Pirat des Herzens
Katherine.«
»Was gibt es, Mylord?«
»Ich möchte meine Schwester näher kennenlernen.«
Katherine fühlte sich unbehaglich. Sie dachte an Liams Mahnung, niemand bei Hofe zu trauen. »Woher dieses plötzliche Interesse?« Sie bemühte sich um einen leichten Plauderton.
Sie schlenderte neben ihm die Galerie entlang. »Das ist doch ganz normal«, antwortete er.
Katherine spürte, daß er etwas von ihr wollte. Sie entzog ihm ihren Arm.
»Seid Ihr glücklich, Katherine? Über die Ehre, Hofdame der Königin zu sein?«
»Ja, sehr«, lächelte Katherine. »Ich fühle mich sehr geehrt. Obgleich...«
»Obgleich was?«
»Obgleich ich immer noch hoffe, sie wird meinen Wunsch erfüllen.«
»Euren Wunsch?«
Ihre Blicke trafen einander. »Meinen Wunsch zu heiraten.«
»Aha. Ihr trauert also Hugh Barry nicht nach.«
Katherine hob das Kinn. »Mylord, Hugh war viele Jahre mein Verlobter. Als ich glaubte, er sei bei Affane gefallen, trauerte ich um ihn - und meine Trauer gab den Ausschlag, mich in ein Kloster nach Frankreich zu schicken. Als ich meinen Vater in Southwark aufsuchte, erfuhr ich, daß Hugh lebt, und war überglücklich.« Sie blieb vor einem Portrait König Heinrich VII. stehen.
»Und?« Ormond stand seitlich hinter ihr.
Katherine wandte sich halb zu ihm um. »Es war sehr schmerzlich zu erfahren, daß unsere Verlobung gerichtlich für ungültig erklärt worden war. Ich entdeckte eine Seite in Hugh, die ich nicht vermutet hätte.« Ihre Gesichtszüge verhärteten sich. »Nun bin ich erleichtert, daß wir nicht geheiratet haben.«
»Was hat er getan?«
Katherine stiegen Tränen in die Augen. Sie schüttelte heftig den Kopf.
»Was hat er getan, Katherine?»
Sie schluckte. » Er hat... er hat sich nicht wie ein Edelmann benommen. Doch ich bin ja nun keine Edelfrau mehr.«
Ormund blickte sie lange durchdringend an. »Das tut mir leid«, murmelte er schließlich. »Es muß schwer sein, alles zu verlieren, was man besessen hat.«
Sie hob den Blick, unsicher, ob er Mitgefühl für ihr Schicksal zeigte oder nicht. »Wenn es Euch leid tut, Mylord, so könnt Ihr mir in meiner Situation helfen.«
Seine Kiefermuskeln bewegten sich. Doch er schwieg.
Katherine fühlte sich unbehaglich. Der Mann war nicht zu durchschauen. »Verlange ich zuviel? Von meinem Halbbruder?«
»Ihr habt noch nicht einmal den Ansatz gemacht, eine Bitte auszusprechen«, erklärte Ormond.
»Es tut mir leid, davon angefangen zu haben. Verzeiht.« Katherine wandte sich zum Gehen. »Ich brauche Eure Hilfe nicht.« Nein, dieser Mann hatte keinen Funken Mitgefühl für sie übrig.
Ormond hielt sie zurück. »Ihr seid unserer Mutter sehr ähnlich«, sagte er fast zärtlich.
Katherine erschrak.
»Ich spreche nicht von Eurer Schönheit.« Er seufzte. »Unsere Mutter war sehr freimütig, entschlossen und klug.«
»Ist das ein Lob?«
»Vielleicht. Wenn Ihr den Ehrgeiz habt, wie sie zu sein.« Seine Stimme klang bitter.
»Natürlich will ich sein wie sie«, platzte Katherine heraus.
»Tatsächlich? Wißt Ihr überhaupt, wovon Ihr sprecht? Joan war stark und klug, aber sie löste auch den größten Skandal ihrer Zeit aus, als sie die Affäre mit Eurem Vater begann. «
»Sie ist tot, und Ihr zieht ihre Liebe in den Schmutz«, entgegnete Katherine empört.
»Liebe?« Er lachte bitter. »Euer Vater war ein halbes Kind, als Joan mit dem Gedanken spielte, ihn zu heiraten, kurz nach dem Tod meines Vaters. Um das zu verhindern, wurde sie umgehend mit Sir Bryan verheiratet. Doch als Sir Bryan erkrankte, begann unsere Mutter mit Eurem Vater ausgedehnte Reitausflüge zu unternehmen - dem damals Achtzehnjährigen, jünger als ich. Joan war zwanzig Jahre älter als Gerald. Überall tuschelte man über die Affäre. Unsere Mutter zeigte sich öffentlich mit ihm, auf Treibjagden quer durch Munster, auf dem Pferdemarkt in Galway. Sie hielt sich sogar längere Zeit als Gast in Askeaton auf. Ihre Respektlosigkeit dem sterbenden Sir Bryan gegenüber war skandalös. Sie war eine Schande für sich selbst, die Herzogin von Ormond, für mich und meine Brüder.«
Katherine hatte sich nie Gedanken über den großen Altersunterschied ihrer Eltern gemacht - viele Witwen heirateten jüngere Männer. Doch nun konnte sie Tom Butlers Schmerz nachempfinden. »Es muß schwierig für Euch gewesen sein«, flüsterte sie. Das indiskrete Verhalten ihrer Mutter erschreckte sie. Andererseits fand sie ihren eisernen Willen, sich nicht dem Diktat gesellschaftlicher Zwänge zu
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