Pirat des Herzens
heiraten.«
»Und Ihr werdet sie nicht heiraten - Ihr werdet sie auch nicht zu Eurer Geliebten machen.« Elisabeth hob das Kinn. »Sie steht unter Unserem Schutz. Ihr hört auf, dem Mädchen nachzustellen.« Nach einer Pause fuhr die Königin sanfter fort. »Ich bemühe mich um einen Ehemann für sie, obwohl es nicht einfach ist. Schwerer wäre es allerdings, wenn sie von Euch geschändet wäre und ein Kind unterm Herzen trüge.«
»Ihre Bitte hatte also Erfolg.« Seine Stimme klang bitter.
»Ich habe mich noch nicht entschieden. Ihr Vater war ein Verräter, aber ihre Mutter war mir eine gute Freundin. Ich werde sie zu meiner Hofdame machen.«
Liam atmete erleichtert auf. »Katherine wird sich freuen. Sie findet sicher Geschmack am Leben bei Hofe.«
»Das nehme ich an.« Elisabeth reichte ihm das versiegelte Schreiben. Liam nahm es entgegen, ohne das Siegel zu brechen.
»Ein weiterer Freibrief«, lächelte die Monarchin.
»Und welche Schiffe wird die Sea Dagger im Namen der Krone kapern?«
»Jedes Schiff, das es wagt, FitzMaurice zu unterstützen oder Handel mit den Aufständischen zu treiben.«
In Liams kühlen, grauen Augen spiegelte sich nicht die geringste Gefühlsregung.
»Außerdem werdet Ihr jedes Schiff kapern, das es wagt, andere Rebellen zu unterstützen«, fügte sie im Befehlston hinzu.
Liam nickte, ließ das Schreiben in die Innentasche seines Umhangs gleiten. Andere Rebellen... solche wie Gerald Fitz-Gerald. Das Spiel war eröffnet. Er hatte den ersten Zug gemacht, als er Katherine entführte. Sein zweiter Zug war der Besuch bei ihrem Vater. Der Gegenzug der Königin war präziser - und sehr viel gefährlicher.
»Freut Ihr Euch nicht?« fragte sie schelmisch.
»Ich freue mich sehr«, murmelte er. Das Blut rauschte ihm in den Adern, er fühlte sich wie ein Rennpferd kurz vor dem Start. Er hatte seinen Kurs festgelegt. Er wollte nicht nur Katherine zur Frau. Ihr Vater mußte seinen Titel und seinen Besitz zurückbekommen. Als Liam vor kurzem der Verschwörung und des Hochverrats bezichtigt wurde, waren die Beschuldigungen falsch. Sollten solche Beschuldigungen erneut gegen ihn vorgebracht werden, wären sie berechtigt. Er mußte mit großer Umsicht vorgehen - wie alle Verräter.
»Gut«, sagte Elisabeth und legte ihm die Hand auf den Arm. »Ich überlege, wie ich Euch für das belohnen kann, was Ihr für mich getan habt«, sagte sie mit einem tiefen Blick in seine Augen. »Ich verlasse mich auf Euch, Liam. Ihr seid mein goldener Pirat.«
»Ich bin für jede Belohnung dankbar. Aber im Grunde brauche ich keine.«
»Jeder Mensch will belohnt werden. Scheut Euch nicht, einen Wunsch zu äußern, Liam. Ich werde ihn mit Freuden erfüllen.«
Liam verneigte sich erneut. Wenn die Zeit reif war, würde er die Königin an ihr Versprechen erinnern. »Ich danke Euch, Bess.«
»Keine Ursache«, lächelte Elisabeth. »Ihr dürft Euch zurückziehen, Liam.«
Er wandte sich zum Gehen.
Elisabeth griff rasch nach seiner Hand. »Auf baldiges Wiedersehen«, raunte sie hastig.
Er zögerte nur einen Herzschlag. Dann drückte er ihre Hand, beugte sich vor und hauchte einen zarten Kuß auf ihre Wange. »Auf baldiges Wiedersehen, Bess.«
Einen Augenblick später war er gegangen.
Elisabeth blickte ihm mit den sehnsüchtigen Augen eines jungen Mädchens nach.
»Die Königin hat mich Euch als Kammerzofe zugeteilt«, sagte das Mädchen. Sie war zierlich, blond und hübsch. Ihr Name war Helen.
Katherine konnte ihr Glück noch immer nicht fassen. Sie durfte nicht nur bei Hofe bleiben, die Königin hatte sie zur Hofdame ernannt. Nie im Traum hätte sie gedacht, daß ihr, der Tochter eines irischen Verräters, eine solche Ehre zuteil werden könnte. Gestern noch wußte sie nicht, wohin sie sich wenden sollte, und schon heute hatte sie eine ehrenvolle Aufgabe.
»Helen«, wandte Katherine sich an das Kammermädchen, »ich würde gerne baden. Kannst du mir saubere Kleider bringen, während meine schmutzigen Sachen gewaschen werden?« Alle Hofdamen waren prächtig gekleidet. Und sie besaß nur ein einziges, ausgewaschenes Kleid.
»Ich werde mich bemühen«, antwortete Helen lächelnd.
»Gut.« Als Helen sich zum Gehen wandte, stand Liam O’Neill auf der Türschwelle.
Katherines Herz pochte wild. Sie dachte an den leidenschaftlichen Kuß. Er hatte ihr Verlangen geweckt, das nun erneut mit erschreckender Macht auf sie einstürmte. In ihr Verlangen mischte sich Scham. Sie hatte sich unverzeihlich gehen lassen, hatte
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