits durchs flache Wasser der Brandung.
»In zwei Monaten«, rief Barry ihm nach.
Liam nickte. Dann schrie jemand.
Dem Schrei folgte eine Gewehrsalve.
Liam wirbelte mit gezücktem Degen herum. Britische Truppen stürmten den Hügel herunter, bewaffnet mit Musketen und Degen. »Zum Schiff!« schrie Liam seinen Männern zu.
Wieder donnerte eine Gewehrsalve. Einige Rebellen gingen zu Boden. Andere zogen ihre Schwerter und Lanzen und griffen die britischen Soldaten an. Liam erschrak, als er Kavallerie den Hügel herunterreiten sah. Die irischen Rebellen trugen Felle, keine Eisenrüstungen, waren mit Messern und Dolchen ausgerüstet, einige trugen Schwerter und nutzlose Lanzen.
Barry hatte sein Schwert gezogen und rannte seinen Männern zu Hilfe.
Liam hörte seinen Schrei, wandte den Kopf und sah ihn fallen. Blut quoll aus einer Schußwunde in der Brust, knapp unter
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