Pirat des Herzens
verdunkelte sich.
»Ihr habt recht«, flüsterte Katherine, »ich habe große Fehler begangen.«
»Das Leben bei Hofe scheint Euch nicht zu bekommen«, meinte die Königin sinnend. »Geht auf Eure Kammer und denkt über Euer Verhalten nach. Wir werden unterdessen überlegen, was weiterhin mit Euch geschehen soll.«
Mit diesen Worten war Katherine entlassen. Bestürzt verließ sie die Gemächer der Königin. Draußen waren die Hofdamen der Königin, ihre Ratgeber und auserwählte Edle versammelt, um der Monarchin ihre Aufwartung zu machen. Mit gesenktem Blick bahnte Katherine sich einen Weg durch die Menge. Bis jemand ihren Arm berührte und sie gezwungen war, den Blick zu heben. Sie blickte in Leicesters fragende Augen.
Mit einem leisen, spitzen Schrei riß Katherine sich los und rannte den Korridor entlang.
Ich bin in der Falle, dachte sie verwirrt. Es schien keinen Ausweg aus ihrem Dilemma zu geben, sie war gefangen in einem Spinnennetz heimlicher Intrigen und ehrgeiziger Machtgelüste.
Zum Abendessen durfte Katherine ihre Kammer verlassen. Beim Betreten des Bankettsaals fürchtete sie, der ganze Hof würde wissen, daß sie bei der Königin in Ungnade gefallen war. Doch die Blicke, die sie musterten, waren weder schadenfroh noch höhnisch, sondern nur voller Bedauern. Katherine zögerte, wußte nicht, wo sie Platz nehmen sollte. Dann entdeckte sie Anne Hastings, die ihr zuwinkte.
»Armes Ding!« flüsterte Anne, als Katherine sich neben sie setzte. »Macht Euch bitte keine allzu großen Sorgen.«
Anne legte einen Arm um sie. »Ihr seid nicht die erste, auf die Leicester ein Auge geworfen hat und die von der Königin scharf zurechtgewiesen wurde. Sie verteidigt nur den Mann, den sie für sich beansprucht.«
Katherine atmete erleichtert auf. »Anne? Was redet man denn sonst noch über mich?«
Anne bedachte sie mit einem prüfenden Seitenblick. »Nicht viel.« Sie wischte sich den Mund. »Nun ja, ein seltsames Gerücht geht um. Euer Pirat soll das Maskenfest heute nacht besucht haben.«
Katherine gefror das Blut in den Adern.
»Stimmt das?«
»Ich weiß nicht«, murmelte Katherine verlegen.
»Ich glaube es nicht. Ein Mann wie er könnte sich noch so sehr verkleiden, man würde ihn erkennen.« Anne nagte an einem Hühnerbein.
Katherine fiel ein Stein vom Herzen. Wenn das als einziges Gerücht über Liam O’Neill kursierte, war ihr Ruf gerettet. Doch sie wurde sich mit aller Klarheit bewußt, daß sie beinahe ihr Leben ruiniert hätte.
Das durfte nie wieder geschehen. Sie war nicht gewillt, ihre Träume und Lebenspläne aufzugeben, ungeachtet dessen, was ihr Vater von ihr verlangte.
Es mußte einen anderen Weg geben, Gerald zu helfen, einen Weg, der nicht erforderte, Leicesters Mätresse oder O’Neills Ehefrau zu werden.
Katherine dachte an den Grafen von Ormond. Allem Anschein nach verwendete sich ihr Halbbruder bei der Königin für sie, einen passenden Heiratskandidaten zu finden. Welche Ironie: Von allen Männern bei Hofe stellte sich der erbittertste Feind ihres Vaters als Katherines zuverlässigster Verbündeter heraus.
»Sie hat gestanden. Sie war letzte Nacht mit Liam O’Neill zusammen.«
Ormond lief rot an. »Ich bringe den Kerl um.«
Die Königin achtete nicht auf ihn. Ihr Blick ruhte auf Leicester, der bei ihren Worten versteinerte. Elisabeth schenkte ihm ein honigsüßes Lächeln. »Ist Euch nicht wohl, lieber Robin?«
In Dudley kam wieder Leben, ein Lächeln breitete sich auf seinem dunklen, schönen Gesicht aus. »Ein tollkühner Kerl, dieser Pirat, sich uneingeladen in die Kammer einer Hofdame zu schleichen.«
»Vielleicht hat sie ihn eingeladen?« Die Königin ließ Leicester nicht aus den Augen. »Er ist ein sehr attraktiver Mann.«
Leicesters Lächeln schwand. »Ich bezweifle, daß Mistreß FitzGerald irgendeinen Mann zu sich auf die Kammer einlädt.«
»Aha... Ihr scheint sie gut zu kennen?«
Leicesters Kiefer spannte sich an. »Ich kenne sie nicht gut, und das wißt Ihr. Wir haben nur einmal miteinander getanzt!«
»Und hinterher einen Kuß getauscht?«
Leicesters Augen sprühten Funken. Elisabeth zuckte nicht mit der Wimper, als er an sie herantrat. Aber ihr Puls beschleunigte sich in seiner Nähe. »Ich bin ein Mann, Bess«, knurrte er verhalten. Seine Worte waren nur für sie bestimmt. »Und wenn ich ihr einen Kuß raube, was kümmert’s Euch?« Seine Augen leuchteten wie glühende Kohlen. »Ich würde nicht anderswo jagen, wenn Ihr mir gewährtet, was ich begehre.
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