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Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik

Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik

Titel: Piraten der Karibik - Exquemelin, A: Piraten der Karibik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexandre Olivier Exquemelin
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man nun den geraden Weg genommen hätte, gedachte der Franzose, der schon dort gewesen war und die Gelegenheit wohl kannte, einen anderen – durch die Wälder hindurch – zu wählen, damit man von oben und rückwärts her in das Dorf einfallen könne; einige Leute hatte man dabei auf der Hauptstraße zurückgelassen, damit die Spanier meinten, sie würden doch auf diesem Wege anrücken. Aber solcher Vorsicht hätten die Piraten gar nicht bedurft, weil die Spanier, der vor zwei Jahren mit den Franzosen gemachten Erfahrungen noch gar wohl eingedenk, es vorgezogen hatten, den Platz freiwillig zu räumen, ehe sie wieder so viele um den Hals kommen ließen wie es damals geschehen. Auf dem Wege, den sie zur Flucht benutzt hatten, waren von ihnen einige Hinterhalte angelegt worden, damit sie, so sie überfallen würden, ihren Rückzug zu decken vermöchten. Die Festungsgeschütze hatten sie vernagelt und das Pulver fortgeführt.
    Im Dorf fanden die Räuber niemanden als einen gar harmlosen und einfältigen Menschen. Von ihnen befragt, wohin die Leute geflohen seien, antwortete der, das wisse er nicht, auch habe er sie gar nicht danach gefragt, als sie davongelaufen. Weiters frugen sie ihn, ob er keine Pflanzungen anzugeben wisse, worauf er erwiderte, daß er deren in seinem Leben etwa zwanzig möchte gesehen haben. Auf die Frage, ob er nicht wisse, wo das Gold und Silber der Kirche sei, antwortete er mit „ja“, und führte sie in die Sakristei: hier – sagte er – habe er alles Gold und Silber der Kirche gesehen; wo es aber geblieben sei, wisse er nicht. Da sie nun keine andere Auskunft von ihm bekommen konnten, banden sie ihn fest und wippten ihn. Drauf hob dieser einfältige Mensch zu schreien an: „Last mich los; ich will Euch mein Haus und all mein Geld und Gut weisen.“ Jetzt meinten sie, jemanden vor sich zu haben, der alles wohl begriffe und sich nur dumm stellte. Ließen ihn also los, und da brachte er sie zu einem Häuslein, allwo er etliche irdene Schüsseln, hölzerne Teller und sonstigen Plunder vergraben hatte, überdies drei Stück von Achten an barem Geld. Sie frugen ihn nach seinem Namen, und er gab zur Antwort, daß er Don Sebastian Sanchez hieße und sein Bruder Gouverneur von Maracaibo wäre. Nun begannen sie ihn aufs neue zu foltern, wippten ihn abermals und schlugen ihn, daß ihm am ganzen Körper Blut herunterlief. Er rief, sie sollten ihn doch loslassen, er würde sie zu seiner Zuckermühle führen, wo er seine Habe und alle seine Sklaven hätte. Als man ihn aber losgebunden hatte, konnte er gar nicht gehen: so warfen sie ihn denn auf ein Pferd. Wie sie aber im Busch waren, sagte er, daß er weder eine Zuckermühle besäße noch sonst irgendetwas auf der Welt, er würde vielmehr vom Siechenhause erhalten – was sich denn auch später als wahr erwiesen hat. Nun packten sie ihn also abermals, wippten ihn, seine Hände und Füße mit Steinen beschwerend, nahmen Palmblätter und hielten ihm die brennend ins Gesicht, so daß er solchermaßen versengt ward, daß er gar keinem Menschen mehr glich: dazu hieben sie noch furchtbar auf ihn los. Nachdem er eine halbe Stunde lang solche Qualen erlitten, gab er den Geist auf. Als es so weit war, schnitten sie das Tau ab, an dem er gehangen, schleppten ihn in den Busch und ließen ihn dort liegen. So endigte denn dieser unschuldige Mensch sein Leben als ein Märtyrer. An dem gleichen Tage brachte eine Partei einen armen Bauern samt zwei Töchtern gefangen ein. Am nächsten Morgen zogen sie aus, begleitet von dem Manne, der sie nach einer Stelle führen sollte, wo seiner Meinung nach Leute waren. Er führte sie an jenem Tage an verschiedene Plätze, wo allerdings Leute gewesen waren: wie aber die Spanier gemerkt hatten, daß die Räuber auf Streife gingen, ließen sie sich nicht mehr auf den Feldern blicken, sondern liefen buschwärts, wo sie sich Hütten aus Baumästen machten, sich und ihr Gut darin vor dem Regen zu schützen. Dieser arme Bauer konnte denn keine Leute finden: die Räuber aber dachten, er führe sie absichtlich irre, weshalb sie ihn aus lauter Wut totschlugen und an einen Baum hingen, obgleich der Arme gar inständig um sein Leben bat. Sodann verteilten sie sich, um die Leute gelegentlich in der Umgebung der Felder zu überraschen: mußten sie doch notgedrungen dorthin kommen, um von den Früchten, Wurzeln und anderen Gewächsen, die man dort finden kann, etwas zu holen. Endlich fingen sie einen Sklaven: dem versprachen sie, daß sie ihn

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